Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite

und die Meinigen zu versorgen biß an mein
Ende, und vielleicht auch noch etwas ü-
brig zu lassen verhoffe etc.

Nachdem er eine Zeitlang mit Reden inne ge-
halten, sagte ich zu meinem Bruder, der mir an
der Seite stund, in deutscher Sprache, nur
diese wenigen Worte: Bruder! solchen Glau-
ben habe ich in Jsrael nicht funden!
So gleich
fieng der Gouverneur mit Lächeln zu sagen an: Mei-
ne Herrn! ich kan auch etwas deutsch verstehen,
und so ziemlich reden, weilen ich mich nicht länger
als 2. Jahr in Deutschland aufgehalten, und darin-
nen die admirablesten Leut von der Welt angetrof-
fen habe. Sie geben sich zwar vor Holländer aus,
allein daran zweiffele ich, sondern glaube vielmehr,
daß sie in Deutschland gezogen und gebohren sind,
weilen ich dieses nicht allein an ihren dialecto, son-
dern auch aus ihrer beyder gantzen Aufführung
wohl beobachte. Wir beyden Brüder stutzeten
ziemlich, da man unsere Sprache verstund, der
Gouverneur aber hub an zu lächeln, und sagte:
Ey! weg mit dem Wasser, wo es beliebig, wol-
len wir ein gut Glaß Wein trincken, und zwar vom
allerbesten Canari. Kaum hatte er seinen Bedien-
ten einen Winck gegeben, als diese einen angefülle-
ten Pocal mit Weine, der ziemlich groß war, auf-
setzten. Der Gouverneur fieng an: Meine Her-
ren! auf gute Gesundheit und Glück unser aller,
die wir einander allhier lebendig sehen, derer Po-
tentaten Gesundheit gienge zwar vor, allein, wir
wissen nicht, ob dieser oder jener noch lebet: Viva-
mus!
Jndem er nun den Pocal ansetzte, wurden

so-

und die Meinigen zu verſorgen biß an mein
Ende, und vielleicht auch noch etwas uͤ-
brig zu laſſen verhoffe ꝛc.

Nachdem er eine Zeitlang mit Reden inne ge-
halten, ſagte ich zu meinem Bruder, der mir an
der Seite ſtund, in deutſcher Sprache, nur
dieſe wenigen Worte: Bruder! ſolchen Glau-
ben habe ich in Jſrael nicht funden!
So gleich
fieng deꝛ Gouverneur mit Laͤcheln zu ſagen an: Mei-
ne Herrn! ich kan auch etwas deutſch verſtehen,
und ſo ziemlich reden, weilen ich mich nicht laͤnger
als 2. Jahr in Deutſchland aufgehalten, und darin-
nen die admirableſten Leut von der Welt angetrof-
fen habe. Sie geben ſich zwar vor Hollaͤnder aus,
allein daran zweiffele ich, ſondern glaube vielmehr,
daß ſie in Deutſchland gezogen und gebohren ſind,
weilen ich dieſes nicht allein an ihren dialecto, ſon-
dern auch aus ihrer beyder gantzen Auffuͤhrung
wohl beobachte. Wir beyden Bruͤder ſtutzeten
ziemlich, da man unſere Sprache verſtund, der
Gouverneur aber hub an zu laͤcheln, und ſagte:
Ey! weg mit dem Waſſer, wo es beliebig, wol-
len wir ein gut Glaß Wein trincken, und zwar vom
allerbeſten Canari. Kaum hatte er ſeinen Bedien-
ten einen Winck gegeben, als dieſe einen angefuͤlle-
ten Pocal mit Weine, der ziemlich groß war, auf-
ſetzten. Der Gouverneur fieng an: Meine Her-
ren! auf gute Geſundheit und Gluͤck unſer aller,
die wir einander allhier lebendig ſehen, derer Po-
tentaten Geſundheit gienge zwar vor, allein, wir
wiſſen nicht, ob dieſer oder jener noch lebet: Viva-
mus!
Jndem er nun den Pocal anſetzte, wurden

ſo-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <floatingText>
          <body>
            <div>
              <p>
                <pb facs="#f0089" n="79"/> <hi rendition="#fr">und die Meinigen zu ver&#x017F;orgen biß an mein<lb/>
Ende, und vielleicht auch noch etwas u&#x0364;-<lb/>
brig zu la&#x017F;&#x017F;en verhoffe &#xA75B;c.</hi> </p>
            </div>
          </body>
        </floatingText><lb/>
        <p>Nachdem er eine Zeitlang mit Reden inne ge-<lb/>
halten, &#x017F;agte ich zu meinem Bruder, der mir an<lb/>
der Seite &#x017F;tund, in deut&#x017F;cher Sprache, nur<lb/>
die&#x017F;e wenigen Worte: <hi rendition="#fr">Bruder! &#x017F;olchen Glau-<lb/>
ben habe ich in J&#x017F;rael nicht funden!</hi> So gleich<lb/>
fieng de&#xA75B; <hi rendition="#aq">Gouverneur</hi> mit La&#x0364;cheln zu &#x017F;agen an: Mei-<lb/>
ne Herrn! ich kan auch etwas deut&#x017F;ch ver&#x017F;tehen,<lb/>
und &#x017F;o ziemlich reden, weilen ich mich nicht la&#x0364;nger<lb/>
als 2. Jahr in Deut&#x017F;chland aufgehalten, und darin-<lb/>
nen die <hi rendition="#aq">admirable</hi>&#x017F;ten Leut von der Welt angetrof-<lb/>
fen habe. Sie geben &#x017F;ich zwar vor Holla&#x0364;nder aus,<lb/>
allein daran zweiffele ich, &#x017F;ondern glaube vielmehr,<lb/>
daß &#x017F;ie in Deut&#x017F;chland gezogen und gebohren &#x017F;ind,<lb/>
weilen ich die&#x017F;es nicht allein an ihren <hi rendition="#aq">dialecto,</hi> &#x017F;on-<lb/>
dern auch aus ihrer beyder gantzen Auffu&#x0364;hrung<lb/>
wohl beobachte. Wir beyden Bru&#x0364;der &#x017F;tutzeten<lb/>
ziemlich, da man un&#x017F;ere Sprache ver&#x017F;tund, der<lb/><hi rendition="#aq">Gouverneur</hi> aber hub an zu la&#x0364;cheln, und &#x017F;agte:<lb/>
Ey! weg mit dem Wa&#x017F;&#x017F;er, wo es beliebig, wol-<lb/>
len wir ein gut Glaß Wein trincken, und zwar vom<lb/>
allerbe&#x017F;ten <hi rendition="#aq">Canari.</hi> Kaum hatte er &#x017F;einen Bedien-<lb/>
ten einen Winck gegeben, als die&#x017F;e einen angefu&#x0364;lle-<lb/>
ten <hi rendition="#aq">Pocal</hi> mit Weine, der ziemlich groß war, auf-<lb/>
&#x017F;etzten. Der <hi rendition="#aq">Gouverneur</hi> fieng an: Meine Her-<lb/>
ren! auf gute Ge&#x017F;undheit und Glu&#x0364;ck un&#x017F;er aller,<lb/>
die wir einander allhier lebendig &#x017F;ehen, derer Po-<lb/>
tentaten Ge&#x017F;undheit gienge zwar vor, allein, wir<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en nicht, ob die&#x017F;er oder jener noch lebet: <hi rendition="#aq">Viva-<lb/>
mus!</hi> Jndem er nun den <hi rendition="#aq">Pocal</hi> an&#x017F;etzte, wurden<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;o-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[79/0089] und die Meinigen zu verſorgen biß an mein Ende, und vielleicht auch noch etwas uͤ- brig zu laſſen verhoffe ꝛc. Nachdem er eine Zeitlang mit Reden inne ge- halten, ſagte ich zu meinem Bruder, der mir an der Seite ſtund, in deutſcher Sprache, nur dieſe wenigen Worte: Bruder! ſolchen Glau- ben habe ich in Jſrael nicht funden! So gleich fieng deꝛ Gouverneur mit Laͤcheln zu ſagen an: Mei- ne Herrn! ich kan auch etwas deutſch verſtehen, und ſo ziemlich reden, weilen ich mich nicht laͤnger als 2. Jahr in Deutſchland aufgehalten, und darin- nen die admirableſten Leut von der Welt angetrof- fen habe. Sie geben ſich zwar vor Hollaͤnder aus, allein daran zweiffele ich, ſondern glaube vielmehr, daß ſie in Deutſchland gezogen und gebohren ſind, weilen ich dieſes nicht allein an ihren dialecto, ſon- dern auch aus ihrer beyder gantzen Auffuͤhrung wohl beobachte. Wir beyden Bruͤder ſtutzeten ziemlich, da man unſere Sprache verſtund, der Gouverneur aber hub an zu laͤcheln, und ſagte: Ey! weg mit dem Waſſer, wo es beliebig, wol- len wir ein gut Glaß Wein trincken, und zwar vom allerbeſten Canari. Kaum hatte er ſeinen Bedien- ten einen Winck gegeben, als dieſe einen angefuͤlle- ten Pocal mit Weine, der ziemlich groß war, auf- ſetzten. Der Gouverneur fieng an: Meine Her- ren! auf gute Geſundheit und Gluͤck unſer aller, die wir einander allhier lebendig ſehen, derer Po- tentaten Geſundheit gienge zwar vor, allein, wir wiſſen nicht, ob dieſer oder jener noch lebet: Viva- mus! Jndem er nun den Pocal anſetzte, wurden ſo-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/89
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/89>, abgerufen am 24.11.2024.