Schnitzler, Arthur: Anatol. Berlin, 1893. Emilie. -- Und wirst mich ruhig anhören? Anatol ... Ja! ... Aber sprich' endlich ... Emilie ... Dieser Rubin ... er stammt aus einem Medaillon ... er ist ... herausgefallen ... Anatol. Von wem war dieses Medaillon --? Emilie. Daran liegt es nicht ... Ich hatte es nur an einem ... bestimmten Tage um -- an einer einfachen Kette ... um den Hals. Anatol. Von wem Du es hattest --? Emilie. Das ist gleichgültig ... ich glaube, von meiner Mutter ... Siehst Du, wenn ich nun so elend wäre, als Du glaubst, so könnte ich Dir sagen: darum, weil es von meiner Mutter stammt, hab' ich es aufbewahrt -- und Du würdest mir glauben ... Ich habe aber diesen Rubin auf- bewahrt, weil er ... an einem Tage aus meinem Medaillon fiel, dessen Erinnerung ... mir theuer ist ... Anatol ... Weiter! Emilie. Ach, es wird mir so leicht, wenn ich Dir's erzählen darf. -- Sag', würdest Du mich nicht auslachen, wenn ich eifersüchtig wäre auf Deine erste Liebe? Anatol. Was soll das? Emilie. Und doch, die Erinnerung daran ist etwas Süßes, einer von den Schmerzen, die uns zu liebkosen scheinen ... Und dann ... für mich ist der Tag von Bedeutung, an welchem ich das Gefühl kennen lernte, welches mich -- Dir verbindet. Oh, man muß lieben gelernt haben, um zu lieben, wie ich Dich liebe! ... Hätten wir uns Beide zu einer Zeit gefunden, wo uns die Liebe etwas Emilie. — Und wirſt mich ruhig anhören? Anatol … Ja! … Aber ſprich’ endlich … Emilie … Dieſer Rubin … er ſtammt aus einem Medaillon … er iſt … herausgefallen … Anatol. Von wem war dieſes Medaillon —? Emilie. Daran liegt es nicht … Ich hatte es nur an einem … beſtimmten Tage um — an einer einfachen Kette … um den Hals. Anatol. Von wem Du es hatteſt —? Emilie. Das iſt gleichgültig … ich glaube, von meiner Mutter … Siehſt Du, wenn ich nun ſo elend wäre, als Du glaubſt, ſo könnte ich Dir ſagen: darum, weil es von meiner Mutter ſtammt, hab’ ich es aufbewahrt — und Du würdeſt mir glauben … Ich habe aber dieſen Rubin auf- bewahrt, weil er … an einem Tage aus meinem Medaillon fiel, deſſen Erinnerung … mir theuer iſt … Anatol … Weiter! Emilie. Ach, es wird mir ſo leicht, wenn ich Dir’s erzählen darf. — Sag’, würdeſt Du mich nicht auslachen, wenn ich eiferſüchtig wäre auf Deine erſte Liebe? Anatol. Was ſoll das? Emilie. Und doch, die Erinnerung daran iſt etwas Süßes, einer von den Schmerzen, die uns zu liebkoſen ſcheinen … Und dann … für mich iſt der Tag von Bedeutung, an welchem ich das Gefühl kennen lernte, welches mich — Dir verbindet. Oh, man muß lieben gelernt haben, um zu lieben, wie ich Dich liebe! … Hätten wir uns Beide zu einer Zeit gefunden, wo uns die Liebe etwas <TEI> <text> <body> <div type="act" n="1"> <div type="scene" n="2"> <pb facs="#f0080" n="70"/> <sp who="#EMI"> <speaker> <hi rendition="#b">Emilie.</hi> </speaker> <p>— Und wirſt mich ruhig anhören?</p> </sp><lb/> <sp who="#ANA"> <speaker> <hi rendition="#b">Anatol</hi> </speaker> <p>… Ja! … Aber ſprich’ endlich …</p> </sp><lb/> <sp who="#EMI"> <speaker> <hi rendition="#b">Emilie</hi> </speaker> <p>… Dieſer Rubin … er ſtammt aus einem<lb/> Medaillon … er iſt … herausgefallen …</p> </sp><lb/> <sp who="#ANA"> <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker> <p>Von wem war dieſes Medaillon —?</p> </sp><lb/> <sp who="#EMI"> <speaker> <hi rendition="#b">Emilie.</hi> </speaker> <p>Daran liegt es nicht … Ich hatte es nur an<lb/> einem … beſtimmten Tage um — an einer einfachen<lb/> Kette … um den Hals.</p> </sp><lb/> <sp who="#ANA"> <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker> <p>Von wem Du es hatteſt —?</p> </sp><lb/> <sp who="#EMI"> <speaker> <hi rendition="#b">Emilie.</hi> </speaker> <p>Das iſt gleichgültig … ich glaube, von meiner<lb/> Mutter … Siehſt Du, wenn ich nun ſo elend wäre, als<lb/> Du glaubſt, ſo könnte ich Dir ſagen: darum, weil es von<lb/> meiner Mutter ſtammt, hab’ ich es aufbewahrt — und Du<lb/> würdeſt mir glauben … Ich habe aber dieſen Rubin auf-<lb/> bewahrt, weil er … an einem Tage aus meinem Medaillon<lb/> fiel, deſſen Erinnerung … mir theuer iſt …</p> </sp><lb/> <sp who="#ANA"> <speaker> <hi rendition="#b">Anatol</hi> </speaker> <p>… Weiter!</p> </sp><lb/> <sp who="#EMI"> <speaker> <hi rendition="#b">Emilie.</hi> </speaker> <p>Ach, es wird mir ſo leicht, wenn ich Dir’s<lb/> erzählen darf. — Sag’, würdeſt Du mich nicht auslachen,<lb/> wenn ich eiferſüchtig wäre auf Deine erſte Liebe?</p> </sp><lb/> <sp who="#ANA"> <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker> <p>Was ſoll das?</p> </sp><lb/> <sp who="#EMI"> <speaker> <hi rendition="#b">Emilie.</hi> </speaker> <p>Und doch, die Erinnerung daran iſt etwas<lb/> Süßes, einer von den Schmerzen, die uns zu liebkoſen<lb/> ſcheinen … Und dann … für mich iſt der Tag von<lb/> Bedeutung, an welchem ich das Gefühl kennen lernte, welches<lb/> mich — Dir verbindet. 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Anatol. Von wem war dieſes Medaillon —?
Emilie. Daran liegt es nicht … Ich hatte es nur an
einem … beſtimmten Tage um — an einer einfachen
Kette … um den Hals.
Anatol. Von wem Du es hatteſt —?
Emilie. Das iſt gleichgültig … ich glaube, von meiner
Mutter … Siehſt Du, wenn ich nun ſo elend wäre, als
Du glaubſt, ſo könnte ich Dir ſagen: darum, weil es von
meiner Mutter ſtammt, hab’ ich es aufbewahrt — und Du
würdeſt mir glauben … Ich habe aber dieſen Rubin auf-
bewahrt, weil er … an einem Tage aus meinem Medaillon
fiel, deſſen Erinnerung … mir theuer iſt …
Anatol … Weiter!
Emilie. Ach, es wird mir ſo leicht, wenn ich Dir’s
erzählen darf. — Sag’, würdeſt Du mich nicht auslachen,
wenn ich eiferſüchtig wäre auf Deine erſte Liebe?
Anatol. Was ſoll das?
Emilie. Und doch, die Erinnerung daran iſt etwas
Süßes, einer von den Schmerzen, die uns zu liebkoſen
ſcheinen … Und dann … für mich iſt der Tag von
Bedeutung, an welchem ich das Gefühl kennen lernte, welches
mich — Dir verbindet. Oh, man muß lieben gelernt
haben, um zu lieben, wie ich Dich liebe! … Hätten wir
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Zitationshilfe: | Schnitzler, Arthur: Anatol. Berlin, 1893, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnitzler_anatol_1893/80>, abgerufen am 27.07.2024. |