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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822.

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sechzehn Jahre zählte, erschien abermals von ihm
ein allgemein bewundertes Blatt, ein Ecce Homo,
und so folgte in schneller Folge eines seiner Kunst-
werke dem andern. Sein Ruhm ward groß in seinem
Vaterlande, und verbreitete sich bald über die Gränze
desselben in Deutschland und Jtalien; überall strebte
man nach dem Besitz der Abdrücke seiner Werke,
und mancher italiänische Meister benutzte, ohne sich
dessen zu rühmen, bei der Komposition seiner Ge-
mälde die Erfindung des niederländischen Meisters,
der nie sein Vaterland, kaum seine Vaterstadt ver-
lassen hatte und ohne fremde Einwirkung nur
seinem Genius und der Natur treulich folgte. Va-
sari selbst erwähnt rühmend den Namen Lukas von
Leyden, und preis't die Anordnung, die Wahrheit
und die Ausführung seiner Arbeiten.

Lukas von Leyden wußte den Pinsel mit nicht
minderm Gelingen zu führen als die Reißfeder und
das Radireisen. Seine Gemälde waren der Stolz
seiner Vaterstadt, und die Bewunderung aller Kunst-
verständigen. Das Stadthaus zu Leyden prangte
mit einer trefflichen Darstellung des jüngsten Ge-

ſechzehn Jahre zählte, erſchien abermals von ihm
ein allgemein bewundertes Blatt, ein Ecce Homo,
und ſo folgte in ſchneller Folge eines ſeiner Kunſt-
werke dem andern. Sein Ruhm ward groß in ſeinem
Vaterlande, und verbreitete ſich bald über die Gränze
deſſelben in Deutſchland und Jtalien; überall ſtrebte
man nach dem Beſitz der Abdrücke ſeiner Werke,
und mancher italiäniſche Meiſter benutzte, ohne ſich
deſſen zu rühmen, bei der Kompoſition ſeiner Ge-
mälde die Erfindung des niederländiſchen Meiſters,
der nie ſein Vaterland, kaum ſeine Vaterſtadt ver-
laſſen hatte und ohne fremde Einwirkung nur
ſeinem Genius und der Natur treulich folgte. Va-
ſari ſelbſt erwähnt rühmend den Namen Lukas von
Leyden, und preiſ’t die Anordnung, die Wahrheit
und die Ausführung ſeiner Arbeiten.

Lukas von Leyden wußte den Pinſel mit nicht
minderm Gelingen zu führen als die Reißfeder und
das Radireiſen. Seine Gemälde waren der Stolz
ſeiner Vaterſtadt, und die Bewunderung aller Kunſt-
verſtändigen. Das Stadthaus zu Leyden prangte
mit einer trefflichen Darſtellung des jüngſten Ge-

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[7/0017] ſechzehn Jahre zählte, erſchien abermals von ihm ein allgemein bewundertes Blatt, ein Ecce Homo, und ſo folgte in ſchneller Folge eines ſeiner Kunſt- werke dem andern. Sein Ruhm ward groß in ſeinem Vaterlande, und verbreitete ſich bald über die Gränze deſſelben in Deutſchland und Jtalien; überall ſtrebte man nach dem Beſitz der Abdrücke ſeiner Werke, und mancher italiäniſche Meiſter benutzte, ohne ſich deſſen zu rühmen, bei der Kompoſition ſeiner Ge- mälde die Erfindung des niederländiſchen Meiſters, der nie ſein Vaterland, kaum ſeine Vaterſtadt ver- laſſen hatte und ohne fremde Einwirkung nur ſeinem Genius und der Natur treulich folgte. Va- ſari ſelbſt erwähnt rühmend den Namen Lukas von Leyden, und preiſ’t die Anordnung, die Wahrheit und die Ausführung ſeiner Arbeiten. Lukas von Leyden wußte den Pinſel mit nicht minderm Gelingen zu führen als die Reißfeder und das Radireiſen. Seine Gemälde waren der Stolz ſeiner Vaterſtadt, und die Bewunderung aller Kunſt- verſtändigen. Das Stadthaus zu Leyden prangte mit einer trefflichen Darſtellung des jüngſten Ge-

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Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/17>, abgerufen am 21.11.2024.