Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754.

Bild:
<< vorherige Seite
Gr
Verse, die muß nicht ein jeder so leichtlich verste-
hen;
Sondern die Meynung derselben mit Angst-
schweiße errathen:
Welten, Begriffe, Jdeen und Abracadabra;
Dieß sind die alleine die Zeichen von einer erhabe-
nen Dichtkunst. Wurmsaamen.
Abracadabraist Bodmer ist ein großer Mann:
nur
Ferner auch fehlen ihm gänzlich die hörsamen
Ohren,

Daß er den Uebel- u. Wohlklang der Verse nicht
höret.
Er liegt beständig u. träumet von fremden Ge-
stalten,
Und Bildern, die er selbst erfindet, und selber be-
wundert. e. d.
Grenzen.

Die Juristen erklären dieses Wort am be-
sten. Jch zeige einen seltenen Gebrauch desselben
für die Theologen an. Herr Buttstett redet von
gewissen Leuten, die als Christen von der göttlichen
Vorsehung heydnische Begriffe hegen. Dieses
kurz, schön und deutlich zu geben, schreibt er:

Sie setzen die göttliche Vorsehung in die
Grenzen der Heyden.

Vernünft. Ged. 6ter Band, Bl. 10.

Man kann also von denenjenigen Leuten, welche
die Verdienstlichkeit der Werke behaupten wollten,
ebenfalls sagen:
Sie setzten die guten Werke in die Grenzen
der Papisten.

Jch
Gr
Verſe, die muß nicht ein jeder ſo leichtlich verſte-
hen;
Sondern die Meynung derſelben mit Angſt-
ſchweiße errathen:
Welten, Begriffe, Jdeen und Abracadabra;
Dieß ſind die alleine die Zeichen von einer erhabe-
nen Dichtkunſt. Wurmſaamen.
Abracadabraiſt Bodmer iſt ein großer Mann:
nur
Ferner auch fehlen ihm gaͤnzlich die hoͤrſamen
Ohren,

Daß er den Uebel- u. Wohlklang der Verſe nicht
hoͤret.
Er liegt beſtaͤndig u. traͤumet von fremden Ge-
ſtalten,
Und Bildern, die er ſelbſt erfindet, und ſelber be-
wundert. e. d.
Grenzen.

Die Juriſten erklaͤren dieſes Wort am be-
ſten. Jch zeige einen ſeltenen Gebrauch deſſelben
fuͤr die Theologen an. Herr Buttſtett redet von
gewiſſen Leuten, die als Chriſten von der goͤttlichen
Vorſehung heydniſche Begriffe hegen. Dieſes
kurz, ſchoͤn und deutlich zu geben, ſchreibt er:

Sie ſetzen die goͤttliche Vorſehung in die
Grenzen der Heyden.

Vernuͤnft. Ged. 6ter Band, Bl. 10.

Man kann alſo von denenjenigen Leuten, welche
die Verdienſtlichkeit der Werke behaupten wollten,
ebenfalls ſagen:
Sie ſetzten die guten Werke in die Grenzen
der Papiſten.

Jch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0213" n="187"/>
            <fw place="top" type="header">Gr</fw><lb/>
            <cit>
              <quote>Ver&#x017F;e, die muß nicht ein jeder &#x017F;o leichtlich ver&#x017F;te-<lb/><hi rendition="#et">hen;</hi><lb/>
Sondern die Meynung der&#x017F;elben mit Ang&#x017F;t-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chweiße errathen:</hi><lb/>
Welten, Begriffe, Jdeen und <hi rendition="#fr">Abracadabra;</hi><lb/>
Dieß &#x017F;ind die alleine die Zeichen von einer erhabe-<lb/><hi rendition="#et">nen Dichtkun&#x017F;t. <hi rendition="#fr">Wurm&#x017F;aamen.</hi></hi><lb/><hi rendition="#fr">Abracadabrai&#x017F;t Bodmer</hi> i&#x017F;t ein großer Mann:<lb/>
nur<lb/>
Ferner auch fehlen ihm ga&#x0364;nzlich die <hi rendition="#fr">ho&#x0364;r&#x017F;amen<lb/><hi rendition="#et">Ohren,</hi></hi><lb/>
Daß er den Uebel- u. Wohlklang der Ver&#x017F;e nicht<lb/><hi rendition="#et">ho&#x0364;ret.</hi><lb/>
Er liegt be&#x017F;ta&#x0364;ndig u. tra&#x0364;umet von fremden Ge-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;talten,</hi><lb/>
Und Bildern, die er &#x017F;elb&#x017F;t erfindet, und &#x017F;elber be-<lb/><hi rendition="#et">wundert. <hi rendition="#fr">e. d.</hi></hi></quote>
              <bibl/>
            </cit>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>Grenzen.</head>
            <p>Die Juri&#x017F;ten erkla&#x0364;ren die&#x017F;es Wort am be-<lb/>
&#x017F;ten. Jch zeige einen &#x017F;eltenen Gebrauch de&#x017F;&#x017F;elben<lb/>
fu&#x0364;r die Theologen an. <hi rendition="#fr">Herr Butt&#x017F;tett</hi> redet von<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;en Leuten, die als Chri&#x017F;ten von der go&#x0364;ttlichen<lb/>
Vor&#x017F;ehung heydni&#x017F;che Begriffe hegen. Die&#x017F;es<lb/>
kurz, &#x017F;cho&#x0364;n und deutlich zu geben, &#x017F;chreibt er:</p><lb/>
            <cit>
              <quote> <hi rendition="#fr">Sie &#x017F;etzen die go&#x0364;ttliche Vor&#x017F;ehung in die<lb/>
Grenzen der Heyden.</hi><lb/> <hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">Vernu&#x0364;nft. Ged.</hi> 6ter Band, Bl. 10.</hi> </quote>
              <bibl/>
            </cit><lb/>
            <p>Man kann al&#x017F;o von denenjenigen Leuten, welche<lb/>
die Verdien&#x017F;tlichkeit der Werke behaupten wollten,<lb/>
ebenfalls &#x017F;agen:<lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">Sie &#x017F;etzten die guten Werke in die Grenzen<lb/>
der Papi&#x017F;ten.</hi></hi></p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Jch</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[187/0213] Gr Verſe, die muß nicht ein jeder ſo leichtlich verſte- hen; Sondern die Meynung derſelben mit Angſt- ſchweiße errathen: Welten, Begriffe, Jdeen und Abracadabra; Dieß ſind die alleine die Zeichen von einer erhabe- nen Dichtkunſt. Wurmſaamen. Abracadabraiſt Bodmer iſt ein großer Mann: nur Ferner auch fehlen ihm gaͤnzlich die hoͤrſamen Ohren, Daß er den Uebel- u. Wohlklang der Verſe nicht hoͤret. Er liegt beſtaͤndig u. traͤumet von fremden Ge- ſtalten, Und Bildern, die er ſelbſt erfindet, und ſelber be- wundert. e. d. Grenzen. Die Juriſten erklaͤren dieſes Wort am be- ſten. Jch zeige einen ſeltenen Gebrauch deſſelben fuͤr die Theologen an. Herr Buttſtett redet von gewiſſen Leuten, die als Chriſten von der goͤttlichen Vorſehung heydniſche Begriffe hegen. Dieſes kurz, ſchoͤn und deutlich zu geben, ſchreibt er: Sie ſetzen die goͤttliche Vorſehung in die Grenzen der Heyden. Vernuͤnft. Ged. 6ter Band, Bl. 10. Man kann alſo von denenjenigen Leuten, welche die Verdienſtlichkeit der Werke behaupten wollten, ebenfalls ſagen: Sie ſetzten die guten Werke in die Grenzen der Papiſten. Jch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/213
Zitationshilfe: Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/213>, abgerufen am 22.11.2024.