flügelten, Gestalten des Menschen, des Adlers, des Stiers und des Löwen, lauter mystische Gebilde der Apokalypse. Zwölf gekrönte Könige in weißen Gewändern bilden zu beiden Seiten des Thrones einen Halbkreis; die Gestalt des letzten unter ihnen sieht man nur durch die transparenten Farben des Regenbogens hindurchschimmern. Noch inner- halb des Kreises, doch am äußersten Rande, steht ein Engel vor Gott; ein zweiter, ausserhalb desselben, mit lang herabwallenden Locken, im reichen Meßgewande, opfert vor einem Altar, den Weihrauchkessel schwingend. Der himmlischen Er- scheinung zur Linken, näher dem Hauptgemälde zu, tritt nun die Landschaft wieder hervor. Man erblickt dort das Meer, von hohen Felsen umgeben, deren Bild, so wie der Himmel über dem Meere, aus der kristallhellen Fläche widerscheint. Er- schrockene Menschen flüchten hier ängstlich zu den Felsklüften, um sich vor den grausenhaften Wun- dern zu verbergen, die an diesen Ufern hausen, dem Tummelplaz der unerklärlichsten Gestalten der Apokalypse. Der Gekrönte auf dem weißen Roß,
flügelten, Geſtalten des Menſchen, des Adlers, des Stiers und des Löwen, lauter myſtiſche Gebilde der Apokalypſe. Zwölf gekrönte Könige in weißen Gewändern bilden zu beiden Seiten des Thrones einen Halbkreis; die Geſtalt des letzten unter ihnen ſieht man nur durch die transparenten Farben des Regenbogens hindurchſchimmern. Noch inner- halb des Kreiſes, doch am äußerſten Rande, ſteht ein Engel vor Gott; ein zweiter, auſſerhalb deſſelben, mit lang herabwallenden Locken, im reichen Meßgewande, opfert vor einem Altar, den Weihrauchkeſſel ſchwingend. Der himmliſchen Er- ſcheinung zur Linken, näher dem Hauptgemälde zu, tritt nun die Landſchaft wieder hervor. Man erblickt dort das Meer, von hohen Felſen umgeben, deren Bild, ſo wie der Himmel über dem Meere, aus der kriſtallhellen Fläche widerſcheint. Er- ſchrockene Menſchen flüchten hier ängſtlich zu den Felsklüften, um ſich vor den grauſenhaften Wun- dern zu verbergen, die an dieſen Ufern hauſen, dem Tummelplaz der unerklärlichſten Geſtalten der Apokalypſe. Der Gekrönte auf dem weißen Roß,
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flügelten, Geſtalten des Menſchen, des Adlers, des
Stiers und des Löwen, lauter myſtiſche Gebilde
der Apokalypſe. Zwölf gekrönte Könige in weißen
Gewändern bilden zu beiden Seiten des Thrones
einen Halbkreis; die Geſtalt des letzten unter ihnen
ſieht man nur durch die transparenten Farben
des Regenbogens hindurchſchimmern. Noch inner-
halb des Kreiſes, doch am äußerſten Rande,
ſteht ein Engel vor Gott; ein zweiter, auſſerhalb
deſſelben, mit lang herabwallenden Locken, im
reichen Meßgewande, opfert vor einem Altar, den
Weihrauchkeſſel ſchwingend. Der himmliſchen Er-
ſcheinung zur Linken, näher dem Hauptgemälde zu,
tritt nun die Landſchaft wieder hervor. Man
erblickt dort das Meer, von hohen Felſen umgeben,
deren Bild, ſo wie der Himmel über dem Meere,
aus der kriſtallhellen Fläche widerſcheint. Er-
ſchrockene Menſchen flüchten hier ängſtlich zu den
Felsklüften, um ſich vor den grauſenhaften Wun-
dern zu verbergen, die an dieſen Ufern hauſen,
dem Tummelplaz der unerklärlichſten Geſtalten der
Apokalypſe. Der Gekrönte auf dem weißen Roß,
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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/155>, abgerufen am 24.11.2024.
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