Köpfchen voll reicher Locken und dem lebendige[n] Ausdruck himmlischer Güte.
Jn der St. Salvaters-Kirche zu Brügge befin- det sich ein Gemälde Hemlings, dessen grausen- hafter Gegenstand mit den meisten seiner bekannten Werke, besonders mit dem oben beschriebnen, ge- waltsam kontrastirt. Gewiß war er nicht des Meisters freie Wahl, und die Art, wie er den widerwärtigen Stoff mildernd zu behandeln wußte, ist ein neuer Beweis der ihm inwohnenden Poesie, welche auch dem Empörendsten eine verschönerte Seite abzugewinnen wußte. Das Gemälde stellt die Marter des heiligen Hippolyt uns vor Augen. Zufolge der Legende war dieser Heilige ein römi- scher Krieger, der zur Zeit des Kaisers Valerian sich zum Christenthum bekehrte und von diesem furchtbaren Verfolger desselben verurtheilt ward, lebendig von Pferden zerrissen zu werden. Hemling hat zart und schonend nur die Vorbereitung zur Vollziehung dieses grausamen Urtheils gewählt, und diese bot ihm, abgesehen von dem Gedanken an den zunächstfolgenden Augenblick, eine Fülle schöner
Köpfchen voll reicher Locken und dem lebendige[n] Ausdruck himmliſcher Güte.
Jn der St. Salvaters-Kirche zu Brügge befin- det ſich ein Gemälde Hemlings, deſſen grauſen- hafter Gegenſtand mit den meiſten ſeiner bekannten Werke, beſonders mit dem oben beſchriebnen, ge- waltſam kontraſtirt. Gewiß war er nicht des Meiſters freie Wahl, und die Art, wie er den widerwärtigen Stoff mildernd zu behandeln wußte, iſt ein neuer Beweis der ihm inwohnenden Poeſie, welche auch dem Empörendſten eine verſchönerte Seite abzugewinnen wußte. Das Gemälde ſtellt die Marter des heiligen Hippolyt uns vor Augen. Zufolge der Legende war dieſer Heilige ein römi- ſcher Krieger, der zur Zeit des Kaiſers Valerian ſich zum Chriſtenthum bekehrte und von dieſem furchtbaren Verfolger deſſelben verurtheilt ward, lebendig von Pferden zerriſſen zu werden. Hemling hat zart und ſchonend nur die Vorbereitung zur Vollziehung dieſes grauſamen Urtheils gewählt, und dieſe bot ihm, abgeſehen von dem Gedanken an den zunächſtfolgenden Augenblick, eine Fülle ſchöner
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Köpfchen voll reicher Locken und dem lebendigen
Ausdruck himmliſcher Güte.
Jn der St. Salvaters-Kirche zu Brügge befin-
det ſich ein Gemälde Hemlings, deſſen grauſen-
hafter Gegenſtand mit den meiſten ſeiner bekannten
Werke, beſonders mit dem oben beſchriebnen, ge-
waltſam kontraſtirt. Gewiß war er nicht des
Meiſters freie Wahl, und die Art, wie er den
widerwärtigen Stoff mildernd zu behandeln wußte,
iſt ein neuer Beweis der ihm inwohnenden Poeſie,
welche auch dem Empörendſten eine verſchönerte
Seite abzugewinnen wußte. Das Gemälde ſtellt
die Marter des heiligen Hippolyt uns vor Augen.
Zufolge der Legende war dieſer Heilige ein römi-
ſcher Krieger, der zur Zeit des Kaiſers Valerian
ſich zum Chriſtenthum bekehrte und von dieſem
furchtbaren Verfolger deſſelben verurtheilt ward,
lebendig von Pferden zerriſſen zu werden. Hemling
hat zart und ſchonend nur die Vorbereitung zur
Vollziehung dieſes grauſamen Urtheils gewählt, und
dieſe bot ihm, abgeſehen von dem Gedanken an
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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/164>, abgerufen am 24.11.2024.
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