hatte Michael einen Sohn, Namens Raphael, den er für die Kunst bildete.
Dieser ward zwar ein ganz guter Maler, doch gewiß kein Raphael, wozu der Vater ihn doch in der Taufe bestimmt zu haben scheint. Wenige seiner Werke sind auf die Nachwelt gekommen, dennoch erhielt er späterhin eine Art von Berühmtheit durch seinen Schüler Caspar de Crayes, welcher zu An- fang des siebzehnten Jahrhunderts unter die damals vorzüglichsten in Flandern lebenden Maler gezählt ward.
Das erste Gemälde, wodurch Michael Coxcis nach seiner Rückkunft aus Jtalien sich berühmt machte, war ein großes Altarbild, ein gekreuzigter Christus, im Schloß Halsenberg, wenige Meilen von Brüssel, zu welchem alle Kunstverständige und Künstler aus Brüssel hinzogen, um es mit freudiger Bewunderung zu betrachten. Eine Darstellung des Todes der heiligen Jungfrau, auf dem Altar der Kirche St. Gallus in Brüssel, war ebenfalls ein herrliches allbewundertes Werk unsers Meisters, doch leider kam dieses, so wie auch das vorer-
hatte Michael einen Sohn, Namens Raphael, den er für die Kunſt bildete.
Dieſer ward zwar ein ganz guter Maler, doch gewiß kein Raphael, wozu der Vater ihn doch in der Taufe beſtimmt zu haben ſcheint. Wenige ſeiner Werke ſind auf die Nachwelt gekommen, dennoch erhielt er ſpäterhin eine Art von Berühmtheit durch ſeinen Schüler Caspar de Crayes, welcher zu An- fang des ſiebzehnten Jahrhunderts unter die damals vorzüglichſten in Flandern lebenden Maler gezählt ward.
Das erſte Gemälde, wodurch Michael Coxcis nach ſeiner Rückkunft aus Jtalien ſich berühmt machte, war ein großes Altarbild, ein gekreuzigter Chriſtus, im Schloß Halſenberg, wenige Meilen von Brüſſel, zu welchem alle Kunſtverſtändige und Künſtler aus Brüſſel hinzogen, um es mit freudiger Bewunderung zu betrachten. Eine Darſtellung des Todes der heiligen Jungfrau, auf dem Altar der Kirche St. Gallus in Brüſſel, war ebenfalls ein herrliches allbewundertes Werk unſers Meiſters, doch leider kam dieſes, ſo wie auch das vorer-
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hatte Michael einen Sohn, Namens Raphael,
den er für die Kunſt bildete.
Dieſer ward zwar ein ganz guter Maler, doch
gewiß kein Raphael, wozu der Vater ihn doch in der
Taufe beſtimmt zu haben ſcheint. Wenige ſeiner
Werke ſind auf die Nachwelt gekommen, dennoch
erhielt er ſpäterhin eine Art von Berühmtheit durch
ſeinen Schüler Caspar de Crayes, welcher zu An-
fang des ſiebzehnten Jahrhunderts unter die damals
vorzüglichſten in Flandern lebenden Maler gezählt
ward.
Das erſte Gemälde, wodurch Michael Coxcis
nach ſeiner Rückkunft aus Jtalien ſich berühmt
machte, war ein großes Altarbild, ein gekreuzigter
Chriſtus, im Schloß Halſenberg, wenige Meilen
von Brüſſel, zu welchem alle Kunſtverſtändige und
Künſtler aus Brüſſel hinzogen, um es mit freudiger
Bewunderung zu betrachten. Eine Darſtellung des
Todes der heiligen Jungfrau, auf dem Altar der
Kirche St. Gallus in Brüſſel, war ebenfalls ein
herrliches allbewundertes Werk unſers Meiſters,
doch leider kam dieſes, ſo wie auch das vorer-
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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/227>, abgerufen am 25.11.2024.
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