völlig betrunken wie ein Todter da lag. Leicht wie ein Vogel sprang Schoreel mit seinem Raube davon, lief auf die Brücke, wo er das Papier, in tausend Stückchen zerrissen, dem Winde und den Wellen übergab, kehrte dann leichteren Herzens wieder heim, und ging ruhig zu Bette.
Jn der reinen Seele des jetzt funfzehnjährigen Knaben war bei alle dem keine Spur des Gedankens aufgekommen, sich auf diese Weise durch Zerstörung der Handschrift von der gegen seinen Lehrherrn ein- gegangnen Verbindlichkeit befreien zu wollen. Sein treues redliches Gemüth glaubte sich hinfort nicht minder an das für ihn gethane Versprechen gebun- den als zuvor, aber der verhaßte Anblick der Hand- schrift, und das ewige Drohen mit dieser konnte ihn nun doch nicht mehr plagen; er fühlte sich frei, weil nur seine innere Überzeugung ihn band, und ertrug nunmehr Alles mit Geduld, ward vielleicht aber auch besser gehalten.
Redlich und treu, ohne einen Versuch zu ent- fliehen, arbeitete er nun für den Meister nach besten Kräften fort, lernte, so viel seine jetzige Lage ihm
völlig betrunken wie ein Todter da lag. Leicht wie ein Vogel ſprang Schoreel mit ſeinem Raube davon, lief auf die Brücke, wo er das Papier, in tauſend Stückchen zerriſſen, dem Winde und den Wellen übergab, kehrte dann leichteren Herzens wieder heim, und ging ruhig zu Bette.
Jn der reinen Seele des jetzt funfzehnjährigen Knaben war bei alle dem keine Spur des Gedankens aufgekommen, ſich auf dieſe Weiſe durch Zerſtörung der Handſchrift von der gegen ſeinen Lehrherrn ein- gegangnen Verbindlichkeit befreien zu wollen. Sein treues redliches Gemüth glaubte ſich hinfort nicht minder an das für ihn gethane Verſprechen gebun- den als zuvor, aber der verhaßte Anblick der Hand- ſchrift, und das ewige Drohen mit dieſer konnte ihn nun doch nicht mehr plagen; er fühlte ſich frei, weil nur ſeine innere Überzeugung ihn band, und ertrug nunmehr Alles mit Geduld, ward vielleicht aber auch beſſer gehalten.
Redlich und treu, ohne einen Verſuch zu ent- fliehen, arbeitete er nun für den Meiſter nach beſten Kräften fort, lernte, ſo viel ſeine jetzige Lage ihm
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völlig betrunken wie ein Todter da lag. Leicht wie
ein Vogel ſprang Schoreel mit ſeinem Raube davon,
lief auf die Brücke, wo er das Papier, in tauſend
Stückchen zerriſſen, dem Winde und den Wellen
übergab, kehrte dann leichteren Herzens wieder
heim, und ging ruhig zu Bette.
Jn der reinen Seele des jetzt funfzehnjährigen
Knaben war bei alle dem keine Spur des Gedankens
aufgekommen, ſich auf dieſe Weiſe durch Zerſtörung
der Handſchrift von der gegen ſeinen Lehrherrn ein-
gegangnen Verbindlichkeit befreien zu wollen. Sein
treues redliches Gemüth glaubte ſich hinfort nicht
minder an das für ihn gethane Verſprechen gebun-
den als zuvor, aber der verhaßte Anblick der Hand-
ſchrift, und das ewige Drohen mit dieſer konnte
ihn nun doch nicht mehr plagen; er fühlte ſich frei,
weil nur ſeine innere Überzeugung ihn band, und
ertrug nunmehr Alles mit Geduld, ward vielleicht
aber auch beſſer gehalten.
Redlich und treu, ohne einen Verſuch zu ent-
fliehen, arbeitete er nun für den Meiſter nach beſten
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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/54>, abgerufen am 29.07.2024.
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