Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754.

Bild:
<< vorherige Seite
Sc
"Sem sprach; und scheuchte die Frauen in
tiefbesorgte Gedanken. Noah, 220 S.

Die Stimme muß eine rechte Scheuche seyn, die
dieses kann. Jn unserm Lande scheuchet man
nur Vögel;
in der Schweiz Frauen: länd-
lich, sittlich! aber in tiefbesorgte Gedanken,
in Gedanken, die sich etwas tief besorgen:

das ist artig; sehr artig! Ach wäre doch unser
Wörterbuch auch eine Scheuche! Dichter
wollten wir scheuchen, und heilige Männer
wegpreschen.
Jst das nicht hoch? Jst der Herr
Rath
nicht ein rechter scheuchender Popanz?
Man sehe nur, wie er die Frauen vor sich her
scheuchet.
Der große Mann! der Scheucher!

Schimmer

der Opfer: ist das nicht Feuer? Unmög-
lich kann sonst ein Böckelein, oder ein Ziegelein
schimmern.

"Da umgab ihn vom hohen Moria ein Schim-
mer der Opfer,

"Die den ewigen Vater noch itzt im Bilde ver-
söhnten. Offenb. St. Kl. 5 S.

D. i. Es rollte Feuer vom Moria und umgab
den Heyland. Stehet das in der Bibel? Nein!
aber in der Meßianischen stehet es, welche doch,
wie viele unserer heiligen Männer behaupten,
ordentlich eine Fortsetzung der alten h. Schrift
ist. Allein im Vertrauen! Sollte wohl diese
Fortsetzung nicht das Schicksal aller Fortsetzun-
gen
haben? Gemeiniglich taugen sie nicht viel.
Doch vieleicht redet eben derselbe h. Geist durch
St. Kl. der durch St. Matthäus und ü. gere-

det
Sc
“Sem ſprach; und ſcheuchte die Frauen in
tiefbeſorgte Gedanken. Noah, 220 S.

Die Stimme muß eine rechte Scheuche ſeyn, die
dieſes kann. Jn unſerm Lande ſcheuchet man
nur Voͤgel;
in der Schweiz Frauen: laͤnd-
lich, ſittlich! aber in tiefbeſorgte Gedanken,
in Gedanken, die ſich etwas tief beſorgen:

das iſt artig; ſehr artig! Ach waͤre doch unſer
Woͤrterbuch auch eine Scheuche! Dichter
wollten wir ſcheuchen, und heilige Maͤnner
wegpreſchen.
Jſt das nicht hoch? Jſt der Herr
Rath
nicht ein rechter ſcheuchender Popanz?
Man ſehe nur, wie er die Frauen vor ſich her
ſcheuchet.
Der große Mann! der Scheucher!

Schimmer

der Opfer: iſt das nicht Feuer? Unmoͤg-
lich kann ſonſt ein Boͤckelein, oder ein Ziegelein
ſchimmern.

“Da umgab ihn vom hohen Moria ein Schim-
mer der Opfer,

“Die den ewigen Vater noch itzt im Bilde ver-
ſoͤhnten. Offenb. St. Kl. 5 S.

D. i. Es rollte Feuer vom Moria und umgab
den Heyland. Stehet das in der Bibel? Nein!
aber in der Meßianiſchen ſtehet es, welche doch,
wie viele unſerer heiligen Maͤnner behaupten,
ordentlich eine Fortſetzung der alten h. Schrift
iſt. Allein im Vertrauen! Sollte wohl dieſe
Fortſetzung nicht das Schickſal aller Fortſetzun-
gen
haben? Gemeiniglich taugen ſie nicht viel.
Doch vieleicht redet eben derſelbe h. Geiſt durch
St. Kl. der durch St. Matthaͤus und uͤ. gere-

det
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0406" n="380"/>
            <fw place="top" type="header">Sc</fw><lb/>
            <cit>
              <quote>&#x201C;Sem &#x017F;prach; und <hi rendition="#fr">&#x017F;cheuchte die Frauen in<lb/><hi rendition="#et">tiefbe&#x017F;orgte Gedanken. Noah, 220 S.</hi></hi></quote>
              <bibl/>
            </cit><lb/>
            <p>Die <hi rendition="#fr">Stimme</hi> muß eine rechte <hi rendition="#fr">Scheuche</hi> &#x017F;eyn, die<lb/>
die&#x017F;es kann. Jn un&#x017F;erm Lande <hi rendition="#fr">&#x017F;cheuchet man<lb/>
nur Vo&#x0364;gel;</hi> in der <hi rendition="#fr">Schweiz Frauen:</hi> la&#x0364;nd-<lb/>
lich, &#x017F;ittlich! aber <hi rendition="#fr">in tiefbe&#x017F;orgte Gedanken,<lb/>
in Gedanken, die &#x017F;ich etwas tief be&#x017F;orgen:</hi><lb/>
das i&#x017F;t artig; &#x017F;ehr artig! Ach wa&#x0364;re doch un&#x017F;er<lb/><hi rendition="#fr">Wo&#x0364;rterbuch</hi> auch eine <hi rendition="#fr">Scheuche! Dichter</hi><lb/>
wollten wir <hi rendition="#fr">&#x017F;cheuchen,</hi> und <hi rendition="#fr">heilige Ma&#x0364;nner<lb/>
wegpre&#x017F;chen.</hi> J&#x017F;t das nicht <hi rendition="#fr">hoch?</hi> J&#x017F;t der <hi rendition="#fr">Herr<lb/>
Rath</hi> nicht ein rechter <hi rendition="#fr">&#x017F;cheuchender Popanz?</hi><lb/>
Man &#x017F;ehe nur, wie er die <hi rendition="#fr">Frauen vor &#x017F;ich her<lb/>
&#x017F;cheuchet.</hi> Der große Mann! der <hi rendition="#fr">Scheucher!</hi></p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>Schimmer</head>
            <p>der Opfer: i&#x017F;t das nicht <hi rendition="#fr">Feuer?</hi> Unmo&#x0364;g-<lb/>
lich kann &#x017F;on&#x017F;t ein <hi rendition="#fr">Bo&#x0364;ckelein,</hi> oder ein <hi rendition="#fr">Ziegelein<lb/>
&#x017F;chimmern.</hi></p><lb/>
            <cit>
              <quote>&#x201C;Da umgab ihn vom hohen Moria ein <hi rendition="#fr">Schim-<lb/><hi rendition="#et">mer der Opfer,</hi></hi><lb/>
&#x201C;Die den ewigen Vater noch itzt im Bilde ver-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;o&#x0364;hnten. <hi rendition="#fr">Offenb. St. Kl. 5 S.</hi></hi></quote>
              <bibl/>
            </cit><lb/>
            <p>D. i. Es <hi rendition="#fr">rollte Feuer</hi> vom <hi rendition="#fr">Moria</hi> und <hi rendition="#fr">umgab</hi><lb/>
den Heyland. <hi rendition="#fr">Stehet das in der Bibel?</hi> Nein!<lb/>
aber in der <hi rendition="#fr">Meßiani&#x017F;chen</hi> &#x017F;tehet es, welche doch,<lb/>
wie viele un&#x017F;erer <hi rendition="#fr">heiligen Ma&#x0364;nner</hi> behaupten,<lb/>
ordentlich <hi rendition="#fr">eine Fort&#x017F;etzung der alten h. Schrift</hi><lb/>
i&#x017F;t. Allein im Vertrauen! Sollte wohl die&#x017F;e<lb/><hi rendition="#fr">Fort&#x017F;etzung</hi> nicht das Schick&#x017F;al aller <hi rendition="#fr">Fort&#x017F;etzun-<lb/>
gen</hi> haben? Gemeiniglich taugen &#x017F;ie nicht viel.<lb/>
Doch vieleicht redet eben der&#x017F;elbe <hi rendition="#fr">h. Gei&#x017F;t</hi> durch<lb/><hi rendition="#fr">St. Kl.</hi> der durch <hi rendition="#fr">St. Mattha&#x0364;us</hi> und <hi rendition="#fr">u&#x0364;.</hi> gere-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">det</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[380/0406] Sc “Sem ſprach; und ſcheuchte die Frauen in tiefbeſorgte Gedanken. Noah, 220 S. Die Stimme muß eine rechte Scheuche ſeyn, die dieſes kann. Jn unſerm Lande ſcheuchet man nur Voͤgel; in der Schweiz Frauen: laͤnd- lich, ſittlich! aber in tiefbeſorgte Gedanken, in Gedanken, die ſich etwas tief beſorgen: das iſt artig; ſehr artig! Ach waͤre doch unſer Woͤrterbuch auch eine Scheuche! Dichter wollten wir ſcheuchen, und heilige Maͤnner wegpreſchen. Jſt das nicht hoch? Jſt der Herr Rath nicht ein rechter ſcheuchender Popanz? Man ſehe nur, wie er die Frauen vor ſich her ſcheuchet. Der große Mann! der Scheucher! Schimmer der Opfer: iſt das nicht Feuer? Unmoͤg- lich kann ſonſt ein Boͤckelein, oder ein Ziegelein ſchimmern. “Da umgab ihn vom hohen Moria ein Schim- mer der Opfer, “Die den ewigen Vater noch itzt im Bilde ver- ſoͤhnten. Offenb. St. Kl. 5 S. D. i. Es rollte Feuer vom Moria und umgab den Heyland. Stehet das in der Bibel? Nein! aber in der Meßianiſchen ſtehet es, welche doch, wie viele unſerer heiligen Maͤnner behaupten, ordentlich eine Fortſetzung der alten h. Schrift iſt. Allein im Vertrauen! Sollte wohl dieſe Fortſetzung nicht das Schickſal aller Fortſetzun- gen haben? Gemeiniglich taugen ſie nicht viel. Doch vieleicht redet eben derſelbe h. Geiſt durch St. Kl. der durch St. Matthaͤus und uͤ. gere- det

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/406
Zitationshilfe: Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/406>, abgerufen am 22.11.2024.