"der erhabenen Poesie, oder des bathos, in "gewissen Fällen."
Da sieht man den klaren Kern, und die Herren Prosaisten werden allein die Erlaubniß haben, vernünftig zu seyn. Hr. M. Naumann hat also Recht, wie ein Pegnitz- schäfer zu sagen, 17 S. s. Nimr.
Dort ruderten quakende Enten mit bläu- lichtgrünlichen Flügeln; Hier plauderten hinkende Gänse; hochherzig- gekrönete Pfauen, Der blutrothbebärtete Truthahn irreten auf dem Gefilde; Der sichelkrumgeschwänzete Hahn rufte den sperbrichten Weibern etc.
Sind das nicht recht hochherzige, blutrothbe- bärtete, sichelkrummgeschwänzete, sperberichte Verse? Lohenstein würde sein ganzes Zucker- werk darum geben, wenn zu seinen Zeiten ein Sa- muel Patzke gelebt hätte.
Borgelicht.
Jst das nicht ein geborgtes Licht? würde ein Spötter fragen. Allein der Spötter muß bedenken, daß der Mond wirklich sein Licht von der Sonne borget; es ist aber ungewiß, wann er es ihr wiedergiebt. Brennet also ein Licht auf meinem Tische: so heißt der Schein an der Wand davon das Borgelicht; denn in der That borget es die Mauer: sie giebt es aber eben so wenig wie- der, als der Mond.
Das Borgelicht des hornichten Monden, der die weit gereisete Stralen,
Wie
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Br Bo
“der erhabenen Poeſie, oder des βαϑος, in “gewiſſen Faͤllen.”
Da ſieht man den klaren Kern, und die Herren Proſaiſten werden allein die Erlaubniß haben, vernuͤnftig zu ſeyn. Hr. M. Naumann hat alſo Recht, wie ein Pegnitz- ſchaͤfer zu ſagen, 17 S. ſ. Nimr.
Dort ruderten quakende Enten mit blaͤu- lichtgruͤnlichen Fluͤgeln; Hier plauderten hinkende Gaͤnſe; hochherzig- gekroͤnete Pfauen, Der blutrothbebaͤrtete Truthahn irreten auf dem Gefilde; Der ſichelkrumgeſchwaͤnzete Hahn rufte den ſperbrichten Weibern ꝛc.
Sind das nicht recht hochherzige, blutrothbe- baͤrtete, ſichelkrummgeſchwaͤnzete, ſperberichte Verſe? Lohenſtein wuͤrde ſein ganzes Zucker- werk darum geben, wenn zu ſeinen Zeiten ein Sa- muel Patzke gelebt haͤtte.
Borgelicht.
Jſt das nicht ein geborgtes Licht? wuͤrde ein Spoͤtter fragen. Allein der Spoͤtter muß bedenken, daß der Mond wirklich ſein Licht von der Sonne borget; es iſt aber ungewiß, wann er es ihr wiedergiebt. Brennet alſo ein Licht auf meinem Tiſche: ſo heißt der Schein an der Wand davon das Borgelicht; denn in der That borget es die Mauer: ſie giebt es aber eben ſo wenig wie- der, als der Mond.
Das Borgelicht des hornichten Monden, der die weit gereiſete Stralen,
Wie
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Br Bo
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Kern, und die Herren Proſaiſten werden allein
die Erlaubniß haben, vernuͤnftig zu ſeyn. Hr.
M. Naumann hat alſo Recht, wie ein Pegnitz-
ſchaͤfer zu ſagen, 17 S. ſ. Nimr.
Dort ruderten quakende Enten mit blaͤu-
lichtgruͤnlichen Fluͤgeln;
Hier plauderten hinkende Gaͤnſe; hochherzig-
gekroͤnete Pfauen,
Der blutrothbebaͤrtete Truthahn irreten auf
dem Gefilde;
Der ſichelkrumgeſchwaͤnzete Hahn rufte den
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Sind das nicht recht hochherzige, blutrothbe-
baͤrtete, ſichelkrummgeſchwaͤnzete, ſperberichte
Verſe? Lohenſtein wuͤrde ſein ganzes Zucker-
werk darum geben, wenn zu ſeinen Zeiten ein Sa-
muel Patzke gelebt haͤtte.
Borgelicht. Jſt das nicht ein geborgtes Licht?
wuͤrde ein Spoͤtter fragen. Allein der Spoͤtter
muß bedenken, daß der Mond wirklich ſein Licht
von der Sonne borget; es iſt aber ungewiß, wann
er es ihr wiedergiebt. Brennet alſo ein Licht auf
meinem Tiſche: ſo heißt der Schein an der Wand
davon das Borgelicht; denn in der That borget
es die Mauer: ſie giebt es aber eben ſo wenig wie-
der, als der Mond.
Das Borgelicht des hornichten Monden, der
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Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/109>, abgerufen am 23.11.2024.
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