zu wissen. Holbein ward aus seiner bescheidnen Entfernung herbei gerufen, und war von diesem Tage an nicht nur der Hofmaler des Königs, son- dern auch sein Günstling, um den alle Großen und Vornehmen des Reichs sich drängten. Von nun an gab es keine schöne reiche Frau mehr in England, die nicht von ihm gemalt seyn wollte; die vornehm- sten Familien stritten sich um die Ehre ihm zu sitzen, und auch seine historischen Gemälde wie seine Hand- zeichnungen wurden mit Guineen aufgewogen. Noch bis diesen Tag werden seine Werke von den reichen Engländern als der schönste Schmuck ihrer Palläste und Kunst-Sammlungen betrachtet, die ganze Nation hat sich gewöhnt, ihn, der so lange in ihrer Mitte lebte, als ihr ausschließendes Eigenthum zu betrach- ten, und seinen deutschen Ursprung zu vergessen, dem er eigentlich doch seine Kunstbildung verdankte.
Daß er unzählige Aufträge des Königs voll- führen mußte, die dieser auf das Freigebigste be- lohnte, bedarf wohl keiner besondern Erwähnung. Oft malte er ihn selbst im königlichen Schmucke nach dem Leben, auch mußte er mit Wasserfarben die
zu wiſſen. Holbein ward aus ſeiner beſcheidnen Entfernung herbei gerufen, und war von dieſem Tage an nicht nur der Hofmaler des Königs, ſon- dern auch ſein Günſtling, um den alle Großen und Vornehmen des Reichs ſich drängten. Von nun an gab es keine ſchöne reiche Frau mehr in England, die nicht von ihm gemalt ſeyn wollte; die vornehm- ſten Familien ſtritten ſich um die Ehre ihm zu ſitzen, und auch ſeine hiſtoriſchen Gemälde wie ſeine Hand- zeichnungen wurden mit Guineen aufgewogen. Noch bis dieſen Tag werden ſeine Werke von den reichen Engländern als der ſchönſte Schmuck ihrer Palläſte und Kunſt-Sammlungen betrachtet, die ganze Nation hat ſich gewöhnt, ihn, der ſo lange in ihrer Mitte lebte, als ihr ausſchließendes Eigenthum zu betrach- ten, und ſeinen deutſchen Urſprung zu vergeſſen, dem er eigentlich doch ſeine Kunſtbildung verdankte.
Daß er unzählige Aufträge des Königs voll- führen mußte, die dieſer auf das Freigebigſte be- lohnte, bedarf wohl keiner beſondern Erwähnung. Oft malte er ihn ſelbſt im königlichen Schmucke nach dem Leben, auch mußte er mit Waſſerfarben die
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zu wiſſen. Holbein ward aus ſeiner beſcheidnen
Entfernung herbei gerufen, und war von dieſem
Tage an nicht nur der Hofmaler des Königs, ſon-
dern auch ſein Günſtling, um den alle Großen und
Vornehmen des Reichs ſich drängten. Von nun an
gab es keine ſchöne reiche Frau mehr in England,
die nicht von ihm gemalt ſeyn wollte; die vornehm-
ſten Familien ſtritten ſich um die Ehre ihm zu ſitzen,
und auch ſeine hiſtoriſchen Gemälde wie ſeine Hand-
zeichnungen wurden mit Guineen aufgewogen. Noch
bis dieſen Tag werden ſeine Werke von den reichen
Engländern als der ſchönſte Schmuck ihrer Palläſte
und Kunſt-Sammlungen betrachtet, die ganze Nation
hat ſich gewöhnt, ihn, der ſo lange in ihrer Mitte
lebte, als ihr ausſchließendes Eigenthum zu betrach-
ten, und ſeinen deutſchen Urſprung zu vergeſſen,
dem er eigentlich doch ſeine Kunſtbildung verdankte.
Daß er unzählige Aufträge des Königs voll-
führen mußte, die dieſer auf das Freigebigſte be-
lohnte, bedarf wohl keiner beſondern Erwähnung.
Oft malte er ihn ſelbſt im königlichen Schmucke nach
dem Leben, auch mußte er mit Waſſerfarben die
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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/108>, abgerufen am 16.02.2025.
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