sichtige Benehmen seines Lieblings gar nicht zu be- merken. Vermuthlich betrachtete er ihn wie ein wohlgelittnes Hausthier, dem man seiner gefälligen Künste wegen wohl einmal eine kleine Unart über- sieht, aber der tausendäugigen Jnquisition war es nicht entgangen. Diese traf schon die ernstlichsten Anstalten, sich des Frevlers an des Königs gehei- ligter Person zu bemächtigen, und der arme Anton Moro wäre selbst seinem hohen Beschützer unrettbar verloren gewesen, hätte nicht ein Großer des Hofes, der ihm wirklich wohl wollte, die Gefahr, in welcher er schwebte, noch bei Zeiten entdeckt. Unter irgend einem passenden Vorwande wußte dieser brave Mann vom Könige einen Urlaub für den Maler zu erhalten, den dieser mit dem Ver- sprechen, bald wieder zu kehren, schnell benutzte, ein Schiff bestieg und seinem Vaterlande zusegelte, ehe die Jnquisition Zeit hatte, ihn mit der schon ausgestreckten Kralle zu fassen.
Dieses muß um das Jahr 1560 gewesen seyn, und Anton Moros Aufenthalt in Spanien folglich kaum ein Jahr gewährt haben, denn er suchte nach
ſichtige Benehmen ſeines Lieblings gar nicht zu be- merken. Vermuthlich betrachtete er ihn wie ein wohlgelittnes Hausthier, dem man ſeiner gefälligen Künſte wegen wohl einmal eine kleine Unart über- ſieht, aber der tauſendäugigen Jnquiſition war es nicht entgangen. Dieſe traf ſchon die ernſtlichſten Anſtalten, ſich des Frevlers an des Königs gehei- ligter Perſon zu bemächtigen, und der arme Anton Moro wäre ſelbſt ſeinem hohen Beſchützer unrettbar verloren geweſen, hätte nicht ein Großer des Hofes, der ihm wirklich wohl wollte, die Gefahr, in welcher er ſchwebte, noch bei Zeiten entdeckt. Unter irgend einem paſſenden Vorwande wußte dieſer brave Mann vom Könige einen Urlaub für den Maler zu erhalten, den dieſer mit dem Ver- ſprechen, bald wieder zu kehren, ſchnell benutzte, ein Schiff beſtieg und ſeinem Vaterlande zuſegelte, ehe die Jnquiſition Zeit hatte, ihn mit der ſchon ausgeſtreckten Kralle zu faſſen.
Dieſes muß um das Jahr 1560 geweſen ſeyn, und Anton Moros Aufenthalt in Spanien folglich kaum ein Jahr gewährt haben, denn er ſuchte nach
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0175"n="167"/>ſichtige Benehmen ſeines Lieblings gar nicht zu be-<lb/>
merken. Vermuthlich betrachtete er ihn wie ein<lb/>
wohlgelittnes Hausthier, dem man ſeiner gefälligen<lb/>
Künſte wegen wohl einmal eine kleine Unart über-<lb/>ſieht, aber der tauſendäugigen Jnquiſition war es<lb/>
nicht entgangen. Dieſe traf ſchon die ernſtlichſten<lb/>
Anſtalten, ſich des Frevlers an des Königs gehei-<lb/>
ligter Perſon zu bemächtigen, und der arme Anton<lb/>
Moro wäre ſelbſt ſeinem hohen Beſchützer unrettbar<lb/>
verloren geweſen, hätte nicht ein Großer des Hofes,<lb/>
der ihm wirklich wohl wollte, die Gefahr, in<lb/>
welcher er ſchwebte, noch bei Zeiten entdeckt.<lb/>
Unter irgend einem paſſenden Vorwande wußte<lb/>
dieſer brave Mann vom Könige einen Urlaub für<lb/>
den Maler zu erhalten, den dieſer mit dem Ver-<lb/>ſprechen, bald wieder zu kehren, ſchnell benutzte,<lb/>
ein Schiff beſtieg und ſeinem Vaterlande zuſegelte,<lb/>
ehe die Jnquiſition Zeit hatte, ihn mit der ſchon<lb/>
ausgeſtreckten Kralle zu faſſen.</p><lb/><p>Dieſes muß um das Jahr 1560 geweſen ſeyn,<lb/>
und Anton Moros Aufenthalt in Spanien folglich<lb/>
kaum ein Jahr gewährt haben, denn er ſuchte nach<lb/></p></div></body></text></TEI>
[167/0175]
ſichtige Benehmen ſeines Lieblings gar nicht zu be-
merken. Vermuthlich betrachtete er ihn wie ein
wohlgelittnes Hausthier, dem man ſeiner gefälligen
Künſte wegen wohl einmal eine kleine Unart über-
ſieht, aber der tauſendäugigen Jnquiſition war es
nicht entgangen. Dieſe traf ſchon die ernſtlichſten
Anſtalten, ſich des Frevlers an des Königs gehei-
ligter Perſon zu bemächtigen, und der arme Anton
Moro wäre ſelbſt ſeinem hohen Beſchützer unrettbar
verloren geweſen, hätte nicht ein Großer des Hofes,
der ihm wirklich wohl wollte, die Gefahr, in
welcher er ſchwebte, noch bei Zeiten entdeckt.
Unter irgend einem paſſenden Vorwande wußte
dieſer brave Mann vom Könige einen Urlaub für
den Maler zu erhalten, den dieſer mit dem Ver-
ſprechen, bald wieder zu kehren, ſchnell benutzte,
ein Schiff beſtieg und ſeinem Vaterlande zuſegelte,
ehe die Jnquiſition Zeit hatte, ihn mit der ſchon
ausgeſtreckten Kralle zu faſſen.
Dieſes muß um das Jahr 1560 geweſen ſeyn,
und Anton Moros Aufenthalt in Spanien folglich
kaum ein Jahr gewährt haben, denn er ſuchte nach
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/175>, abgerufen am 29.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.