Schnitzler, Arthur: Anatol. Berlin, 1893. Max. Ich höre eine weibliche Stimme und urtheile: Du fängst früh an, Deine Frau zu betrügen! Anatol. Setze Dich nieder und höre mich an, Du wirst gleich anders reden. Max. Niemals. Ich bin gewiß kein Tugendspiegel; aber so was ..! Anatol. Du willst mich nicht anhören? Max. Erzähle! Aber rasch; ich bin zu Deiner Trauung eingeladen. (Beide sitzen). Anatol (traurig). Ach ja! Max (ungeduldig). Also. Anatol. Also ... Also gestern war Polterabend bei meinen zukünftigen Schwiegereltern. Max. Weiß ich; war dort! Anatol. Ja richtig, Du warst dort. Es waren über- haupt eine Menge Leute dort! Man war sehr aufgeräumt, trank Champagner, sprach Toaste... Max. Ich auch .. auf Dein Glück! Anatol. Ja, Du auch .. auf mein Glück! (Drückt ihm die Hand). Ich danke Dir. Max. Thatest Du bereits gestern. Anatol Man war also sehr lustig bis Mitternacht... Max. Ist mir bekannt. Anatol. Einen Augenblick kam es mir vor, als wäre ich glücklich. Max Nach dem vierten Glas Champagner. Anatol (traurig). Nein -- erst nach dem sechsten .. es ist traurig, und ich kann es kaum begreifen. Max. Ich höre eine weibliche Stimme und urtheile: Du fängſt früh an, Deine Frau zu betrügen! Anatol. Setze Dich nieder und höre mich an, Du wirſt gleich anders reden. Max. Niemals. Ich bin gewiß kein Tugendſpiegel; aber ſo was ..! Anatol. Du willſt mich nicht anhören? Max. Erzähle! Aber raſch; ich bin zu Deiner Trauung eingeladen. (Beide ſitzen). Anatol (traurig). Ach ja! Max (ungeduldig). Alſo. Anatol. Alſo … Alſo geſtern war Polterabend bei meinen zukünftigen Schwiegereltern. Max. Weiß ich; war dort! Anatol. Ja richtig, Du warſt dort. Es waren über- haupt eine Menge Leute dort! Man war ſehr aufgeräumt, trank Champagner, ſprach Toaſte… Max. Ich auch .. auf Dein Glück! Anatol. Ja, Du auch .. auf mein Glück! (Drückt ihm die Hand). Ich danke Dir. Max. Thateſt Du bereits geſtern. Anatol Man war alſo ſehr luſtig bis Mitternacht… Max. Iſt mir bekannt. Anatol. Einen Augenblick kam es mir vor, als wäre ich glücklich. Max Nach dem vierten Glas Champagner. Anatol (traurig). Nein — erſt nach dem ſechſten .. es iſt traurig, und ich kann es kaum begreifen. <TEI> <text> <body> <div type="act" n="1"> <div type="scene" n="2"> <pb facs="#f0128" n="118"/> <sp who="#MAX"> <speaker> <hi rendition="#b">Max.</hi> </speaker> <p>Ich höre eine weibliche Stimme und urtheile:<lb/> Du fängſt früh an, Deine Frau zu betrügen!</p> </sp><lb/> <sp who="#ANA"> <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker> <p>Setze Dich nieder und höre mich an, Du wirſt<lb/> gleich anders reden.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAX"> <speaker> <hi rendition="#b">Max.</hi> </speaker> <p>Niemals. Ich bin gewiß kein Tugendſpiegel;<lb/> aber ſo was ..!</p> </sp><lb/> <sp who="#ANA"> <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker> <p>Du willſt mich nicht anhören?</p> </sp><lb/> <sp who="#MAX"> <speaker> <hi rendition="#b">Max.</hi> </speaker> <p>Erzähle! Aber raſch; ich bin zu Deiner Trauung<lb/> eingeladen.<stage>(Beide ſitzen).</stage></p> </sp><lb/> <sp who="#ANA"> <speaker> <hi rendition="#b">Anatol</hi> </speaker> <stage>(traurig).</stage> <p>Ach ja!</p> </sp><lb/> <sp who="#MAX"> <speaker> <hi rendition="#b">Max</hi> </speaker> <stage>(ungeduldig).</stage> <p>Alſo.</p> </sp><lb/> <sp who="#ANA"> <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker> <p>Alſo … Alſo geſtern war Polterabend bei<lb/> meinen zukünftigen Schwiegereltern.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAX"> <speaker> <hi rendition="#b">Max.</hi> </speaker> <p>Weiß ich; war dort!</p> </sp><lb/> <sp who="#ANA"> <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker> <p>Ja richtig, Du warſt dort. Es waren über-<lb/> haupt eine Menge Leute dort! Man war ſehr aufgeräumt,<lb/> trank Champagner, ſprach Toaſte…</p> </sp><lb/> <sp who="#MAX"> <speaker> <hi rendition="#b">Max.</hi> </speaker> <p>Ich auch .. auf Dein Glück!</p> </sp><lb/> <sp who="#ANA"> <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker> <p>Ja, Du auch .. auf mein Glück!<stage>(Drückt ihm<lb/> die Hand).</stage> Ich danke Dir.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAX"> <speaker> <hi rendition="#b">Max.</hi> </speaker> <p>Thateſt Du bereits geſtern.</p> </sp><lb/> <sp who="#ANA"> <speaker> <hi rendition="#b">Anatol</hi> </speaker> <p>Man war alſo ſehr luſtig bis Mitternacht…</p> </sp><lb/> <sp who="#MAX"> <speaker> <hi rendition="#b">Max.</hi> </speaker> <p>Iſt mir bekannt.</p> </sp><lb/> <sp who="#ANA"> <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker> <p>Einen Augenblick kam es mir vor, als wäre<lb/> ich glücklich.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAX"> <speaker> <hi rendition="#b">Max</hi> </speaker> <p>Nach dem vierten Glas Champagner.</p> </sp><lb/> <sp who="#ANA"> <speaker> <hi rendition="#b">Anatol</hi> </speaker> <stage>(traurig).</stage> <p>Nein — erſt nach dem ſechſten .. es<lb/> iſt traurig, und ich kann es kaum begreifen.</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [118/0128]
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Anatol. Setze Dich nieder und höre mich an, Du wirſt
gleich anders reden.
Max. Niemals. Ich bin gewiß kein Tugendſpiegel;
aber ſo was ..!
Anatol. Du willſt mich nicht anhören?
Max. Erzähle! Aber raſch; ich bin zu Deiner Trauung
eingeladen.(Beide ſitzen).
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meinen zukünftigen Schwiegereltern.
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trank Champagner, ſprach Toaſte…
Max. Ich auch .. auf Dein Glück!
Anatol. Ja, Du auch .. auf mein Glück!(Drückt ihm
die Hand). Ich danke Dir.
Max. Thateſt Du bereits geſtern.
Anatol Man war alſo ſehr luſtig bis Mitternacht…
Max. Iſt mir bekannt.
Anatol. Einen Augenblick kam es mir vor, als wäre
ich glücklich.
Max Nach dem vierten Glas Champagner.
Anatol (traurig). Nein — erſt nach dem ſechſten .. es
iſt traurig, und ich kann es kaum begreifen.
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Zitationshilfe: | Schnitzler, Arthur: Anatol. Berlin, 1893, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnitzler_anatol_1893/128>, abgerufen am 16.02.2025. |