damalige Statthalter der Niederlande, Moritz von Nassau, sich bewogen fühlte, sie durch den in Delft wohnenden Maler, Hans Jordaen von Antwerpen, kopiren zu lassen.
Dieser Meister war damals hoch berühmt, nicht nur wegen seiner Kunst, sondern auch wegen seiner seltnen Fertigkeit und der wenigen Zeit, deren er zur Vollendung eines Gemäldes bedurfte. Jn Jtalien, wo er sich lange aufhielt, pflegten seine Kunstgenossen deshalb zu sagen: er schöpfe seine Figuren mit dem Löffel aus den Farbentöpfen heraus, und von diesem Scherz trug er auch später- hin in seiner Heimath den Namen Potlepel (Topf- löffel) davon.
Neben den Arbeiten für den Hof, schmückte Bernhard von Oelay auch viele Kirchen und öffent- liche Gebäude in den Niederlanden mit großen Ge- mälden von bedeutendem Werth. Eines der be- rühmtesten und schönsten derselben befand sich in der Kapelle der Allmosenpfleger zu Antwerpen; es stellte das jüngste Gericht vor. Die Tafel, auf welche er dieses Bild malte, ließ er vorher ganz übergol-
damalige Statthalter der Niederlande, Moritz von Naſſau, ſich bewogen fühlte, ſie durch den in Delft wohnenden Maler, Hans Jordaen von Antwerpen, kopiren zu laſſen.
Dieſer Meiſter war damals hoch berühmt, nicht nur wegen ſeiner Kunſt, ſondern auch wegen ſeiner ſeltnen Fertigkeit und der wenigen Zeit, deren er zur Vollendung eines Gemäldes bedurfte. Jn Jtalien, wo er ſich lange aufhielt, pflegten ſeine Kunſtgenoſſen deshalb zu ſagen: er ſchöpfe ſeine Figuren mit dem Löffel aus den Farbentöpfen heraus, und von dieſem Scherz trug er auch ſpäter- hin in ſeiner Heimath den Namen Potlepel (Topf- löffel) davon.
Neben den Arbeiten für den Hof, ſchmückte Bernhard von Oelay auch viele Kirchen und öffent- liche Gebäude in den Niederlanden mit großen Ge- mälden von bedeutendem Werth. Eines der be- rühmteſten und ſchönſten derſelben befand ſich in der Kapelle der Allmoſenpfleger zu Antwerpen; es ſtellte das jüngſte Gericht vor. Die Tafel, auf welche er dieſes Bild malte, ließ er vorher ganz übergol-
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[208/0220]
damalige Statthalter der Niederlande, Moritz von
Naſſau, ſich bewogen fühlte, ſie durch den in Delft
wohnenden Maler, Hans Jordaen von Antwerpen,
kopiren zu laſſen.
Dieſer Meiſter war damals hoch berühmt, nicht
nur wegen ſeiner Kunſt, ſondern auch wegen ſeiner
ſeltnen Fertigkeit und der wenigen Zeit, deren er
zur Vollendung eines Gemäldes bedurfte. Jn
Jtalien, wo er ſich lange aufhielt, pflegten ſeine
Kunſtgenoſſen deshalb zu ſagen: er ſchöpfe ſeine
Figuren mit dem Löffel aus den Farbentöpfen
heraus, und von dieſem Scherz trug er auch ſpäter-
hin in ſeiner Heimath den Namen Potlepel (Topf-
löffel) davon.
Neben den Arbeiten für den Hof, ſchmückte
Bernhard von Oelay auch viele Kirchen und öffent-
liche Gebäude in den Niederlanden mit großen Ge-
mälden von bedeutendem Werth. Eines der be-
rühmteſten und ſchönſten derſelben befand ſich in der
Kapelle der Allmoſenpfleger zu Antwerpen; es ſtellte
das jüngſte Gericht vor. Die Tafel, auf welche
er dieſes Bild malte, ließ er vorher ganz übergol-
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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/220>, abgerufen am 25.11.2024.
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