gestellt. Die Farben sind heiter, klar, kräftig, ohne eigentliche Harmonie, aber auch ohne Buntheit, durchaus dem Auge angenehm und gefällig.
Ein ganz goldner Grund, mit eingedruckten Heiligenscheinen um das Haupt, worin der Name des dargestellten Heiligen zu lesen, bezeichnet die Gemälde aus dieser Zeit. Oft ist die glänzende Metallfläche mit wunderlichen, tapetenartigen, ebenfalls durch Hülfe eines Stempels eingedrückten Blumen verziert; oft bildet sie, durch braune Umrisse und Schattirungen vergoldetes Schnitzwerk nach, kleine Kapellchen, oder Baldachine, unter welchen die Heiligenbilder in ruhiger Stellung einzeln stehen. An Perspektive dachte damals noch Niemand, und die zu Ende des Mittelalters auch in Deutschland der Malerei weit zuvoreilende Plastik scheint auf diese Gemälde nicht geringen Einfluß gehabt zu haben.
Doch weht ein heitrer stiller Geist über sie, ein unaussprechlich frommer Sinn und ein wahrhaft heiliger Gottesfrieden. Die Boissereesche Samm- lung bewahrt mehrere größere und kleinere Gemälde
geſtellt. Die Farben ſind heiter, klar, kräftig, ohne eigentliche Harmonie, aber auch ohne Buntheit, durchaus dem Auge angenehm und gefällig.
Ein ganz goldner Grund, mit eingedruckten Heiligenſcheinen um das Haupt, worin der Name des dargeſtellten Heiligen zu leſen, bezeichnet die Gemälde aus dieſer Zeit. Oft iſt die glänzende Metallfläche mit wunderlichen, tapetenartigen, ebenfalls durch Hülfe eines Stempels eingedrückten Blumen verziert; oft bildet ſie, durch braune Umriſſe und Schattirungen vergoldetes Schnitzwerk nach, kleine Kapellchen, oder Baldachine, unter welchen die Heiligenbilder in ruhiger Stellung einzeln ſtehen. An Perſpektive dachte damals noch Niemand, und die zu Ende des Mittelalters auch in Deutſchland der Malerei weit zuvoreilende Plaſtik ſcheint auf dieſe Gemälde nicht geringen Einfluß gehabt zu haben.
Doch weht ein heitrer ſtiller Geiſt über ſie, ein unausſprechlich frommer Sinn und ein wahrhaft heiliger Gottesfrieden. Die Boiſſeréeſche Samm- lung bewahrt mehrere größere und kleinere Gemälde
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geſtellt. Die Farben ſind heiter, klar, kräftig,
ohne eigentliche Harmonie, aber auch ohne Buntheit,
durchaus dem Auge angenehm und gefällig.
Ein ganz goldner Grund, mit eingedruckten
Heiligenſcheinen um das Haupt, worin der Name
des dargeſtellten Heiligen zu leſen, bezeichnet die
Gemälde aus dieſer Zeit. Oft iſt die glänzende
Metallfläche mit wunderlichen, tapetenartigen,
ebenfalls durch Hülfe eines Stempels eingedrückten
Blumen verziert; oft bildet ſie, durch braune
Umriſſe und Schattirungen vergoldetes Schnitzwerk
nach, kleine Kapellchen, oder Baldachine, unter
welchen die Heiligenbilder in ruhiger Stellung einzeln
ſtehen. An Perſpektive dachte damals noch Niemand,
und die zu Ende des Mittelalters auch in Deutſchland
der Malerei weit zuvoreilende Plaſtik ſcheint auf
dieſe Gemälde nicht geringen Einfluß gehabt zu
haben.
Doch weht ein heitrer ſtiller Geiſt über ſie,
ein unausſprechlich frommer Sinn und ein wahrhaft
heiliger Gottesfrieden. Die Boiſſeréeſche Samm-
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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/24>, abgerufen am 23.11.2024.
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