Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822.
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das ſammelnde Volk, wie man wohl ſonſt es auf
Darſtellungen dieſes Wunders zu ſehen gewohnt
iſt. Die Überzeugung, ſichtbar unter dem unmittel-
baren Schutz des Königs der Könige zu ſtehen, ver-
drängt für den Moment das Gefühl irdiſchen Be-
dürfens. Sehnen und Fürchten, Unmuth und Sorge
ſind verſchwunden und frommes Vertrauen erwärmt
jedes früher troſtlos verzweifelnde Herz. Darum
gleicht das Ganze eher einer religiöſen Feier als
dem Abhelfen einer drückenden Noth, denn der An-
blick des Wunders allein erhebt ſchon dieſe Menſchen
über ſich ſelbſt und über das Leben auf Erden. Flam-
mend bricht die Morgenröthe auf dieſer Tafel über
der glühend heißen Wüſte hervor, in einem, jeden
ſonſt nur denkbaren Farbeneffect übertreffenden
Glanz; und doch erbleicht dieſer Glanz vor dem
Gluten-Meer, aus welchem auf dieſem nämlichen
Bilde Jehova ſtralend vom Himmel auf ſein Volk
herabblickt. Der Effect des Lichts iſt blendend
im beſtimmteſten Sinne des Worts, und ich
zweifle ob je ein Maler etwas Ähnliches her-
vorbrachte. Der Hintergrund der ſüdlichen Land-
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