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Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754.

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Ei
Allemal, wenn der Vater der Menschen beliebet
den Einfluß
Auf das Hochzeitbett, u. den Tag der Empfäng-
niß zu schütten:
Fleußt der göttliche Seegen vom Vater zum
Sohne hernieder. Noah, 19 S.

Jst das nicht einmal deutlich von der Ehe geredet,
zumal von Fräulein Debora? Diese Schreib-
art der juckenden Begierde,
wie sie Antilon-
gin
nennet, ist der vornehmste Theil der Mode-
schreibart;
eine Schreibart, die seit einiger Zeit
sehr in Ansehen gekommen ist, weil sich Dichter vom
ersten Range derselben bedienet haben. Die Mu-
sen haben ja auch Fleisch und Blut: sollen sie denn
nicht manchmal den Bademüttern ins Handwerk
fallen? Diese Schreibart bestehet ganz und gar
nicht aus Metaphoren, sondern wirklichen Schilde-
reyen, die von den beyden fruchtbarsten Quellen
hergenommen werden, welche das wahrhafte Tie-
fe
des menschlichen Leibes sind, nämlich von -
und von - Hiatus magnus lacrimabilis - aus
saftigen Anspielungen, säuischen Bildern, Fratzen
Bodmers, Klopstocks, Wielands, Nau-
manns,
welches alles aus besagten Quellen herge-
leitet ist. Diese Brunnen des Witzes sind uner-
schöpflich; und so lange das menschliche Geschlecht
witzig gewesen, hat es die beliebtesten Züge des Wi-
tzes daher geholet. Jch hoffe auch, daß sie so
bald nicht versiegen werden.

Einschnitt.

Dieses Ragout, oder dieser Ein-
schnitt
ist ein gelenker Einschnitt, nicht von Käl-

berfüßen,
Ei
Allemal, wenn der Vater der Menſchen beliebet
den Einfluß
Auf das Hochzeitbett, u. den Tag der Empfaͤng-
niß zu ſchuͤtten:
Fleußt der goͤttliche Seegen vom Vater zum
Sohne hernieder. Noah, 19 S.

Jſt das nicht einmal deutlich von der Ehe geredet,
zumal von Fraͤulein Debora? Dieſe Schreib-
art der juckenden Begierde,
wie ſie Antilon-
gin
nennet, iſt der vornehmſte Theil der Mode-
ſchreibart;
eine Schreibart, die ſeit einiger Zeit
ſehr in Anſehen gekommen iſt, weil ſich Dichter vom
erſten Range derſelben bedienet haben. Die Mu-
ſen haben ja auch Fleiſch und Blut: ſollen ſie denn
nicht manchmal den Bademuͤttern ins Handwerk
fallen? Dieſe Schreibart beſtehet ganz und gar
nicht aus Metaphoren, ſondern wirklichen Schilde-
reyen, die von den beyden fruchtbarſten Quellen
hergenommen werden, welche das wahrhafte Tie-
fe
des menſchlichen Leibes ſind, naͤmlich von -
und von - Hiatus magnus lacrimabilis - aus
ſaftigen Anſpielungen, ſaͤuiſchen Bildern, Fratzen
Bodmers, Klopſtocks, Wielands, Nau-
manns,
welches alles aus beſagten Quellen herge-
leitet iſt. Dieſe Brunnen des Witzes ſind uner-
ſchoͤpflich; und ſo lange das menſchliche Geſchlecht
witzig geweſen, hat es die beliebteſten Zuͤge des Wi-
tzes daher geholet. Jch hoffe auch, daß ſie ſo
bald nicht verſiegen werden.

Einſchnitt.

Dieſes Ragout, oder dieſer Ein-
ſchnitt
iſt ein gelenker Einſchnitt, nicht von Kaͤl-

berfuͤßen,
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[109/0135] Ei Allemal, wenn der Vater der Menſchen beliebet den Einfluß Auf das Hochzeitbett, u. den Tag der Empfaͤng- niß zu ſchuͤtten: Fleußt der goͤttliche Seegen vom Vater zum Sohne hernieder. Noah, 19 S. Jſt das nicht einmal deutlich von der Ehe geredet, zumal von Fraͤulein Debora? Dieſe Schreib- art der juckenden Begierde, wie ſie Antilon- gin nennet, iſt der vornehmſte Theil der Mode- ſchreibart; eine Schreibart, die ſeit einiger Zeit ſehr in Anſehen gekommen iſt, weil ſich Dichter vom erſten Range derſelben bedienet haben. Die Mu- ſen haben ja auch Fleiſch und Blut: ſollen ſie denn nicht manchmal den Bademuͤttern ins Handwerk fallen? Dieſe Schreibart beſtehet ganz und gar nicht aus Metaphoren, ſondern wirklichen Schilde- reyen, die von den beyden fruchtbarſten Quellen hergenommen werden, welche das wahrhafte Tie- fe des menſchlichen Leibes ſind, naͤmlich von - und von - Hiatus magnus lacrimabilis - aus ſaftigen Anſpielungen, ſaͤuiſchen Bildern, Fratzen Bodmers, Klopſtocks, Wielands, Nau- manns, welches alles aus beſagten Quellen herge- leitet iſt. Dieſe Brunnen des Witzes ſind uner- ſchoͤpflich; und ſo lange das menſchliche Geſchlecht witzig geweſen, hat es die beliebteſten Zuͤge des Wi- tzes daher geholet. Jch hoffe auch, daß ſie ſo bald nicht verſiegen werden. Einſchnitt. Dieſes Ragout, oder dieſer Ein- ſchnitt iſt ein gelenker Einſchnitt, nicht von Kaͤl- berfuͤßen,

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Zitationshilfe: Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/135>, abgerufen am 24.11.2024.