der den Bogen trägt, das schwarze Roß mit seinem Reiter, der die Waage in der Hand hält, der Ge- harnischte auf dem rothen Roß, und endlich das dem flammenden Rachen eines Meerungeheuers ent- sprungene fahle Roß, das den Tod in der abschrek- kendsten Gestalt auf seinem Rücken trägt, tosen hier wie fieberhafte Traumgestalten. Haltung und Gewand der kleinen Figürchen, besonders des Königs, sind bewundernswerth, die schönen, augen- scheinlich den korinthischen zu Venedig nachgebildeten Pferde athmen und leben. Die ganze wunderbare Komposition vernichtet durch ihre Vollkommenheit im Einzelnen jeden Tadel, der sich gegen das Ganze vielleicht mit Recht erheben könnte. Sankt Jakobs von Kompostella und des heiligen Antonius edle, ruhige Gestalten auf dem einen der zulezt sich an- schließenden Flügelbilder, so wie die schönen heiligen Frauen, Agnes und Klara, auf dem andern, reihen sich, gleichsam beruhigend, dem gewaltigen Leben auf den drei andern Tafeln an, die, mit diesen vereint, ein einziges großes Gemälde bilden. Der schöne kräftige Kopf des heiligen Antonius, die
der den Bogen trägt, das ſchwarze Roß mit ſeinem Reiter, der die Waage in der Hand hält, der Ge- harniſchte auf dem rothen Roß, und endlich das dem flammenden Rachen eines Meerungeheuers ent- ſprungene fahle Roß, das den Tod in der abſchrek- kendſten Geſtalt auf ſeinem Rücken trägt, toſen hier wie fieberhafte Traumgeſtalten. Haltung und Gewand der kleinen Figürchen, beſonders des Königs, ſind bewundernswerth, die ſchönen, augen- ſcheinlich den korinthiſchen zu Venedig nachgebildeten Pferde athmen und leben. Die ganze wunderbare Kompoſition vernichtet durch ihre Vollkommenheit im Einzelnen jeden Tadel, der ſich gegen das Ganze vielleicht mit Recht erheben könnte. Sankt Jakobs von Kompoſtella und des heiligen Antonius edle, ruhige Geſtalten auf dem einen der zulezt ſich an- ſchließenden Flügelbilder, ſo wie die ſchönen heiligen Frauen, Agnes und Klara, auf dem andern, reihen ſich, gleichſam beruhigend, dem gewaltigen Leben auf den drei andern Tafeln an, die, mit dieſen vereint, ein einziges großes Gemälde bilden. Der ſchöne kräftige Kopf des heiligen Antonius, die
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Reiter, der die Waage in der Hand hält, der Ge-
harniſchte auf dem rothen Roß, und endlich das
dem flammenden Rachen eines Meerungeheuers ent-
ſprungene fahle Roß, das den Tod in der abſchrek-
kendſten Geſtalt auf ſeinem Rücken trägt, toſen
hier wie fieberhafte Traumgeſtalten. Haltung und
Gewand der kleinen Figürchen, beſonders des
Königs, ſind bewundernswerth, die ſchönen, augen-
ſcheinlich den korinthiſchen zu Venedig nachgebildeten
Pferde athmen und leben. Die ganze wunderbare
Kompoſition vernichtet durch ihre Vollkommenheit
im Einzelnen jeden Tadel, der ſich gegen das Ganze
vielleicht mit Recht erheben könnte. Sankt Jakobs
von Kompoſtella und des heiligen Antonius edle,
ruhige Geſtalten auf dem einen der zulezt ſich an-
ſchließenden Flügelbilder, ſo wie die ſchönen heiligen
Frauen, Agnes und Klara, auf dem andern, reihen
ſich, gleichſam beruhigend, dem gewaltigen Leben
auf den drei andern Tafeln an, die, mit dieſen
vereint, ein einziges großes Gemälde bilden. Der
ſchöne kräftige Kopf des heiligen Antonius, die
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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/156>, abgerufen am 27.11.2024.
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