Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754.

Bild:
<< vorherige Seite
Gr

Jch darf den Ausdruck nicht vertheidigen: ohne
Zweifel gefällt er.

Großhörnicht.

Mein Bewunderer! denn ich setze
zum voraus, daß alle meine Sammlung bewun-
dern; weil sie wirklich den Saamen, oder halle-
risch, die Saat
zu künftigen Epopöen in sich ent-
hält. Mein Bewunderer! also; weißt du wohl,
was ein großhörnichter Läufer ist? Kein Läufer,
der einen Pferdefuß hat! Auch kein Pferd, das
etwa einen Gänsehuf hat! Nein! keinesweges!
Was denn? Jch will dirs im Vertrauen sagen:
ein Hirsch, ein fahler Hirsch ist. Denn so tau-
fet ihn der unsterbliche Magister.

Nachdem ers ein wenig getummelt: (das Pferd)
sprengt er mit verhangenem Zügel
Den Frost durch, der vor ihm floh; um den
großhörnichten Läufer,
Den fahlen Hirsch,
zu verfolgen. Gefällte
strupfichte Stämme
Lagen im Wege; darüber wollte er setzen.
Aber es stolpert das Pferd; sein Reiter stürzt
weit hinüber. Nimrod, 16 S.

Hieß es da nicht recht nunc jacet in drecco, qui
modo Nimrod erat?
Schade, daß Vir-
gil
nicht auch erzählet, wie oft Aeneas auf der
Jagd gestürzet; noch niedlicher wäre es gewesen,
hätte er die schöne Dido stürzen, und uns dabey
eine schöne Hüfte, oder sonst ein niedliches Hinter-
theil sehen lassen. Was wäre das nicht für ein
Gegenstand für des Hn. M. Pinsel gewesen!
Was für Farben hätten wir da nicht gesehen! Daß

Nim-
Gr

Jch darf den Ausdruck nicht vertheidigen: ohne
Zweifel gefaͤllt er.

Großhoͤrnicht.

Mein Bewunderer! denn ich ſetze
zum voraus, daß alle meine Sammlung bewun-
dern; weil ſie wirklich den Saamen, oder halle-
riſch, die Saat
zu kuͤnftigen Epopoͤen in ſich ent-
haͤlt. Mein Bewunderer! alſo; weißt du wohl,
was ein großhoͤrnichter Laͤufer iſt? Kein Laͤufer,
der einen Pferdefuß hat! Auch kein Pferd, das
etwa einen Gaͤnſehuf hat! Nein! keinesweges!
Was denn? Jch will dirs im Vertrauen ſagen:
ein Hirſch, ein fahler Hirſch iſt. Denn ſo tau-
fet ihn der unſterbliche Magiſter.

Nachdem ers ein wenig getummelt: (das Pferd)
ſprengt er mit verhangenem Zuͤgel
Den Froſt durch, der vor ihm floh; um den
großhoͤrnichten Laͤufer,
Den fahlen Hirſch,
zu verfolgen. Gefaͤllte
ſtrupfichte Staͤmme
Lagen im Wege; daruͤber wollte er ſetzen.
Aber es ſtolpert das Pferd; ſein Reiter ſtuͤrzt
weit hinuͤber. Nimrod, 16 S.

Hieß es da nicht recht nunc jacet in drecco, qui
modo Nimrod erat?
Schade, daß Vir-
gil
nicht auch erzaͤhlet, wie oft Aeneas auf der
Jagd geſtuͤrzet; noch niedlicher waͤre es geweſen,
haͤtte er die ſchoͤne Dido ſtuͤrzen, und uns dabey
eine ſchoͤne Huͤfte, oder ſonſt ein niedliches Hinter-
theil ſehen laſſen. Was waͤre das nicht fuͤr ein
Gegenſtand fuͤr des Hn. M. Pinſel geweſen!
Was fuͤr Farben haͤtten wir da nicht geſehen! Daß

Nim-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0214" n="188"/>
            <fw place="top" type="header">Gr</fw><lb/>
            <p>Jch darf den Ausdruck nicht vertheidigen: ohne<lb/>
Zweifel gefa&#x0364;llt er.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>Großho&#x0364;rnicht.</head>
            <p>Mein Bewunderer! denn ich &#x017F;etze<lb/>
zum voraus, daß alle meine Sammlung bewun-<lb/>
dern; weil &#x017F;ie wirklich den Saamen, oder <hi rendition="#fr">halle-<lb/>
ri&#x017F;ch, die Saat</hi> zu ku&#x0364;nftigen Epopo&#x0364;en in &#x017F;ich ent-<lb/>
ha&#x0364;lt. Mein Bewunderer! al&#x017F;o; weißt du wohl,<lb/>
was ein <hi rendition="#fr">großho&#x0364;rnichter La&#x0364;ufer</hi> i&#x017F;t? Kein <hi rendition="#fr">La&#x0364;ufer,</hi><lb/>
der einen <hi rendition="#fr">Pferdefuß</hi> hat! Auch kein <hi rendition="#fr">Pferd,</hi> das<lb/>
etwa einen <hi rendition="#fr">Ga&#x0364;n&#x017F;ehuf</hi> hat! Nein! keinesweges!<lb/>
Was denn? Jch will dirs im Vertrauen &#x017F;agen:<lb/>
ein <hi rendition="#fr">Hir&#x017F;ch,</hi> ein <hi rendition="#fr">fahler Hir&#x017F;ch</hi> i&#x017F;t. Denn &#x017F;o tau-<lb/>
fet ihn der un&#x017F;terbliche <hi rendition="#fr">Magi&#x017F;ter.</hi></p><lb/>
            <cit>
              <quote>Nachdem ers ein wenig getummelt: (das Pferd)<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;prengt er mit verhangenem Zu&#x0364;gel</hi><lb/>
Den <hi rendition="#fr">Fro&#x017F;t</hi> durch, <hi rendition="#fr">der vor ihm floh;</hi> um <hi rendition="#fr">den<lb/><hi rendition="#et">großho&#x0364;rnichten La&#x0364;ufer,</hi><lb/>
Den fahlen Hir&#x017F;ch,</hi> zu verfolgen. Gefa&#x0364;llte<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;trupfichte Sta&#x0364;mme</hi><lb/>
Lagen im Wege; daru&#x0364;ber wollte er &#x017F;etzen.<lb/>
Aber es &#x017F;tolpert das Pferd; &#x017F;ein Reiter &#x017F;tu&#x0364;rzt<lb/><hi rendition="#et">weit hinu&#x0364;ber. <hi rendition="#fr">Nimrod, 16 S.</hi></hi></quote>
              <bibl/>
            </cit><lb/>
            <p>Hieß es da nicht recht <hi rendition="#aq">nunc jacet in <hi rendition="#i">drecco,</hi> qui<lb/>
modo <hi rendition="#g"><hi rendition="#k">Nimrod</hi></hi> erat?</hi> Schade, daß <hi rendition="#fr">Vir-<lb/>
gil</hi> nicht auch erza&#x0364;hlet, wie oft <hi rendition="#fr">Aeneas</hi> auf der<lb/>
Jagd ge&#x017F;tu&#x0364;rzet; noch niedlicher wa&#x0364;re es gewe&#x017F;en,<lb/>
ha&#x0364;tte er die <hi rendition="#fr">&#x017F;cho&#x0364;ne Dido</hi> &#x017F;tu&#x0364;rzen, und uns dabey<lb/>
eine &#x017F;cho&#x0364;ne Hu&#x0364;fte, oder &#x017F;on&#x017F;t ein niedliches Hinter-<lb/>
theil &#x017F;ehen la&#x017F;&#x017F;en. Was wa&#x0364;re das nicht fu&#x0364;r ein<lb/>
Gegen&#x017F;tand fu&#x0364;r des <hi rendition="#fr">Hn. M.</hi> Pin&#x017F;el gewe&#x017F;en!<lb/>
Was fu&#x0364;r Farben ha&#x0364;tten wir da nicht ge&#x017F;ehen! Daß<lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">Nim-</hi></fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[188/0214] Gr Jch darf den Ausdruck nicht vertheidigen: ohne Zweifel gefaͤllt er. Großhoͤrnicht. Mein Bewunderer! denn ich ſetze zum voraus, daß alle meine Sammlung bewun- dern; weil ſie wirklich den Saamen, oder halle- riſch, die Saat zu kuͤnftigen Epopoͤen in ſich ent- haͤlt. Mein Bewunderer! alſo; weißt du wohl, was ein großhoͤrnichter Laͤufer iſt? Kein Laͤufer, der einen Pferdefuß hat! Auch kein Pferd, das etwa einen Gaͤnſehuf hat! Nein! keinesweges! Was denn? Jch will dirs im Vertrauen ſagen: ein Hirſch, ein fahler Hirſch iſt. Denn ſo tau- fet ihn der unſterbliche Magiſter. Nachdem ers ein wenig getummelt: (das Pferd) ſprengt er mit verhangenem Zuͤgel Den Froſt durch, der vor ihm floh; um den großhoͤrnichten Laͤufer, Den fahlen Hirſch, zu verfolgen. Gefaͤllte ſtrupfichte Staͤmme Lagen im Wege; daruͤber wollte er ſetzen. Aber es ſtolpert das Pferd; ſein Reiter ſtuͤrzt weit hinuͤber. Nimrod, 16 S. Hieß es da nicht recht nunc jacet in drecco, qui modo Nimrod erat? Schade, daß Vir- gil nicht auch erzaͤhlet, wie oft Aeneas auf der Jagd geſtuͤrzet; noch niedlicher waͤre es geweſen, haͤtte er die ſchoͤne Dido ſtuͤrzen, und uns dabey eine ſchoͤne Huͤfte, oder ſonſt ein niedliches Hinter- theil ſehen laſſen. Was waͤre das nicht fuͤr ein Gegenſtand fuͤr des Hn. M. Pinſel geweſen! Was fuͤr Farben haͤtten wir da nicht geſehen! Daß Nim-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/214
Zitationshilfe: Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/214>, abgerufen am 21.11.2024.