Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

Sc
Jüden an, das sich mit Riesen und Riesinnen
schloß. Unter andern sagte er zur Schönen: er
wolle ihre Euter bald melken und ihre Ritzen
besämen. Mathilde
klagte über Kopfschmer-
zen; Rustefeil über das Klingen der Ohren; und
die Schafe waren gar davon gelaufen: weil der
Sänger Donner und Wetter in sein Lied ge-
menget hatte. Mops bekam also eine Arbeit,
und zupfte ihn so lange an seinen Fellen, bis er
in die Gebirge entfloh, aus denen er gekommen
war. Vorher entriß man ihm den Schäferstab,
und gab ihm eine Peitsche, die schwerbeleibten Kü-
he
in seinem Vaterlande zu hüten, die er begie-
rigst melkete.

Der dritte, der sich heran wagte, trat ganz
tiefsinnig daher; er hatte solche weite Hosen,
Schweizerhosen,
an, daß füglich 3 Paar dar-
aus hätten können geschnitten werden. Er seuf-
zete, und sah nach seinem Vorgänger, der sein
Busemsfreund war. Endlich fing er mit un-
säglicher Mühe einen Gesang an, worinn man be-
merkte, daß er die Alpen für ein Arkadien aus-
gab. Man sagte es ihm: die Alpen wären nicht
Arkadien; er fing auch an, sich zu bequemen,
als ein Schwarm ihm zurief: er wäre vollkom-
men;
und so schrie, daß der Sänger vor vielem
Geschreye es endlich selber glaubte, und mit Ge-
walt nach dem Horne drang. Aber mit Gewalt
richtet man bey Schönen nichts aus; Rustefeil
stieß ihn vom Hügel, den er, als er ihn nicht
besitzen konnte, verachtete; er folgte seinem
Freunde.

Nun

Sc
Juͤden an, das ſich mit Rieſen und Rieſinnen
ſchloß. Unter andern ſagte er zur Schoͤnen: er
wolle ihre Euter bald melken und ihre Ritzen
beſaͤmen. Mathilde
klagte uͤber Kopfſchmer-
zen; Ruſtefeil uͤber das Klingen der Ohren; und
die Schafe waren gar davon gelaufen: weil der
Saͤnger Donner und Wetter in ſein Lied ge-
menget hatte. Mops bekam alſo eine Arbeit,
und zupfte ihn ſo lange an ſeinen Fellen, bis er
in die Gebirge entfloh, aus denen er gekommen
war. Vorher entriß man ihm den Schaͤferſtab,
und gab ihm eine Peitſche, die ſchwerbeleibten Kuͤ-
he
in ſeinem Vaterlande zu huͤten, die er begie-
rigſt melkete.

Der dritte, der ſich heran wagte, trat ganz
tiefſinnig daher; er hatte ſolche weite Hoſen,
Schweizerhoſen,
an, daß fuͤglich 3 Paar dar-
aus haͤtten koͤnnen geſchnitten werden. Er ſeuf-
zete, und ſah nach ſeinem Vorgaͤnger, der ſein
Buſemsfreund war. Endlich fing er mit un-
ſaͤglicher Muͤhe einen Geſang an, worinn man be-
merkte, daß er die Alpen fuͤr ein Arkadien aus-
gab. Man ſagte es ihm: die Alpen waͤren nicht
Arkadien; er fing auch an, ſich zu bequemen,
als ein Schwarm ihm zurief: er waͤre vollkom-
men;
und ſo ſchrie, daß der Saͤnger vor vielem
Geſchreye es endlich ſelber glaubte, und mit Ge-
walt nach dem Horne drang. Aber mit Gewalt
richtet man bey Schoͤnen nichts aus; Ruſtefeil
ſtieß ihn vom Huͤgel, den er, als er ihn nicht
beſitzen konnte, verachtete; er folgte ſeinem
Freunde.

Nun
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0398" n="372"/><fw place="top" type="header">Sc</fw><lb/><hi rendition="#fr">Ju&#x0364;den</hi> an, das &#x017F;ich mit <hi rendition="#fr">Rie&#x017F;en</hi> und <hi rendition="#fr">Rie&#x017F;innen</hi><lb/>
&#x017F;chloß. Unter andern &#x017F;agte er zur Scho&#x0364;nen: <hi rendition="#fr">er<lb/>
wolle ihre Euter bald melken und ihre Ritzen<lb/>
be&#x017F;a&#x0364;men. Mathilde</hi> klagte u&#x0364;ber Kopf&#x017F;chmer-<lb/>
zen; <hi rendition="#fr">Ru&#x017F;tefeil</hi> u&#x0364;ber das Klingen der Ohren; und<lb/>
die Schafe waren gar davon gelaufen: weil der<lb/><hi rendition="#fr">Sa&#x0364;nger Donner</hi> und <hi rendition="#fr">Wetter</hi> in &#x017F;ein Lied ge-<lb/>
menget hatte. <hi rendition="#fr">Mops</hi> bekam al&#x017F;o eine Arbeit,<lb/>
und zupfte ihn &#x017F;o lange an &#x017F;einen Fellen, bis er<lb/>
in die <hi rendition="#fr">Gebirge</hi> entfloh, aus denen er gekommen<lb/>
war. Vorher entriß man ihm den Scha&#x0364;fer&#x017F;tab,<lb/>
und gab ihm eine Peit&#x017F;che, die <hi rendition="#fr">&#x017F;chwerbeleibten Ku&#x0364;-<lb/>
he</hi> in &#x017F;einem Vaterlande zu hu&#x0364;ten, die er begie-<lb/>
rig&#x017F;t <hi rendition="#fr">melkete.</hi></p><lb/>
              <p>Der <hi rendition="#fr">dritte,</hi> der &#x017F;ich heran wagte, trat ganz<lb/>
tief&#x017F;innig daher; er hatte &#x017F;olche weite <hi rendition="#fr">Ho&#x017F;en,<lb/>
Schweizerho&#x017F;en,</hi> an, daß fu&#x0364;glich 3 <hi rendition="#fr">Paar</hi> dar-<lb/>
aus ha&#x0364;tten ko&#x0364;nnen ge&#x017F;chnitten werden. Er &#x017F;euf-<lb/>
zete, und &#x017F;ah nach &#x017F;einem Vorga&#x0364;nger, der &#x017F;ein<lb/><hi rendition="#fr">Bu&#x017F;emsfreund</hi> war. Endlich fing er mit un-<lb/>
&#x017F;a&#x0364;glicher Mu&#x0364;he einen Ge&#x017F;ang an, worinn man be-<lb/>
merkte, daß er die <hi rendition="#fr">Alpen</hi> fu&#x0364;r ein <hi rendition="#fr">Arkadien</hi> aus-<lb/>
gab. Man &#x017F;agte es ihm: die <hi rendition="#fr">Alpen</hi> wa&#x0364;ren nicht<lb/><hi rendition="#fr">Arkadien;</hi> er fing auch an, &#x017F;ich zu bequemen,<lb/>
als ein Schwarm ihm zurief: er wa&#x0364;re <hi rendition="#fr">vollkom-<lb/>
men;</hi> und &#x017F;o &#x017F;chrie, daß der Sa&#x0364;nger vor vielem<lb/>
Ge&#x017F;chreye es endlich &#x017F;elber glaubte, und mit Ge-<lb/>
walt nach dem <hi rendition="#fr">Horne</hi> drang. Aber mit Gewalt<lb/>
richtet man bey Scho&#x0364;nen nichts aus; <hi rendition="#fr">Ru&#x017F;tefeil</hi><lb/>
&#x017F;tieß ihn vom Hu&#x0364;gel, den er, als er ihn nicht<lb/>
be&#x017F;itzen konnte, verachtete; er folgte &#x017F;einem<lb/>
Freunde.</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Nun</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[372/0398] Sc Juͤden an, das ſich mit Rieſen und Rieſinnen ſchloß. Unter andern ſagte er zur Schoͤnen: er wolle ihre Euter bald melken und ihre Ritzen beſaͤmen. Mathilde klagte uͤber Kopfſchmer- zen; Ruſtefeil uͤber das Klingen der Ohren; und die Schafe waren gar davon gelaufen: weil der Saͤnger Donner und Wetter in ſein Lied ge- menget hatte. Mops bekam alſo eine Arbeit, und zupfte ihn ſo lange an ſeinen Fellen, bis er in die Gebirge entfloh, aus denen er gekommen war. Vorher entriß man ihm den Schaͤferſtab, und gab ihm eine Peitſche, die ſchwerbeleibten Kuͤ- he in ſeinem Vaterlande zu huͤten, die er begie- rigſt melkete. Der dritte, der ſich heran wagte, trat ganz tiefſinnig daher; er hatte ſolche weite Hoſen, Schweizerhoſen, an, daß fuͤglich 3 Paar dar- aus haͤtten koͤnnen geſchnitten werden. Er ſeuf- zete, und ſah nach ſeinem Vorgaͤnger, der ſein Buſemsfreund war. Endlich fing er mit un- ſaͤglicher Muͤhe einen Geſang an, worinn man be- merkte, daß er die Alpen fuͤr ein Arkadien aus- gab. Man ſagte es ihm: die Alpen waͤren nicht Arkadien; er fing auch an, ſich zu bequemen, als ein Schwarm ihm zurief: er waͤre vollkom- men; und ſo ſchrie, daß der Saͤnger vor vielem Geſchreye es endlich ſelber glaubte, und mit Ge- walt nach dem Horne drang. Aber mit Gewalt richtet man bey Schoͤnen nichts aus; Ruſtefeil ſtieß ihn vom Huͤgel, den er, als er ihn nicht beſitzen konnte, verachtete; er folgte ſeinem Freunde. Nun

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/398
Zitationshilfe: Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/398>, abgerufen am 25.11.2024.