sam, ängstlich und kleinmüthig, so daß er, wenn die Schützengesellschaft mit Gepränge zu ihrem Feste durch die Straßen von Harlem zog, sich auf die Spitze des höchsten Thurms flüchtete, um nicht durch ein zufällig losgehendes Gewehr erschossen zu werden, und selbst dort glaubte er sich noch nicht ganz sicher und außer dem Schusse.
Bei dieser seiner großen Muthlosigkeit war er natürlicher Weise auch einer der ersten, welche im Jahr 1572, da die Spanier Harlem belagerten, aus der bedrohten Stadt flüchteten. Er zog nach Amsterdam zu seinem Schüler und Freunde Jakob Rauwaart, und kehrte erst nach völlig hergestellter Ruhe in seine Heimath zurück. Jndessen hatten die Spanier beim Übergange der Stadt eine große Anzahl seiner Gemälde unter dem Vorwande, sie kaufen zu wollen, mit sich nach Spanien genom- men; viele gingen späterhin durch die Bilder- stürmer zu Grunde, und selbst schon zu Karl von Manders Zeiten war nur wenig von ihm noch in Harlem und der Umgegend zu finden.
Martin Hemskerk war nun vier und siebenzig
ſam, ängſtlich und kleinmüthig, ſo daß er, wenn die Schützengeſellſchaft mit Gepränge zu ihrem Feſte durch die Straßen von Harlem zog, ſich auf die Spitze des höchſten Thurms flüchtete, um nicht durch ein zufällig losgehendes Gewehr erſchoſſen zu werden, und ſelbſt dort glaubte er ſich noch nicht ganz ſicher und außer dem Schuſſe.
Bei dieſer ſeiner großen Muthloſigkeit war er natürlicher Weiſe auch einer der erſten, welche im Jahr 1572, da die Spanier Harlem belagerten, aus der bedrohten Stadt flüchteten. Er zog nach Amſterdam zu ſeinem Schüler und Freunde Jakob Rauwaart, und kehrte erſt nach völlig hergeſtellter Ruhe in ſeine Heimath zurück. Jndeſſen hatten die Spanier beim Übergange der Stadt eine große Anzahl ſeiner Gemälde unter dem Vorwande, ſie kaufen zu wollen, mit ſich nach Spanien genom- men; viele gingen ſpäterhin durch die Bilder- ſtürmer zu Grunde, und ſelbſt ſchon zu Karl von Manders Zeiten war nur wenig von ihm noch in Harlem und der Umgegend zu finden.
Martin Hemskerk war nun vier und ſiebenzig
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ſam, ängſtlich und kleinmüthig, ſo daß er, wenn
die Schützengeſellſchaft mit Gepränge zu ihrem Feſte
durch die Straßen von Harlem zog, ſich auf die
Spitze des höchſten Thurms flüchtete, um nicht
durch ein zufällig losgehendes Gewehr erſchoſſen zu
werden, und ſelbſt dort glaubte er ſich noch nicht
ganz ſicher und außer dem Schuſſe.
Bei dieſer ſeiner großen Muthloſigkeit war er
natürlicher Weiſe auch einer der erſten, welche im
Jahr 1572, da die Spanier Harlem belagerten,
aus der bedrohten Stadt flüchteten. Er zog nach
Amſterdam zu ſeinem Schüler und Freunde Jakob
Rauwaart, und kehrte erſt nach völlig hergeſtellter
Ruhe in ſeine Heimath zurück. Jndeſſen hatten
die Spanier beim Übergange der Stadt eine große
Anzahl ſeiner Gemälde unter dem Vorwande, ſie
kaufen zu wollen, mit ſich nach Spanien genom-
men; viele gingen ſpäterhin durch die Bilder-
ſtürmer zu Grunde, und ſelbſt ſchon zu Karl von
Manders Zeiten war nur wenig von ihm noch in
Harlem und der Umgegend zu finden.
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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/168>, abgerufen am 29.07.2024.
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