ne wichtige Person ein Dichter ist. Red- ner, Theologen, Weltweise, Geschicht- schreiber, Rechtsgelehrte, Aerzte müssen vor der Tyrannin, der Sprache, zittern. Ja, alle, die vernünftig seyn wollen, er- kennen, und verehren sie. Aber wir nicht! Was gehet uns die gesunde Ver- nunft an? Vernünftig sind die Men- schen lange gewesen; aber so witzig, wie wir, noch nicht. Man kann leicht denken, daß ich mir bey dem Worte wir den Bart, wie ein polnischer Landboth, streiche; wenn er sein vetodonnert.* So sehr ich mich auch bemühe, mich in dieser Vorrede zu meinem Leser herab zu lassen: so siehet man wohl, daß mein Geist viel zu groß ist, als daß er seine Größe verbergen könne. Es gehet mir wie dem Cyrus, der auch un- tern Ochsenjungen seinen königlichen Geist verrieth. Allein was Cyrus? Das war kein Patriarch; ein Gleichniß von Zo-
phenat-
* Siehe alle heilige Dichter.
Vorrede.
ne wichtige Perſon ein Dichter iſt. Red- ner, Theologen, Weltweiſe, Geſchicht- ſchreiber, Rechtsgelehrte, Aerzte muͤſſen vor der Tyrannin, der Sprache, zittern. Ja, alle, die vernuͤnftig ſeyn wollen, er- kennen, und verehren ſie. Aber wir nicht! Was gehet uns die geſunde Ver- nunft an? Vernuͤnftig ſind die Men- ſchen lange geweſen; aber ſo witzig, wie wir, noch nicht. Man kann leicht denken, daß ich mir bey dem Worte wir den Bart, wie ein polniſcher Landboth, ſtreiche; wenn er ſein vetodonnert.* So ſehr ich mich auch bemuͤhe, mich in dieſer Vorrede zu meinem Leſer herab zu laſſen: ſo ſiehet man wohl, daß mein Geiſt viel zu groß iſt, als daß er ſeine Groͤße verbergen koͤnne. Es gehet mir wie dem Cyrus, der auch un- tern Ochſenjungen ſeinen koͤniglichen Geiſt verrieth. Allein was Cyrus? Das war kein Patriarch; ein Gleichniß von Zo-
phenat-
* Siehe alle heilige Dichter.
<TEI><text><front><divn="1"><p><pbfacs="#f0014"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/>
ne wichtige Perſon ein Dichter iſt. Red-<lb/>
ner, Theologen, Weltweiſe, Geſchicht-<lb/>ſchreiber, Rechtsgelehrte, Aerzte muͤſſen<lb/>
vor der Tyrannin, der Sprache, zittern.<lb/>
Ja, alle, die vernuͤnftig ſeyn wollen, er-<lb/>
kennen, und verehren ſie. <hirendition="#fr">Aber wir<lb/>
nicht!</hi> Was gehet uns die geſunde Ver-<lb/>
nunft an? <hirendition="#fr">Vernuͤnftig ſind die Men-<lb/>ſchen lange geweſen; aber ſo witzig, wie<lb/>
wir, noch nicht.</hi> Man kann leicht denken, daß<lb/>
ich mir bey dem Worte <hirendition="#fr">wir</hi> den Bart, wie<lb/>
ein <hirendition="#fr">polniſcher Landboth,</hi>ſtreiche; wenn<lb/>
er ſein <hirendition="#aq"><hirendition="#i">veto</hi></hi><hirendition="#fr">donnert.</hi><noteplace="foot"n="*">Siehe alle heilige Dichter.</note> So ſehr ich mich<lb/>
auch bemuͤhe, mich in dieſer Vorrede zu<lb/>
meinem Leſer herab zu laſſen: ſo ſiehet man<lb/>
wohl, daß mein Geiſt viel zu groß iſt, als<lb/>
daß er ſeine Groͤße verbergen koͤnne. Es<lb/>
gehet mir wie dem <hirendition="#fr">Cyrus,</hi> der auch un-<lb/>
tern Ochſenjungen ſeinen koͤniglichen Geiſt<lb/>
verrieth. Allein was <hirendition="#fr">Cyrus?</hi> Das war<lb/>
kein <hirendition="#fr">Patriarch;</hi> ein Gleichniß von <hirendition="#aq"><hirendition="#i">Zo-</hi></hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">phenat-</hi></hi></fw><lb/></p></div></front></text></TEI>
[0014]
Vorrede.
ne wichtige Perſon ein Dichter iſt. Red-
ner, Theologen, Weltweiſe, Geſchicht-
ſchreiber, Rechtsgelehrte, Aerzte muͤſſen
vor der Tyrannin, der Sprache, zittern.
Ja, alle, die vernuͤnftig ſeyn wollen, er-
kennen, und verehren ſie. Aber wir
nicht! Was gehet uns die geſunde Ver-
nunft an? Vernuͤnftig ſind die Men-
ſchen lange geweſen; aber ſo witzig, wie
wir, noch nicht. Man kann leicht denken, daß
ich mir bey dem Worte wir den Bart, wie
ein polniſcher Landboth, ſtreiche; wenn
er ſein veto donnert. * So ſehr ich mich
auch bemuͤhe, mich in dieſer Vorrede zu
meinem Leſer herab zu laſſen: ſo ſiehet man
wohl, daß mein Geiſt viel zu groß iſt, als
daß er ſeine Groͤße verbergen koͤnne. Es
gehet mir wie dem Cyrus, der auch un-
tern Ochſenjungen ſeinen koͤniglichen Geiſt
verrieth. Allein was Cyrus? Das war
kein Patriarch; ein Gleichniß von Zo-
phenat-
* Siehe alle heilige Dichter.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/14>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.