quis van der Veren die hohe Ehre seines Besuches zu und dieser machte natürlicher Weise sogleich die allervortrefflichsten Anstalten zum würdigen Em- pfange des hohen Gastes. Die ganze Dienerschaft ward neu und glänzend gekleidet, besonders aber sollten der Poet, der Philosoph und der Maler in neuen Gewändern von prächtigem weißen seidnen Damast das Fest verherrlichen helfen. Die Schneider nähten Tag und Nacht, doch Mabuse wußte unter dem Vorwande, seinem Kleide einen ganz neuen malerischen Zuschnitt zu geben, den ihm bestimmten Damast unverarbeitet in die Hände zu bekommen; und da er, wie Alle seines gleichen, in ewiger Geldnoth war, so verkaufte er ihn heimlich, trug das Geld in die Schenke, und machte sich dafür, um die Folgen ganz unbesorgt, auf seine Weise einen guten Tag. Der Marquis erfuhr es wohl, denn wann wäre an einem kleinen Hofe ein solches Ge- heimniß verborgen geblieben? aber er kannte seinen Mann, ließ ihn stillschweigend gewähren, und verließ sich auf dessen Talent, sich aus jeder Ver- legenheit zu ziehen.
quis van der Veren die hohe Ehre ſeines Beſuches zu und dieſer machte natürlicher Weiſe ſogleich die allervortrefflichſten Anſtalten zum würdigen Em- pfange des hohen Gaſtes. Die ganze Dienerſchaft ward neu und glänzend gekleidet, beſonders aber ſollten der Poet, der Philoſoph und der Maler in neuen Gewändern von prächtigem weißen ſeidnen Damaſt das Feſt verherrlichen helfen. Die Schneider nähten Tag und Nacht, doch Mabuſe wußte unter dem Vorwande, ſeinem Kleide einen ganz neuen maleriſchen Zuſchnitt zu geben, den ihm beſtimmten Damaſt unverarbeitet in die Hände zu bekommen; und da er, wie Alle ſeines gleichen, in ewiger Geldnoth war, ſo verkaufte er ihn heimlich, trug das Geld in die Schenke, und machte ſich dafür, um die Folgen ganz unbeſorgt, auf ſeine Weiſe einen guten Tag. Der Marquis erfuhr es wohl, denn wann wäre an einem kleinen Hofe ein ſolches Ge- heimniß verborgen geblieben? aber er kannte ſeinen Mann, ließ ihn ſtillſchweigend gewähren, und verließ ſich auf deſſen Talent, ſich aus jeder Ver- legenheit zu ziehen.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0041"n="31"/>
quis van der Veren die hohe Ehre ſeines Beſuches<lb/>
zu und dieſer machte natürlicher Weiſe ſogleich die<lb/>
allervortrefflichſten Anſtalten zum würdigen Em-<lb/>
pfange des hohen Gaſtes. Die ganze Dienerſchaft<lb/>
ward neu und glänzend gekleidet, beſonders aber<lb/>ſollten der Poet, der Philoſoph und der Maler in<lb/>
neuen Gewändern von prächtigem weißen ſeidnen<lb/>
Damaſt das Feſt verherrlichen helfen. Die Schneider<lb/>
nähten Tag und Nacht, doch Mabuſe wußte unter<lb/>
dem Vorwande, ſeinem Kleide einen ganz neuen<lb/>
maleriſchen Zuſchnitt zu geben, den ihm beſtimmten<lb/>
Damaſt unverarbeitet in die Hände zu bekommen;<lb/>
und da er, wie Alle ſeines gleichen, in ewiger<lb/>
Geldnoth war, ſo verkaufte er ihn heimlich, trug<lb/>
das Geld in die Schenke, und machte ſich dafür,<lb/>
um die Folgen ganz unbeſorgt, auf ſeine Weiſe einen<lb/>
guten Tag. Der Marquis erfuhr es wohl, denn<lb/>
wann wäre an einem kleinen Hofe ein ſolches Ge-<lb/>
heimniß verborgen geblieben? aber er kannte ſeinen<lb/>
Mann, ließ ihn ſtillſchweigend gewähren, und<lb/>
verließ ſich auf deſſen Talent, ſich aus jeder Ver-<lb/>
legenheit zu ziehen.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[31/0041]
quis van der Veren die hohe Ehre ſeines Beſuches
zu und dieſer machte natürlicher Weiſe ſogleich die
allervortrefflichſten Anſtalten zum würdigen Em-
pfange des hohen Gaſtes. Die ganze Dienerſchaft
ward neu und glänzend gekleidet, beſonders aber
ſollten der Poet, der Philoſoph und der Maler in
neuen Gewändern von prächtigem weißen ſeidnen
Damaſt das Feſt verherrlichen helfen. Die Schneider
nähten Tag und Nacht, doch Mabuſe wußte unter
dem Vorwande, ſeinem Kleide einen ganz neuen
maleriſchen Zuſchnitt zu geben, den ihm beſtimmten
Damaſt unverarbeitet in die Hände zu bekommen;
und da er, wie Alle ſeines gleichen, in ewiger
Geldnoth war, ſo verkaufte er ihn heimlich, trug
das Geld in die Schenke, und machte ſich dafür,
um die Folgen ganz unbeſorgt, auf ſeine Weiſe einen
guten Tag. Der Marquis erfuhr es wohl, denn
wann wäre an einem kleinen Hofe ein ſolches Ge-
heimniß verborgen geblieben? aber er kannte ſeinen
Mann, ließ ihn ſtillſchweigend gewähren, und
verließ ſich auf deſſen Talent, ſich aus jeder Ver-
legenheit zu ziehen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/41>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.