schimmernden Pfauenfedern zusammengesetzt, ein weiter Mantel, scharlachroth mit goldnen Blumen, mit Purpur gefüttert, mit einer Doppelreihe von Perlen und farbigen Edelsteinen eingefaßt, über der Brust durch ein großes juwelenreiches Medaillon zusammengehalten, fließet zu beiden Seiten von seinen Schultern bis auf den Boden herab, so daß der ganze Harnisch sichtbar bleibt; oben am Halse erscheint das Panzerhemd von goldnem Gestricke. Das ernste, von goldigen Locken umfloßne Haupt schmückt eine schmale Binde, aus welcher vorn ein juwelenreiches Kreuz emporsteigt. Hoch in der rechten Hand hält der Engel einen langen schwarzen Stab, an dessen oberm Ende ein reicher kreuzförmi- ger Griff schimmert, in der linken, mit dem Stabe sich kreuzend, hält er die furchtbare Waage. Die rechte Schaale, in welcher ein Seeliger betend knieet, ruht am Boden, die linke, mit dem zu leicht Be- fundenen, fährt hoch in die Höhe; die Stellung des fast herausfallenden Unglücklichen, den ein nahe- stehender Teufel schon beim Haar faßt, drückt das ganze Gefühl seines Elends aus. Nichts kann im-
ſchimmernden Pfauenfedern zuſammengeſetzt, ein weiter Mantel, ſcharlachroth mit goldnen Blumen, mit Purpur gefüttert, mit einer Doppelreihe von Perlen und farbigen Edelſteinen eingefaßt, über der Bruſt durch ein großes juwelenreiches Medaillon zuſammengehalten, fließet zu beiden Seiten von ſeinen Schultern bis auf den Boden herab, ſo daß der ganze Harniſch ſichtbar bleibt; oben am Halſe erſcheint das Panzerhemd von goldnem Geſtricke. Das ernſte, von goldigen Locken umfloßne Haupt ſchmückt eine ſchmale Binde, aus welcher vorn ein juwelenreiches Kreuz emporſteigt. Hoch in der rechten Hand hält der Engel einen langen ſchwarzen Stab, an deſſen oberm Ende ein reicher kreuzförmi- ger Griff ſchimmert, in der linken, mit dem Stabe ſich kreuzend, hält er die furchtbare Waage. Die rechte Schaale, in welcher ein Seeliger betend knieet, ruht am Boden, die linke, mit dem zu leicht Be- fundenen, fährt hoch in die Höhe; die Stellung des faſt herausfallenden Unglücklichen, den ein nahe- ſtehender Teufel ſchon beim Haar faßt, drückt das ganze Gefühl ſeines Elends aus. Nichts kann im-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0099"n="87"/><lb/>ſchimmernden Pfauenfedern zuſammengeſetzt, ein<lb/>
weiter Mantel, ſcharlachroth mit goldnen Blumen,<lb/>
mit Purpur gefüttert, mit einer Doppelreihe von<lb/>
Perlen und farbigen Edelſteinen eingefaßt, über<lb/>
der Bruſt durch ein großes juwelenreiches Medaillon<lb/>
zuſammengehalten, fließet zu beiden Seiten von<lb/>ſeinen Schultern bis auf den Boden herab, ſo daß<lb/>
der ganze Harniſch ſichtbar bleibt; oben am Halſe<lb/>
erſcheint das Panzerhemd von goldnem Geſtricke.<lb/>
Das ernſte, von goldigen Locken umfloßne Haupt<lb/>ſchmückt eine ſchmale Binde, aus welcher vorn ein<lb/>
juwelenreiches Kreuz emporſteigt. Hoch in der<lb/>
rechten Hand hält der Engel einen langen ſchwarzen<lb/>
Stab, an deſſen oberm Ende ein reicher kreuzförmi-<lb/>
ger Griff ſchimmert, in der linken, mit dem Stabe<lb/>ſich kreuzend, hält er die furchtbare Waage. Die<lb/>
rechte Schaale, in welcher ein Seeliger betend knieet,<lb/>
ruht am Boden, die linke, mit dem zu leicht Be-<lb/>
fundenen, fährt hoch in die Höhe; die Stellung<lb/>
des faſt herausfallenden Unglücklichen, den ein nahe-<lb/>ſtehender Teufel ſchon beim Haar faßt, drückt das<lb/>
ganze Gefühl ſeines Elends aus. Nichts kann im-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[87/0099]
ſchimmernden Pfauenfedern zuſammengeſetzt, ein
weiter Mantel, ſcharlachroth mit goldnen Blumen,
mit Purpur gefüttert, mit einer Doppelreihe von
Perlen und farbigen Edelſteinen eingefaßt, über
der Bruſt durch ein großes juwelenreiches Medaillon
zuſammengehalten, fließet zu beiden Seiten von
ſeinen Schultern bis auf den Boden herab, ſo daß
der ganze Harniſch ſichtbar bleibt; oben am Halſe
erſcheint das Panzerhemd von goldnem Geſtricke.
Das ernſte, von goldigen Locken umfloßne Haupt
ſchmückt eine ſchmale Binde, aus welcher vorn ein
juwelenreiches Kreuz emporſteigt. Hoch in der
rechten Hand hält der Engel einen langen ſchwarzen
Stab, an deſſen oberm Ende ein reicher kreuzförmi-
ger Griff ſchimmert, in der linken, mit dem Stabe
ſich kreuzend, hält er die furchtbare Waage. Die
rechte Schaale, in welcher ein Seeliger betend knieet,
ruht am Boden, die linke, mit dem zu leicht Be-
fundenen, fährt hoch in die Höhe; die Stellung
des faſt herausfallenden Unglücklichen, den ein nahe-
ſtehender Teufel ſchon beim Haar faßt, drückt das
ganze Gefühl ſeines Elends aus. Nichts kann im-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/99>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.