Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

En
Haller auf der 91 S. in Dero Ged. Arbeiten
darf er nicht: er würde sich entadeln, a. St. sei-
nen Adel beschimpfen.
So haben wir schon
oben entbauchte Hunde bewundert, und finden
eben itzund entbauchte Rippen; die Rippen
nämlich haben Bäuche. So stehet geschrieben:

Wir -- -- empfinden den mangel,
Der mit entbauchten Rippen u. hagerm ge-

sicht nach uns greifet. Jac. u. Jos. 13 S.

Jm Vorbeygehen loben wir auch die Verbindung
mit mit; denn man greifet nicht mehr mit Hän-
den. Weiter haben wir entfalten. So entfal-
tet
sich ein Mensch, wenn er die Falten seines Ge-
hirnes aus einander faltet, oder auf altdeutsch sich
entwickelt.
Daher kömmt das treffliche Wort
Entfaltung. Will man z. E. von einer jungen
Dirne sagen: sie sey in dem Frühlinge ihrer
Jahre,
oder, sie sey in ihrer ersten Blüthe; so
sage man: sie sey

Jn der ersten Entfaltung der sanftaufgehen-
den Blüthe. Noah, 44 S.

Erstlich denket man bey dieser Entfaltung an die
Falten, die sich entfalten sollen, und sich oft zu
früh entfalten; z. E. wenn eine Jungfer ein Kind
kriegt; zweytens suchet man die sanftaufgehende
Blüthe der Rose des Mägdchens;
und findet
sie - - ich weis nicht wo. Dieser Strom von
fruchtbaren Einfällen fliesset aus eben den Quellen,
die, wie wir oben beym Einflusse erwähneten, seit
viel tausend Jahren gequollen sind. Weiter
können wir sagen, entfesseln; ja Wellen ent-

fesseln;
H 3

En
Haller auf der 91 S. in Dero Ged. Arbeiten
darf er nicht: er wuͤrde ſich entadeln, a. St. ſei-
nen Adel beſchimpfen.
So haben wir ſchon
oben entbauchte Hunde bewundert, und finden
eben itzund entbauchte Rippen; die Rippen
naͤmlich haben Baͤuche. So ſtehet geſchrieben:

Wir — — empfinden den mangel,
Der mit entbauchten Rippen u. hagerm ge-

ſicht nach uns greifet. Jac. u. Joſ. 13 S.

Jm Vorbeygehen loben wir auch die Verbindung
mit mit; denn man greifet nicht mehr mit Haͤn-
den. Weiter haben wir entfalten. So entfal-
tet
ſich ein Menſch, wenn er die Falten ſeines Ge-
hirnes aus einander faltet, oder auf altdeutſch ſich
entwickelt.
Daher koͤmmt das treffliche Wort
Entfaltung. Will man z. E. von einer jungen
Dirne ſagen: ſie ſey in dem Fruͤhlinge ihrer
Jahre,
oder, ſie ſey in ihrer erſten Bluͤthe; ſo
ſage man: ſie ſey

Jn der erſten Entfaltung der ſanftaufgehen-
den Bluͤthe. Noah, 44 S.

Erſtlich denket man bey dieſer Entfaltung an die
Falten, die ſich entfalten ſollen, und ſich oft zu
fruͤh entfalten; z. E. wenn eine Jungfer ein Kind
kriegt; zweytens ſuchet man die ſanftaufgehende
Bluͤthe der Roſe des Maͤgdchens;
und findet
ſie - - ich weis nicht wo. Dieſer Strom von
fruchtbaren Einfaͤllen flieſſet aus eben den Quellen,
die, wie wir oben beym Einfluſſe erwaͤhneten, ſeit
viel tauſend Jahren gequollen ſind. Weiter
koͤnnen wir ſagen, entfeſſeln; ja Wellen ent-

feſſeln;
H 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0143" n="117"/><fw place="top" type="header">En</fw><lb/><hi rendition="#fr">Haller</hi> auf der 91 <hi rendition="#fr">S. in Dero Ged.</hi> Arbeiten<lb/>
darf er nicht: er wu&#x0364;rde &#x017F;ich <hi rendition="#fr">entadeln,</hi> a. St. <hi rendition="#fr">&#x017F;ei-<lb/>
nen Adel be&#x017F;chimpfen.</hi> So haben wir &#x017F;chon<lb/>
oben <hi rendition="#fr">entbauchte Hunde</hi> bewundert, und finden<lb/>
eben itzund <hi rendition="#fr">entbauchte Rippen;</hi> die <hi rendition="#fr">Rippen</hi><lb/>
na&#x0364;mlich haben <hi rendition="#fr">Ba&#x0364;uche.</hi> So &#x017F;tehet ge&#x017F;chrieben:</p><lb/>
            <cit>
              <quote> <hi rendition="#aq">Wir &#x2014; &#x2014; empfinden den mangel,<lb/>
Der <hi rendition="#i">mit entbauchten Rippen</hi> u. hagerm ge-</hi><lb/> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#aq">&#x017F;icht nach uns <hi rendition="#i">greifet.</hi></hi> <hi rendition="#fr">Jac. u. Jo&#x017F;. 13 S.</hi> </hi> </quote>
              <bibl/>
            </cit><lb/>
            <p>Jm Vorbeygehen loben wir auch die Verbindung<lb/>
mit <hi rendition="#fr">mit;</hi> denn man <hi rendition="#fr">greifet</hi> nicht mehr <hi rendition="#fr">mit</hi> Ha&#x0364;n-<lb/>
den. Weiter haben wir <hi rendition="#fr">entfalten.</hi> So <hi rendition="#fr">entfal-<lb/>
tet</hi> &#x017F;ich ein Men&#x017F;ch, wenn er die <hi rendition="#fr">Falten</hi> &#x017F;eines Ge-<lb/>
hirnes aus einander faltet, oder auf altdeut&#x017F;ch <hi rendition="#fr">&#x017F;ich<lb/>
entwickelt.</hi> Daher ko&#x0364;mmt das treffliche Wort<lb/><hi rendition="#fr">Entfaltung.</hi> Will man z. E. von einer jungen<lb/>
Dirne &#x017F;agen: <hi rendition="#fr">&#x017F;ie &#x017F;ey in dem Fru&#x0364;hlinge ihrer<lb/>
Jahre,</hi> oder, <hi rendition="#fr">&#x017F;ie &#x017F;ey in ihrer er&#x017F;ten Blu&#x0364;the;</hi> &#x017F;o<lb/>
&#x017F;age man: &#x017F;ie &#x017F;ey</p><lb/>
            <cit>
              <quote>Jn der er&#x017F;ten <hi rendition="#fr">Entfaltung der &#x017F;anftaufgehen-<lb/><hi rendition="#et">den Blu&#x0364;the. Noah, 44 S.</hi></hi></quote>
              <bibl/>
            </cit><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Er&#x017F;tlich</hi> denket man bey die&#x017F;er <hi rendition="#fr">Entfaltung</hi> an die<lb/><hi rendition="#fr">Falten,</hi> die &#x017F;ich <hi rendition="#fr">entfalten</hi> &#x017F;ollen, und &#x017F;ich oft zu<lb/>
fru&#x0364;h <hi rendition="#fr">entfalten;</hi> z. E. wenn eine Jungfer ein Kind<lb/>
kriegt; <hi rendition="#fr">zweytens</hi> &#x017F;uchet man die <hi rendition="#fr">&#x017F;anftaufgehende<lb/>
Blu&#x0364;the der Ro&#x017F;e des Ma&#x0364;gdchens;</hi> und findet<lb/>
&#x017F;ie - - ich weis nicht wo. Die&#x017F;er Strom von<lb/>
fruchtbaren Einfa&#x0364;llen flie&#x017F;&#x017F;et aus eben den Quellen,<lb/>
die, wie wir oben beym <hi rendition="#fr">Einflu&#x017F;&#x017F;e</hi> erwa&#x0364;hneten, &#x017F;eit<lb/>
viel tau&#x017F;end Jahren gequollen &#x017F;ind. Weiter<lb/>
ko&#x0364;nnen wir &#x017F;agen, <hi rendition="#fr">entfe&#x017F;&#x017F;eln;</hi> ja <hi rendition="#fr">Wellen ent-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H 3</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">fe&#x017F;&#x017F;eln;</hi></fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[117/0143] En Haller auf der 91 S. in Dero Ged. Arbeiten darf er nicht: er wuͤrde ſich entadeln, a. St. ſei- nen Adel beſchimpfen. So haben wir ſchon oben entbauchte Hunde bewundert, und finden eben itzund entbauchte Rippen; die Rippen naͤmlich haben Baͤuche. So ſtehet geſchrieben: Wir — — empfinden den mangel, Der mit entbauchten Rippen u. hagerm ge- ſicht nach uns greifet. Jac. u. Joſ. 13 S. Jm Vorbeygehen loben wir auch die Verbindung mit mit; denn man greifet nicht mehr mit Haͤn- den. Weiter haben wir entfalten. So entfal- tet ſich ein Menſch, wenn er die Falten ſeines Ge- hirnes aus einander faltet, oder auf altdeutſch ſich entwickelt. Daher koͤmmt das treffliche Wort Entfaltung. Will man z. E. von einer jungen Dirne ſagen: ſie ſey in dem Fruͤhlinge ihrer Jahre, oder, ſie ſey in ihrer erſten Bluͤthe; ſo ſage man: ſie ſey Jn der erſten Entfaltung der ſanftaufgehen- den Bluͤthe. Noah, 44 S. Erſtlich denket man bey dieſer Entfaltung an die Falten, die ſich entfalten ſollen, und ſich oft zu fruͤh entfalten; z. E. wenn eine Jungfer ein Kind kriegt; zweytens ſuchet man die ſanftaufgehende Bluͤthe der Roſe des Maͤgdchens; und findet ſie - - ich weis nicht wo. Dieſer Strom von fruchtbaren Einfaͤllen flieſſet aus eben den Quellen, die, wie wir oben beym Einfluſſe erwaͤhneten, ſeit viel tauſend Jahren gequollen ſind. Weiter koͤnnen wir ſagen, entfeſſeln; ja Wellen ent- feſſeln; H 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/143
Zitationshilfe: Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/143>, abgerufen am 21.11.2024.