Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754.Hi Pfiff: so müßten wir in unser Nichts, d. i. inunsere Kemnate, oder Cabinet zurückzittern. Da nun ein jedes Wesen seine Zernichtung scheuet: so wollen wir unsern Weihrauch diesen unsern Gottheiten mit geballten Fäusten ins Gesicht wer- fen, und so viel Dampf vor ihren Augen machen, daß sie so schwarz wie ein Jupiter auf einem Feuerheerde werden, uns aber nicht sehen sollen: jenen reimenden Meistern hingegen wollen wir Pfefferkörner, dann und wann, in solcher Menge zu fressen geben, daß sie ihre ganze Pimpla mit Schlamm und Koth, Froschleich und übrigem Un- rathe, ihren Durst zu löschen, aussaufen sollen. Wann sie dann Schneiden und Reissen in ihren Ein- geweiden empfinden, d. i. Dichterwehen fühlen werden: so soll unsere Feya ihr kupfernes Ge- fäß unterhalten, und den Göttertrank, der, mit prasselndem Geräusche, das Thor des Schlundes durchbrach, in kleinen Brantweingläserchen, ih- ren Verehrern, zur Frühlingscur, mildiglich rei- chen. Wohlan! hier sind Pfefferkörner!
Und
Hi Pfiff: ſo muͤßten wir in unſer Nichts, d. i. inunſere Kemnate, oder Cabinet zuruͤckzittern. Da nun ein jedes Weſen ſeine Zernichtung ſcheuet: ſo wollen wir unſern Weihrauch dieſen unſern Gottheiten mit geballten Faͤuſten ins Geſicht wer- fen, und ſo viel Dampf vor ihren Augen machen, daß ſie ſo ſchwarz wie ein Jupiter auf einem Feuerheerde werden, uns aber nicht ſehen ſollen: jenen reimenden Meiſtern hingegen wollen wir Pfefferkoͤrner, dann und wann, in ſolcher Menge zu freſſen geben, daß ſie ihre ganze Pimpla mit Schlamm und Koth, Froſchleich und uͤbrigem Un- rathe, ihren Durſt zu loͤſchen, ausſaufen ſollen. Wann ſie dann Schneiden und Reiſſen in ihren Ein- geweiden empfinden, d. i. Dichterwehen fuͤhlen werden: ſo ſoll unſere Feya ihr kupfernes Ge- faͤß unterhalten, und den Goͤttertrank, der, mit praſſelndem Geraͤuſche, das Thor des Schlundes durchbrach, in kleinen Brantweinglaͤſerchen, ih- ren Verehrern, zur Fruͤhlingscur, mildiglich rei- chen. Wohlan! hier ſind Pfefferkoͤrner!
Und
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Hi
Pfiff: ſo muͤßten wir in unſer Nichts, d. i. in
unſere Kemnate, oder Cabinet zuruͤckzittern.
Da nun ein jedes Weſen ſeine Zernichtung ſcheuet:
ſo wollen wir unſern Weihrauch dieſen unſern
Gottheiten mit geballten Faͤuſten ins Geſicht wer-
fen, und ſo viel Dampf vor ihren Augen machen,
daß ſie ſo ſchwarz wie ein Jupiter auf einem
Feuerheerde werden, uns aber nicht ſehen ſollen:
jenen reimenden Meiſtern hingegen wollen wir
Pfefferkoͤrner, dann und wann, in ſolcher Menge
zu freſſen geben, daß ſie ihre ganze Pimpla mit
Schlamm und Koth, Froſchleich und uͤbrigem Un-
rathe, ihren Durſt zu loͤſchen, ausſaufen ſollen.
Wann ſie dann Schneiden und Reiſſen in ihren Ein-
geweiden empfinden, d. i. Dichterwehen fuͤhlen
werden: ſo ſoll unſere Feya ihr kupfernes Ge-
faͤß unterhalten, und den Goͤttertrank, der, mit
praſſelndem Geraͤuſche, das Thor des Schlundes
durchbrach, in kleinen Brantweinglaͤſerchen, ih-
ren Verehrern, zur Fruͤhlingscur, mildiglich rei-
chen. Wohlan! hier ſind Pfefferkoͤrner!
Vergebens ruͤhmt ein Volk die Unſchuld ſeiner
Sitten;
Es iſt nur juͤnger ſchlimm, und minder weit
geſchritten.
Der Lappen ewig Eis, wo allzu tief geneigt
Die Sonne keinen Reiz zur Ueppigkeit er-
zeugt,
Schließt nicht die Laſter aus; ſie ſind, wie wir
hinlaͤßig,
Geil, eitel, geizig, traͤg, mißguͤnſtig und gehaͤßig:
Und
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Zitationshilfe: | Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/249>, abgerufen am 16.02.2025. |