Ein sehr ehrenvoller Auftrag hatte um diese Zeit Schoreelen zurück nach Utrecht gerufen. Er sollte mit lebensgroßen Figuren die vier Flügel- thüren schmücken, welche das mit künstlichem Bild- werk verzierte Jnnere des Hauptaltars der von Kaiser Heinrich dem vierten in jener Stadt erbauten Marienkirche verschlossen. Auf einer derselben malte er die heilige Jungfrau mit dem Kinde und den heili- gen Joseph; auf der zweiten den Kaiser Heinrich selbst im vollen Ornate, knieend zu den Füßen seines ehe- maligen Lehrers, des Bischofs Konrad von Utrecht. Die beiden andern Thüren, welche das Opfer Abrahams darstellten, vollendete Schoreel einige Jahre später, und malte inzwischen zwei große Ge- mälde mit Wasserfarben auf Leinwand, welche einstweilen ihre Stelle ersetzten. Die seltne Vor- trefflichkeit dieser beiden Gemälde bewog den König Philipp, sie nach Vollendung des Ganzen, während seiner Anwesenheit in Utrecht im Jahr 1549, der Kirche abzukaufen und mit sich nach Spanien zu führen, wo sie den Namen des hohen Meisters auch in diesem südlichen Lande ehrenvoll bekannt machten.
Ein ſehr ehrenvoller Auftrag hatte um dieſe Zeit Schoreelen zurück nach Utrecht gerufen. Er ſollte mit lebensgroßen Figuren die vier Flügel- thüren ſchmücken, welche das mit künſtlichem Bild- werk verzierte Jnnere des Hauptaltars der von Kaiſer Heinrich dem vierten in jener Stadt erbauten Marienkirche verſchloſſen. Auf einer derſelben malte er die heilige Jungfrau mit dem Kinde und den heili- gen Joſeph; auf der zweiten den Kaiſer Heinrich ſelbſt im vollen Ornate, knieend zu den Füßen ſeines ehe- maligen Lehrers, des Biſchofs Konrad von Utrecht. Die beiden andern Thüren, welche das Opfer Abrahams darſtellten, vollendete Schoreel einige Jahre ſpäter, und malte inzwiſchen zwei große Ge- mälde mit Waſſerfarben auf Leinwand, welche einſtweilen ihre Stelle erſetzten. Die ſeltne Vor- trefflichkeit dieſer beiden Gemälde bewog den König Philipp, ſie nach Vollendung des Ganzen, während ſeiner Anweſenheit in Utrecht im Jahr 1549, der Kirche abzukaufen und mit ſich nach Spanien zu führen, wo ſie den Namen des hohen Meiſters auch in dieſem ſüdlichen Lande ehrenvoll bekannt machten.
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Ein ſehr ehrenvoller Auftrag hatte um dieſe
Zeit Schoreelen zurück nach Utrecht gerufen. Er
ſollte mit lebensgroßen Figuren die vier Flügel-
thüren ſchmücken, welche das mit künſtlichem Bild-
werk verzierte Jnnere des Hauptaltars der von
Kaiſer Heinrich dem vierten in jener Stadt erbauten
Marienkirche verſchloſſen. Auf einer derſelben malte
er die heilige Jungfrau mit dem Kinde und den heili-
gen Joſeph; auf der zweiten den Kaiſer Heinrich ſelbſt
im vollen Ornate, knieend zu den Füßen ſeines ehe-
maligen Lehrers, des Biſchofs Konrad von Utrecht.
Die beiden andern Thüren, welche das Opfer
Abrahams darſtellten, vollendete Schoreel einige
Jahre ſpäter, und malte inzwiſchen zwei große Ge-
mälde mit Waſſerfarben auf Leinwand, welche
einſtweilen ihre Stelle erſetzten. Die ſeltne Vor-
trefflichkeit dieſer beiden Gemälde bewog den König
Philipp, ſie nach Vollendung des Ganzen, während
ſeiner Anweſenheit in Utrecht im Jahr 1549, der
Kirche abzukaufen und mit ſich nach Spanien zu
führen, wo ſie den Namen des hohen Meiſters auch
in dieſem ſüdlichen Lande ehrenvoll bekannt machten.
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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/87>, abgerufen am 29.07.2024.
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