Johann von Mabuse, auch Maubeuge und Maboggio genannt.
Jn Maubeuge oder Mabuse, einem Ort im Hennegau, ward dieser Meister zu Ende des funf- zehnten Jahrhunderts geboren, und nahm nach da- maligem Künstlergebrauch den Namen seiner Vater- stadt an. Wer seine Eltern waren, ist eben so un- bekannt geblieben, als der Name des Meisters, unter dessen Leitung er zuerst die Künstlerbahn betrat. Nur so viel ist gewiß, daß er schon in der Jugend als seine hohe Meisterin die Natur aner- kannt haben muß, der er auch in der Folge, bei mancher Abweichung, dennoch im Grunde stets treu blieb. Sein wilder ungeregelter Geist, sein leiden- schaftliches Wesen rißen ihn später zu tausend Ver- irrungen hin, so daß er, während eines wüsten ausschweifenden Lebens, in der Welt bald hie- bald dorthin geworfen ward. Daher ist es sehr schwer, ja fast unmöglich dem Gange seiner Schicksale genau zu folgen. Aus der ausgezeichneten Vortrefflichkeit seiner Werke geht indessen hervor, daß er während
Johann von Mabuſe, auch Maubeuge und Maboggio genannt.
Jn Maubeuge oder Mabuſe, einem Ort im Hennegau, ward dieſer Meiſter zu Ende des funf- zehnten Jahrhunderts geboren, und nahm nach da- maligem Künſtlergebrauch den Namen ſeiner Vater- ſtadt an. Wer ſeine Eltern waren, iſt eben ſo un- bekannt geblieben, als der Name des Meiſters, unter deſſen Leitung er zuerſt die Künſtlerbahn betrat. Nur ſo viel iſt gewiß, daß er ſchon in der Jugend als ſeine hohe Meiſterin die Natur aner- kannt haben muß, der er auch in der Folge, bei mancher Abweichung, dennoch im Grunde ſtets treu blieb. Sein wilder ungeregelter Geiſt, ſein leiden- ſchaftliches Weſen rißen ihn ſpäter zu tauſend Ver- irrungen hin, ſo daß er, während eines wüſten ausſchweifenden Lebens, in der Welt bald hie- bald dorthin geworfen ward. Daher iſt es ſehr ſchwer, ja faſt unmöglich dem Gange ſeiner Schickſale genau zu folgen. Aus der ausgezeichneten Vortrefflichkeit ſeiner Werke geht indeſſen hervor, daß er während
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Johann von Mabuſe, auch Maubeuge
und Maboggio genannt.
Jn Maubeuge oder Mabuſe, einem Ort im
Hennegau, ward dieſer Meiſter zu Ende des funf-
zehnten Jahrhunderts geboren, und nahm nach da-
maligem Künſtlergebrauch den Namen ſeiner Vater-
ſtadt an. Wer ſeine Eltern waren, iſt eben ſo un-
bekannt geblieben, als der Name des Meiſters,
unter deſſen Leitung er zuerſt die Künſtlerbahn
betrat. Nur ſo viel iſt gewiß, daß er ſchon in der
Jugend als ſeine hohe Meiſterin die Natur aner-
kannt haben muß, der er auch in der Folge, bei
mancher Abweichung, dennoch im Grunde ſtets treu
blieb. Sein wilder ungeregelter Geiſt, ſein leiden-
ſchaftliches Weſen rißen ihn ſpäter zu tauſend Ver-
irrungen hin, ſo daß er, während eines wüſten
ausſchweifenden Lebens, in der Welt bald hie- bald
dorthin geworfen ward. Daher iſt es ſehr ſchwer,
ja faſt unmöglich dem Gange ſeiner Schickſale genau
zu folgen. Aus der ausgezeichneten Vortrefflichkeit
ſeiner Werke geht indeſſen hervor, daß er während
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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/34>, abgerufen am 29.07.2024.
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