bruder, der aus guten Gründen ihn ungern in diesen Händen lassen wollte, drang so lange mit Bitten, verständigen Vorstellungen, und mitunter nöthigen Warnungen in ihn, daß er sich endlich bewegen ließ diesen Plan aufzugeben, und mit seinem ersten Reisegefährten zurück nach Venedig zu schiffen. Doch drang der Guardian ihm noch beim Abschiede das Versprechen ab, während der Reise ein Bild für sein Kloster zu malen. Schoreel hielt Wort, und malte auf dem Schiffe den Apostel Thomas, wie er zweiflend die Seitenwunde des Heilands berührt. Es war im Jahr 1520, und Schoreel fünf und zwanzig Jahre alt, da er aus dem heiligen Lande zurückkehrte. Das Schiff landete diesmal unterwegs auf Rhodus, wo damals die Johanniter-Ritter noch ihren Sitz hatten, indem Sultan Soliman der zweite erst zwei Jahre später durch die Eroberung der Jnsel sie zwang solche zu verlassen und sich nach Malta zu begeben. Schoreels glücklicher Stern begleitete ihn auch hierhin, denn der damalige Großmeister des Ordens, Villiers, nahm ihn nicht nur sehr freundlich auf, sondern verhalf ihm
bruder, der aus guten Gründen ihn ungern in dieſen Händen laſſen wollte, drang ſo lange mit Bitten, verſtändigen Vorſtellungen, und mitunter nöthigen Warnungen in ihn, daß er ſich endlich bewegen ließ dieſen Plan aufzugeben, und mit ſeinem erſten Reiſegefährten zurück nach Venedig zu ſchiffen. Doch drang der Guardian ihm noch beim Abſchiede das Verſprechen ab, während der Reiſe ein Bild für ſein Kloſter zu malen. Schoreel hielt Wort, und malte auf dem Schiffe den Apoſtel Thomas, wie er zweiflend die Seitenwunde des Heilands berührt. Es war im Jahr 1520, und Schoreel fünf und zwanzig Jahre alt, da er aus dem heiligen Lande zurückkehrte. Das Schiff landete diesmal unterwegs auf Rhodus, wo damals die Johanniter-Ritter noch ihren Sitz hatten, indem Sultan Soliman der zweite erſt zwei Jahre ſpäter durch die Eroberung der Jnſel ſie zwang ſolche zu verlaſſen und ſich nach Malta zu begeben. Schoreels glücklicher Stern begleitete ihn auch hierhin, denn der damalige Großmeiſter des Ordens, Villiers, nahm ihn nicht nur ſehr freundlich auf, ſondern verhalf ihm
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bruder, der aus guten Gründen ihn ungern in dieſen
Händen laſſen wollte, drang ſo lange mit Bitten,
verſtändigen Vorſtellungen, und mitunter nöthigen
Warnungen in ihn, daß er ſich endlich bewegen ließ
dieſen Plan aufzugeben, und mit ſeinem erſten
Reiſegefährten zurück nach Venedig zu ſchiffen. Doch
drang der Guardian ihm noch beim Abſchiede das
Verſprechen ab, während der Reiſe ein Bild für
ſein Kloſter zu malen. Schoreel hielt Wort, und
malte auf dem Schiffe den Apoſtel Thomas, wie er
zweiflend die Seitenwunde des Heilands berührt.
Es war im Jahr 1520, und Schoreel fünf und
zwanzig Jahre alt, da er aus dem heiligen Lande
zurückkehrte. Das Schiff landete diesmal unterwegs
auf Rhodus, wo damals die Johanniter-Ritter
noch ihren Sitz hatten, indem Sultan Soliman der
zweite erſt zwei Jahre ſpäter durch die Eroberung
der Jnſel ſie zwang ſolche zu verlaſſen und ſich
nach Malta zu begeben. Schoreels glücklicher Stern
begleitete ihn auch hierhin, denn der damalige
Großmeiſter des Ordens, Villiers, nahm ihn
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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/71>, abgerufen am 29.07.2024.
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