lein am besten thut man, sie die unschuldige Kinderfigur, auch das Caninichen zu nennen. Einen vortrefflichen Gebrauch des Fürwortes Er haben wir in den Gedichten des unsterblichen Hallers zu bewundern. Es ist unsere Schuldig- keit, die Quelle zu krönen, aus der wir so vieles Dickes und Dünnes schöpfen.
Nie mit sich selbst vergnügt, sucht jeder aus- senher Die Ruh, die niemand ihm verschaffen kann, als er. 98 S.
Jn der Schweiz saget man a. St. sich ihm; und a. St. wir er. Jn Frankreich würden ihn alle Schüler auspfeifen: in Deutschland bewundern ihn Gelehrte. Ländlich, sittlich!
Erborne.
Wir haben bisher umsonst die Bedeutung dieses Beywortes gesuchet: würde der Gramma- tiker es sonst brauchen? Er weis nämlich oft das, was wir suchen, zu verstecken. Große Leute müssen sich nämlich nicht ganz, sondern nur halb ausschreiben. Wir müssen immer noch etwas für uns behalten; und uns freuen, wenn unsere Verehrer uns ersuchen müssen, ihnen den Sinn zu erklären. Z. E. Hier sind zwey alte Trödelweiber, die Schleyer verleihen; auch ei- ne Scheu, die mit Larven handelt.
Erlernte Ehrbarkeit leiht manchem ihren Schleyer, Wann andrer, die die Scheu mit keiner Larve deckt,
Er-
Er
lein am beſten thut man, ſie die unſchuldige Kinderfigur, auch das Caninichen zu nennen. Einen vortrefflichen Gebrauch des Fuͤrwortes Er haben wir in den Gedichten des unſterblichen Hallers zu bewundern. Es iſt unſere Schuldig- keit, die Quelle zu kroͤnen, aus der wir ſo vieles Dickes und Duͤnnes ſchoͤpfen.
Nie mit ſich ſelbſt vergnuͤgt, ſucht jeder auſ- ſenher Die Ruh, die niemand ihm verſchaffen kann, als er. 98 S.
Jn der Schweiz ſaget man a. St. ſich ihm; und a. St. wir er. Jn Frankreich wuͤrden ihn alle Schuͤler auspfeifen: in Deutſchland bewundern ihn Gelehrte. Laͤndlich, ſittlich!
Erborne.
Wir haben bisher umſonſt die Bedeutung dieſes Beywortes geſuchet: wuͤrde der Gramma- tiker es ſonſt brauchen? Er weis naͤmlich oft das, was wir ſuchen, zu verſtecken. Große Leute muͤſſen ſich naͤmlich nicht ganz, ſondern nur halb ausſchreiben. Wir muͤſſen immer noch etwas fuͤr uns behalten; und uns freuen, wenn unſere Verehrer uns erſuchen muͤſſen, ihnen den Sinn zu erklaͤren. Z. E. Hier ſind zwey alte Troͤdelweiber, die Schleyer verleihen; auch ei- ne Scheu, die mit Larven handelt.
Erlernte Ehrbarkeit leiht manchem ihren Schleyer, Wann andrer, die die Scheu mit keiner Larve deckt,
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Er
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haben wir in den Gedichten des unſterblichen
Hallers zu bewundern. Es iſt unſere Schuldig-
keit, die Quelle zu kroͤnen, aus der wir ſo vieles
Dickes und Duͤnnes ſchoͤpfen.
Nie mit ſich ſelbſt vergnuͤgt, ſucht jeder auſ-
ſenher
Die Ruh, die niemand ihm verſchaffen kann, als
er. 98 S.
Jn der Schweiz ſaget man a. St. ſich ihm; und
a. St. wir er. Jn Frankreich wuͤrden ihn alle
Schuͤler auspfeifen: in Deutſchland bewundern
ihn Gelehrte. Laͤndlich, ſittlich!
Erborne. Wir haben bisher umſonſt die Bedeutung
dieſes Beywortes geſuchet: wuͤrde der Gramma-
tiker es ſonſt brauchen? Er weis naͤmlich oft das,
was wir ſuchen, zu verſtecken. Große Leute
muͤſſen ſich naͤmlich nicht ganz, ſondern nur
halb ausſchreiben. Wir muͤſſen immer noch
etwas fuͤr uns behalten; und uns freuen, wenn
unſere Verehrer uns erſuchen muͤſſen, ihnen den
Sinn zu erklaͤren. Z. E. Hier ſind zwey alte
Troͤdelweiber, die Schleyer verleihen; auch ei-
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Wann andrer, die die Scheu mit keiner Larve
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Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/148>, abgerufen am 16.02.2025.
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