Schon in der ersten Hälfte des siebenzehnten Jahrhunderts, kaum hundert Jahre nach Albrecht Dürers Tod, war es sehr schwer, alle noch vor- handnen Blätter zusammen zu bringen, die er in Holz geschnitten, in Kupfer gestochen, einige sogar in Eisen geäzt, oder in Zinn mit der Nadel gerissen hatte, denn er versuchte sich gern und ohne zu ermü- den in Allem wodurch er seine Kunst zu vervoll- kommnen hoffte. Seiner damals noch vorhandnen Holzschnitte zählt Sandrart dreihundert und zwölfe, ohne Kaiser Maximilians große Ehrenpforte und die vier Triumphzüge zum Theurdank; von Kupferstichen gibt er einhundert und sechse als ihm bekannt an. Und wie viele Handzeichnungen bereichern nicht noch die Mappen der Kunstfreunde, wie viele Kruzifixe, Heiligen-Bilder und ähnliche Werke von Albrecht Dürer aus Holz und Elfenbein meisterhaft gebildet, werden nicht noch, gleich Heiligthümern, in und ausser Deutschland in reichen Sammlungen aufbe- wahrt! Seine, zum Theil großen, figurenreichen Gemälde sind noch der Stolz vieler Gallerien und Privat-Sammlungen, bei uns wie im Auslande;
Schon in der erſten Hälfte des ſiebenzehnten Jahrhunderts, kaum hundert Jahre nach Albrecht Dürers Tod, war es ſehr ſchwer, alle noch vor- handnen Blätter zuſammen zu bringen, die er in Holz geſchnitten, in Kupfer geſtochen, einige ſogar in Eiſen geäzt, oder in Zinn mit der Nadel geriſſen hatte, denn er verſuchte ſich gern und ohne zu ermü- den in Allem wodurch er ſeine Kunſt zu vervoll- kommnen hoffte. Seiner damals noch vorhandnen Holzſchnitte zählt Sandrart dreihundert und zwölfe, ohne Kaiſer Maximilians große Ehrenpforte und die vier Triumphzüge zum Theurdank; von Kupferſtichen gibt er einhundert und ſechſe als ihm bekannt an. Und wie viele Handzeichnungen bereichern nicht noch die Mappen der Kunſtfreunde, wie viele Kruzifixe, Heiligen-Bilder und ähnliche Werke von Albrecht Dürer aus Holz und Elfenbein meiſterhaft gebildet, werden nicht noch, gleich Heiligthümern, in und auſſer Deutſchland in reichen Sammlungen aufbe- wahrt! Seine, zum Theil großen, figurenreichen Gemälde ſind noch der Stolz vieler Gallerien und Privat-Sammlungen, bei uns wie im Auslande;
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Schon in der erſten Hälfte des ſiebenzehnten
Jahrhunderts, kaum hundert Jahre nach Albrecht
Dürers Tod, war es ſehr ſchwer, alle noch vor-
handnen Blätter zuſammen zu bringen, die er in
Holz geſchnitten, in Kupfer geſtochen, einige ſogar
in Eiſen geäzt, oder in Zinn mit der Nadel geriſſen
hatte, denn er verſuchte ſich gern und ohne zu ermü-
den in Allem wodurch er ſeine Kunſt zu vervoll-
kommnen hoffte. Seiner damals noch vorhandnen
Holzſchnitte zählt Sandrart dreihundert und zwölfe,
ohne Kaiſer Maximilians große Ehrenpforte und die
vier Triumphzüge zum Theurdank; von Kupferſtichen
gibt er einhundert und ſechſe als ihm bekannt an.
Und wie viele Handzeichnungen bereichern nicht noch
die Mappen der Kunſtfreunde, wie viele Kruzifixe,
Heiligen-Bilder und ähnliche Werke von Albrecht
Dürer aus Holz und Elfenbein meiſterhaft gebildet,
werden nicht noch, gleich Heiligthümern, in und
auſſer Deutſchland in reichen Sammlungen aufbe-
wahrt! Seine, zum Theil großen, figurenreichen
Gemälde ſind noch der Stolz vieler Gallerien und
Privat-Sammlungen, bei uns wie im Auslande;
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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/243>, abgerufen am 23.11.2024.
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