"Jacob erwiedert: Ich redte mit dir nicht; so stehet im liede.
Jacob war listig! Jndem Rachel dieses zu ih- rem Lieblinge sang:
-- "der war das weißeste laemm- chen "Unter den bloekenden Heerden: Jac. u. Jos. 89 S.
So concertirten die blökenden Heerden. Jm Vertrauen! Singet nicht Jacob wie Bodmer? Wir haben letzthin ein altes Manuscript gefunden, welches vor vielen Jahrhunderten von einem ehr- lichen Mönche zun Zeiten der Kaiser aus dem Hause Staufen schien aufgesetzt zu seyn: Zei- ten, wo die Ehrlichkeit mehr, als ein falscher Witz, galt. Da es ja Sitte ist, die Mährchen der Al- ten, z. E. den Parcifall, zu übersetzen, oder ihnen die Accente unserer Leute zu leyhen: so wollen wir es auch wagen. Sollte man glauben: wir zielten auf gewisse noch lebende Vorbilder; so wer- den wir antworten: jenseit des Wassers woh- nen auch Leute. Und hat es vor diesem Men- schen gegeben: so kann es auch wohl eben und die- selbe Fehler gegeben haben.
Rustefeil.
Vor Zeiten, in den alten Jahren, als die Hun- nen noch nicht in Deutschland gefallen waren, wohnte ein Mann, mit Namen Rustefeil, in ei- nem Wäldchen; er stammte in gerader Linie von dem Rustefeile her, in dessen Hofe Reineke, der Fuchs, Braun, den Bären, so wohl mit Ho-
nigschei-
Sc
“Jacob erwiedert: Ich redte mit dir nicht; ſo ſtehet im liede.
Jacob war liſtig! Jndem Rachel dieſes zu ih- rem Lieblinge ſang:
— “der war das weißeſte læmm- chen “Unter den blœkenden Heerden: Jac. u. Joſ. 89 S.
So concertirten die bloͤkenden Heerden. Jm Vertrauen! Singet nicht Jacob wie Bodmer? Wir haben letzthin ein altes Manuſcript gefunden, welches vor vielen Jahrhunderten von einem ehr- lichen Moͤnche zun Zeiten der Kaiſer aus dem Hauſe Staufen ſchien aufgeſetzt zu ſeyn: Zei- ten, wo die Ehrlichkeit mehr, als ein falſcher Witz, galt. Da es ja Sitte iſt, die Maͤhrchen der Al- ten, z. E. den Parcifall, zu uͤberſetzen, oder ihnen die Accente unſerer Leute zu leyhen: ſo wollen wir es auch wagen. Sollte man glauben: wir zielten auf gewiſſe noch lebende Vorbilder; ſo wer- den wir antworten: jenſeit des Waſſers woh- nen auch Leute. Und hat es vor dieſem Men- ſchen gegeben: ſo kann es auch wohl eben und die- ſelbe Fehler gegeben haben.
Ruſtefeil.
Vor Zeiten, in den alten Jahren, als die Hun- nen noch nicht in Deutſchland gefallen waren, wohnte ein Mann, mit Namen Ruſtefeil, in ei- nem Waͤldchen; er ſtammte in gerader Linie von dem Ruſtefeile her, in deſſen Hofe Reineke, der Fuchs, Braun, den Baͤren, ſo wohl mit Ho-
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“Unter den blœkenden Heerden:
Jac. u. Joſ. 89 S.
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Vertrauen! Singet nicht Jacob wie Bodmer?
Wir haben letzthin ein altes Manuſcript gefunden,
welches vor vielen Jahrhunderten von einem ehr-
lichen Moͤnche zun Zeiten der Kaiſer aus dem
Hauſe Staufen ſchien aufgeſetzt zu ſeyn: Zei-
ten, wo die Ehrlichkeit mehr, als ein falſcher Witz,
galt. Da es ja Sitte iſt, die Maͤhrchen der Al-
ten, z. E. den Parcifall, zu uͤberſetzen, oder ihnen
die Accente unſerer Leute zu leyhen: ſo wollen
wir es auch wagen. Sollte man glauben: wir
zielten auf gewiſſe noch lebende Vorbilder; ſo wer-
den wir antworten: jenſeit des Waſſers woh-
nen auch Leute. Und hat es vor dieſem Men-
ſchen gegeben: ſo kann es auch wohl eben und die-
ſelbe Fehler gegeben haben.
Ruſtefeil.
Vor Zeiten, in den alten Jahren, als die Hun-
nen noch nicht in Deutſchland gefallen waren,
wohnte ein Mann, mit Namen Ruſtefeil, in ei-
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dem Ruſtefeile her, in deſſen Hofe Reineke, der
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Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/394>, abgerufen am 22.11.2024.
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