gleiten, und wenigstens die kostbare Zeit dort ver- geuden, bald in der Schenke für ihn bezahlen, bald gar, wenn jener mit seinen Spiesgesellen über den Bechern oder Würfeln in Zwist gerieth, für ihn sich herumschlagen. Schoreel hielt dieses Leben nicht lange aus, sondern nahm bei der ersten Gelegenheit höflichen Abschied und wanderte weiter.
Er wendete sich von Utrecht nach Köln, und von dort nach Speier. Hier weilte er eine Zeitlang bei einem kunstreichen Geistlichen, für den er einiges malte, und der ihm dafür in der Linienperspektive, in der Lehre von den Verkürzungen, und in der Be- handlung architektonischer Gegenstände Unterricht ertheilte. Dann zog er weiter nach Strasburg, von dort nach Basel. So zog er während seiner Wan- derschaft durch noch mehrere Städte, suchte überall nach damaliger Künstler-Sitte die Gildehäuser der Maler auf, und bemühte sich überall, bei den be- rühmtesten Meistern Zutritt zu erhalten, bei ihnen zu arbeiten und von ihnen zu lernen. Wohin er kam, sah man ihn gern, alle Werkstätten standen ihm offen, die größten Meister seiner Zeit beeiferten
gleiten, und wenigſtens die koſtbare Zeit dort ver- geuden, bald in der Schenke für ihn bezahlen, bald gar, wenn jener mit ſeinen Spiesgeſellen über den Bechern oder Würfeln in Zwiſt gerieth, für ihn ſich herumſchlagen. Schoreel hielt dieſes Leben nicht lange aus, ſondern nahm bei der erſten Gelegenheit höflichen Abſchied und wanderte weiter.
Er wendete ſich von Utrecht nach Köln, und von dort nach Speier. Hier weilte er eine Zeitlang bei einem kunſtreichen Geiſtlichen, für den er einiges malte, und der ihm dafür in der Linienperſpektive, in der Lehre von den Verkürzungen, und in der Be- handlung architektoniſcher Gegenſtände Unterricht ertheilte. Dann zog er weiter nach Strasburg, von dort nach Baſel. So zog er während ſeiner Wan- derſchaft durch noch mehrere Städte, ſuchte überall nach damaliger Künſtler-Sitte die Gildehäuſer der Maler auf, und bemühte ſich überall, bei den be- rühmteſten Meiſtern Zutritt zu erhalten, bei ihnen zu arbeiten und von ihnen zu lernen. Wohin er kam, ſah man ihn gern, alle Werkſtätten ſtanden ihm offen, die größten Meiſter ſeiner Zeit beeiferten
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gleiten, und wenigſtens die koſtbare Zeit dort ver-
geuden, bald in der Schenke für ihn bezahlen, bald
gar, wenn jener mit ſeinen Spiesgeſellen über den
Bechern oder Würfeln in Zwiſt gerieth, für ihn ſich
herumſchlagen. Schoreel hielt dieſes Leben nicht
lange aus, ſondern nahm bei der erſten Gelegenheit
höflichen Abſchied und wanderte weiter.
Er wendete ſich von Utrecht nach Köln, und
von dort nach Speier. Hier weilte er eine Zeitlang
bei einem kunſtreichen Geiſtlichen, für den er einiges
malte, und der ihm dafür in der Linienperſpektive,
in der Lehre von den Verkürzungen, und in der Be-
handlung architektoniſcher Gegenſtände Unterricht
ertheilte. Dann zog er weiter nach Strasburg, von
dort nach Baſel. So zog er während ſeiner Wan-
derſchaft durch noch mehrere Städte, ſuchte überall
nach damaliger Künſtler-Sitte die Gildehäuſer der
Maler auf, und bemühte ſich überall, bei den be-
rühmteſten Meiſtern Zutritt zu erhalten, bei ihnen
zu arbeiten und von ihnen zu lernen. Wohin er
kam, ſah man ihn gern, alle Werkſtätten ſtanden
ihm offen, die größten Meiſter ſeiner Zeit beeiferten
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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/62>, abgerufen am 29.07.2024.
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