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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822.

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Antonello legte die große Reise nicht nur glück-
lich zurück, sondern es gelang ihm sogar auch im
Hause des Johann van Eyck freundlich aufgenom-
men zu werden. Er fand den großen Meister
zwar als hochbejahrten Greis, aber noch immer
rüstig, in gewohnter Thätigkeit und reger Theil-
nahme an Allem, was mit der Kunst, der er sein
Leben geweiht hatte, in Berührung stand. Anto-
nello führte viele italienische Zeichnungen und andre
Kunstwerke mit sich, er legte sie ihm vor, erzählte
ihm von seinem schönen Vaterlande, von dem Leben
und Wirken der dortigen Künstler, von der hohen
Achtung in welcher der große Name Giovanni da
Brugge
dort bei Fürsten und Malern stand, von
der Bewunderung, die Alle ihm zollten, und wie
er den weiten Weg zurückgelegt habe, einzig um
ihn von Angesicht zu Angesicht zu sehen und von
ihm zu lernen.

Des südlichen Fremdlings einnehmendes Wesen,
seine Kenntnisse, seine heiße Alles opfernde Liebe
zur Kunst, gewannen ihm des ehrwürdigen Greises
freundliche Neigung; er gewöhnte sich bald, ihn


Antonello legte die große Reiſe nicht nur glück-
lich zurück, ſondern es gelang ihm ſogar auch im
Hauſe des Johann van Eyck freundlich aufgenom-
men zu werden. Er fand den großen Meiſter
zwar als hochbejahrten Greis, aber noch immer
rüſtig, in gewohnter Thätigkeit und reger Theil-
nahme an Allem, was mit der Kunſt, der er ſein
Leben geweiht hatte, in Berührung ſtand. Anto-
nello führte viele italieniſche Zeichnungen und andre
Kunſtwerke mit ſich, er legte ſie ihm vor, erzählte
ihm von ſeinem ſchönen Vaterlande, von dem Leben
und Wirken der dortigen Künſtler, von der hohen
Achtung in welcher der große Name Giovanni da
Brugge
dort bei Fürſten und Malern ſtand, von
der Bewunderung, die Alle ihm zollten, und wie
er den weiten Weg zurückgelegt habe, einzig um
ihn von Angeſicht zu Angeſicht zu ſehen und von
ihm zu lernen.

Des ſüdlichen Fremdlings einnehmendes Weſen,
ſeine Kenntniſſe, ſeine heiße Alles opfernde Liebe
zur Kunſt, gewannen ihm des ehrwürdigen Greiſes
freundliche Neigung; er gewöhnte ſich bald, ihn

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[77/0089] Antonello legte die große Reiſe nicht nur glück- lich zurück, ſondern es gelang ihm ſogar auch im Hauſe des Johann van Eyck freundlich aufgenom- men zu werden. Er fand den großen Meiſter zwar als hochbejahrten Greis, aber noch immer rüſtig, in gewohnter Thätigkeit und reger Theil- nahme an Allem, was mit der Kunſt, der er ſein Leben geweiht hatte, in Berührung ſtand. Anto- nello führte viele italieniſche Zeichnungen und andre Kunſtwerke mit ſich, er legte ſie ihm vor, erzählte ihm von ſeinem ſchönen Vaterlande, von dem Leben und Wirken der dortigen Künſtler, von der hohen Achtung in welcher der große Name Giovanni da Brugge dort bei Fürſten und Malern ſtand, von der Bewunderung, die Alle ihm zollten, und wie er den weiten Weg zurückgelegt habe, einzig um ihn von Angeſicht zu Angeſicht zu ſehen und von ihm zu lernen. Des ſüdlichen Fremdlings einnehmendes Weſen, ſeine Kenntniſſe, ſeine heiße Alles opfernde Liebe zur Kunſt, gewannen ihm des ehrwürdigen Greiſes freundliche Neigung; er gewöhnte ſich bald, ihn

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Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/89>, abgerufen am 24.11.2024.