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Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754.

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Mo
"Sie sinds, bey dem man sich zum Manne
modeln muß,
"Steif, ehrbar, ordentlich, in seinem Thun
bedächtlich,
"Gewirbig; zum Gewinn ist ihm kein Weg
verächtlich. Haller, 92 S.

Worauf gehen denn alle diese schöne Beywörter?
Z. E. das Gewirbig? Sind die weiblichen Rei-
me
nicht schön? Wir sind barmherzig; wir wol-
len also ein Mittel angeben, sich zu einem Haller
zu modeln;
1. lerne man weder conjungiren,
noch decliniren: denn dieß Geheimniß gehöret al-
lein den gelehrten und fremden Sprachen; 2.
erlaube man sich alle nur mögliche Fügungen der
Wörter; 3. sey man durchaus nicht deutlich;
dieß überlasse den Prosaisten, Franzosen und
Gottscheden; 4. überlese man nie seine Arbeit,
aus Furcht, hernach Fehler zu finden, die man
erst für Schönheiten hielt; 5. nenne alle Ari-
starchen
Dummköpfe, wenn sie auch nur die
Schale, und nicht den Kern deiner Gedichte an-
packen; 6. schreibe nicht viel; und gieb deine Ar-
muth an Einfällen für eine Weisheit aus: so
wirst du Haller werden.

Mörderisch einen ansehen;

d. h. einen tödten
wollen.

-- -- "Bald werden die Menschen
"Mörderisch mich ansehn! --
Offenb. St. Klopst. 99 S.

Wenn also ein Mann seine Frau verliebt ansiehet:
so will er Kinder machen. Jener sagte: "Leute

"von
Mo
“Sie ſinds, bey dem man ſich zum Manne
modeln muß,
“Steif, ehrbar, ordentlich, in ſeinem Thun
bedaͤchtlich,
Gewirbig; zum Gewinn iſt ihm kein Weg
veraͤchtlich. Haller, 92 S.

Worauf gehen denn alle dieſe ſchoͤne Beywoͤrter?
Z. E. das Gewirbig? Sind die weiblichen Rei-
me
nicht ſchoͤn? Wir ſind barmherzig; wir wol-
len alſo ein Mittel angeben, ſich zu einem Haller
zu modeln;
1. lerne man weder conjungiren,
noch decliniren: denn dieß Geheimniß gehoͤret al-
lein den gelehrten und fremden Sprachen; 2.
erlaube man ſich alle nur moͤgliche Fuͤgungen der
Woͤrter; 3. ſey man durchaus nicht deutlich;
dieß uͤberlaſſe den Proſaiſten, Franzoſen und
Gottſcheden; 4. uͤberleſe man nie ſeine Arbeit,
aus Furcht, hernach Fehler zu finden, die man
erſt fuͤr Schoͤnheiten hielt; 5. nenne alle Ari-
ſtarchen
Dummkoͤpfe, wenn ſie auch nur die
Schale, und nicht den Kern deiner Gedichte an-
packen; 6. ſchreibe nicht viel; und gieb deine Ar-
muth an Einfaͤllen fuͤr eine Weisheit aus: ſo
wirſt du Haller werden.

Moͤrderiſch einen anſehen;

d. h. einen toͤdten
wollen.

— — “Bald werden die Menſchen
“Moͤrderiſch mich anſehn! —
Offenb. St. Klopſt. 99 S.

Wenn alſo ein Mann ſeine Frau verliebt anſiehet:
ſo will er Kinder machen. Jener ſagte: “Leute

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[303/0329] Mo “Sie ſinds, bey dem man ſich zum Manne modeln muß, “Steif, ehrbar, ordentlich, in ſeinem Thun bedaͤchtlich, “Gewirbig; zum Gewinn iſt ihm kein Weg veraͤchtlich. Haller, 92 S. Worauf gehen denn alle dieſe ſchoͤne Beywoͤrter? Z. E. das Gewirbig? Sind die weiblichen Rei- me nicht ſchoͤn? Wir ſind barmherzig; wir wol- len alſo ein Mittel angeben, ſich zu einem Haller zu modeln; 1. lerne man weder conjungiren, noch decliniren: denn dieß Geheimniß gehoͤret al- lein den gelehrten und fremden Sprachen; 2. erlaube man ſich alle nur moͤgliche Fuͤgungen der Woͤrter; 3. ſey man durchaus nicht deutlich; dieß uͤberlaſſe den Proſaiſten, Franzoſen und Gottſcheden; 4. uͤberleſe man nie ſeine Arbeit, aus Furcht, hernach Fehler zu finden, die man erſt fuͤr Schoͤnheiten hielt; 5. nenne alle Ari- ſtarchen Dummkoͤpfe, wenn ſie auch nur die Schale, und nicht den Kern deiner Gedichte an- packen; 6. ſchreibe nicht viel; und gieb deine Ar- muth an Einfaͤllen fuͤr eine Weisheit aus: ſo wirſt du Haller werden. Moͤrderiſch einen anſehen; d. h. einen toͤdten wollen. — — “Bald werden die Menſchen “Moͤrderiſch mich anſehn! — Offenb. St. Klopſt. 99 S. Wenn alſo ein Mann ſeine Frau verliebt anſiehet: ſo will er Kinder machen. Jener ſagte: “Leute “von

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Zitationshilfe: Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/329>, abgerufen am 22.11.2024.