Schnitzler, Arthur: Liebelei. Berlin, 1896. Theodor (wehrt ab, zögernd). Nein ... Christine. Warum denn nein? -- Das können Sie mir doch nicht verweigern? -- Seh'n werd' ich ihn doch noch einmal dürfen --? Theodor. Es ist zu spät. Christine. Zu spät? -- Seine Leiche zu sehn ... ist es zu spät? Ja ... ja -- (sie begreift nicht). Theodor Heut früh hat man ihn begraben. Christine (mit dem höchsten Ausdrucke des Entsetzens). Begraben... Und ich hab's nicht gewußt? Erschossen haben sie ihn ... und in den Sarg haben sie ihn gelegt und hinausgetragen haben sie ihn und in die Erde haben sie ihn eingegraben -- und ich hab ihn nicht noch einmal sehen dürfen? -- Zwei Tage lang ist er todt -- und Sie sind nicht gekommen und haben mir's gesagt --? Theodor (sehr bewegt). Ich hab' in diesen zwei Tagen ... Sie können nicht ahnen, was alles in diesen zwei Theodor (wehrt ab, zögernd). Nein … Chriſtine. Warum denn nein? — Das können Sie mir doch nicht verweigern? — Seh’n werd’ ich ihn doch noch einmal dürfen —? Theodor. Es iſt zu ſpät. Chriſtine. Zu ſpät? — Seine Leiche zu ſehn … iſt es zu ſpät? Ja … ja — (ſie begreift nicht). Theodor Heut früh hat man ihn begraben. Chriſtine (mit dem höchſten Ausdrucke des Entſetzens). Begraben… Und ich hab’s nicht gewußt? Erſchoſſen haben ſie ihn … und in den Sarg haben ſie ihn gelegt und hinausgetragen haben ſie ihn und in die Erde haben ſie ihn eingegraben — und ich hab ihn nicht noch einmal ſehen dürfen? — Zwei Tage lang iſt er todt — und Sie ſind nicht gekommen und haben mir’s geſagt —? Theodor (ſehr bewegt). Ich hab’ in dieſen zwei Tagen … Sie können nicht ahnen, was alles in dieſen zwei <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0144" n="138"/> <sp who="#THE"> <speaker> <hi rendition="#g">Theodor</hi> </speaker><lb/> <stage>(wehrt ab, zögernd).</stage> <p>Nein …</p> </sp><lb/> <sp who="#CHR"> <speaker><hi rendition="#g">Chriſtine</hi>.</speaker><lb/> <p>Warum denn nein? — Das können Sie mir<lb/> doch nicht verweigern? — Seh’n werd’ ich ihn doch<lb/> noch einmal dürfen —?</p> </sp><lb/> <sp who="#THE"> <speaker><hi rendition="#g">Theodor</hi>.</speaker><lb/> <p>Es iſt zu ſpät.</p> </sp><lb/> <sp who="#CHR"> <speaker><hi rendition="#g">Chriſtine</hi>.</speaker><lb/> <p>Zu ſpät? — Seine Leiche zu ſehn … iſt es<lb/> zu ſpät? Ja … ja —</p> <stage>(ſie begreift nicht).</stage> </sp><lb/> <sp who="#THE"> <speaker> <hi rendition="#g">Theodor</hi> </speaker><lb/> <p>Heut früh hat man ihn begraben.</p> </sp><lb/> <sp who="#CHR"> <speaker> <hi rendition="#g">Chriſtine</hi> </speaker><lb/> <stage>(mit dem höchſten Ausdrucke des Entſetzens).</stage> <p>Begraben…<lb/> Und ich hab’s nicht gewußt? Erſchoſſen haben ſie<lb/> ihn … und in den Sarg haben ſie ihn gelegt und<lb/> hinausgetragen haben ſie ihn und in die Erde haben<lb/> ſie ihn eingegraben — und ich hab ihn nicht noch<lb/> einmal ſehen dürfen? — Zwei Tage lang iſt er todt<lb/> — und Sie ſind nicht gekommen und haben mir’s<lb/> geſagt —?</p> </sp><lb/> <sp who="#THE"> <speaker> <hi rendition="#g">Theodor</hi> </speaker><lb/> <stage>(ſehr bewegt).</stage> <p>Ich hab’ in dieſen zwei Tagen …<lb/> Sie können nicht ahnen, was alles in dieſen zwei<lb/></p> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [138/0144]
Theodor
(wehrt ab, zögernd). Nein …
Chriſtine.
Warum denn nein? — Das können Sie mir
doch nicht verweigern? — Seh’n werd’ ich ihn doch
noch einmal dürfen —?
Theodor.
Es iſt zu ſpät.
Chriſtine.
Zu ſpät? — Seine Leiche zu ſehn … iſt es
zu ſpät? Ja … ja — (ſie begreift nicht).
Theodor
Heut früh hat man ihn begraben.
Chriſtine
(mit dem höchſten Ausdrucke des Entſetzens). Begraben…
Und ich hab’s nicht gewußt? Erſchoſſen haben ſie
ihn … und in den Sarg haben ſie ihn gelegt und
hinausgetragen haben ſie ihn und in die Erde haben
ſie ihn eingegraben — und ich hab ihn nicht noch
einmal ſehen dürfen? — Zwei Tage lang iſt er todt
— und Sie ſind nicht gekommen und haben mir’s
geſagt —?
Theodor
(ſehr bewegt). Ich hab’ in dieſen zwei Tagen …
Sie können nicht ahnen, was alles in dieſen zwei
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Zitationshilfe: | Schnitzler, Arthur: Liebelei. Berlin, 1896, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnitzler_liebelei_1896/144>, abgerufen am 16.07.2024. |