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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822.

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Es war eben um die lustige Fastnachtszeit, und
mancherlei Gebräuche und Lustbarkeiten waren in
jenen Tagen, besonders bei den unteren Ständen,
im Schwange, von denen unsre verfeinerte Sitte
nichts mehr weiß. So war es denn auch damals
in den niederländischen Städten Gebrauch, daß in
dieser Zeit allgemeiner Fröhlichkeit die Armen und
Schwachen, welche in den Hospitälern verpflegt
wurden, in den Straßen von Haus zu Haus zogen,
eine große aus Holz geschnitzte und mit bunten
Lappen behangene Puppe mit sich herumführten,
und den Kindern buntbemalte Bilderchen schenkten,
von deren Eltern sie dafür mit mancherlei Gaben
wieder erfreut wurden. Diese Bildchen, deren
man zur Vertheilung eine sehr große Anzahl be-
durfte, bestanden aus illuminirten Holzschnitten,
und glücklicher Weise kam endlich einer von Quyntins
Freunden auf den Einfall, ihm zum Anmalen dieser
Holzschnitte, als zu einem Erwerbszweige zu
rathen, dem auch wohl ein Kranker vorstehen könne.
Um zu begreifen, wie Quyntins Freund gerade auf
diesen, dem Handwerk des Hufschmieds so entgegen-


Es war eben um die luſtige Faſtnachtszeit, und
mancherlei Gebräuche und Luſtbarkeiten waren in
jenen Tagen, beſonders bei den unteren Ständen,
im Schwange, von denen unſre verfeinerte Sitte
nichts mehr weiß. So war es denn auch damals
in den niederländiſchen Städten Gebrauch, daß in
dieſer Zeit allgemeiner Fröhlichkeit die Armen und
Schwachen, welche in den Hoſpitälern verpflegt
wurden, in den Straßen von Haus zu Haus zogen,
eine große aus Holz geſchnitzte und mit bunten
Lappen behangene Puppe mit ſich herumführten,
und den Kindern buntbemalte Bilderchen ſchenkten,
von deren Eltern ſie dafür mit mancherlei Gaben
wieder erfreut wurden. Dieſe Bildchen, deren
man zur Vertheilung eine ſehr große Anzahl be-
durfte, beſtanden aus illuminirten Holzſchnitten,
und glücklicher Weiſe kam endlich einer von Quyntins
Freunden auf den Einfall, ihm zum Anmalen dieſer
Holzſchnitte, als zu einem Erwerbszweige zu
rathen, dem auch wohl ein Kranker vorſtehen könne.
Um zu begreifen, wie Quyntins Freund gerade auf
dieſen, dem Handwerk des Hufſchmieds ſo entgegen-

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[196/0208] Es war eben um die luſtige Faſtnachtszeit, und mancherlei Gebräuche und Luſtbarkeiten waren in jenen Tagen, beſonders bei den unteren Ständen, im Schwange, von denen unſre verfeinerte Sitte nichts mehr weiß. So war es denn auch damals in den niederländiſchen Städten Gebrauch, daß in dieſer Zeit allgemeiner Fröhlichkeit die Armen und Schwachen, welche in den Hoſpitälern verpflegt wurden, in den Straßen von Haus zu Haus zogen, eine große aus Holz geſchnitzte und mit bunten Lappen behangene Puppe mit ſich herumführten, und den Kindern buntbemalte Bilderchen ſchenkten, von deren Eltern ſie dafür mit mancherlei Gaben wieder erfreut wurden. Dieſe Bildchen, deren man zur Vertheilung eine ſehr große Anzahl be- durfte, beſtanden aus illuminirten Holzſchnitten, und glücklicher Weiſe kam endlich einer von Quyntins Freunden auf den Einfall, ihm zum Anmalen dieſer Holzſchnitte, als zu einem Erwerbszweige zu rathen, dem auch wohl ein Kranker vorſtehen könne. Um zu begreifen, wie Quyntins Freund gerade auf dieſen, dem Handwerk des Hufſchmieds ſo entgegen-

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Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/208>, abgerufen am 26.11.2024.