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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

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annahenden Hungers zu verwahren. Auch fülleten
wir jede, zwey ledige Flaschen, worinnen vor der
Zeit Wein gewesen war, vorietzo mit Wasser, aus
der schönen klaren Quelle, begaben uns also mit
diesem Proviant von neuen auf die Reise nach dem
Gebürge zu.

Vier gantzer Tage musten wir noch im Sande ba-
den, ehe unsere Füsse ein vestes Land finden konten,
und mittlerweile kam uns unser Proviant an Kräu-
tern, Wurtzeln und Wasser recht herrlich wohl zu
statten, indem wir sonsten wegen der fast unerträgli-
chen Hitze immer hätten verschmachten mögen. So
bald wir aber am Abende des 4ten Tages ein vestes
Land gefunden, erblickten wir auch auf einer Ber-
ges-Höhe ein hellbrennendes Feuer; weßwegen wir,
der uns gemachten Beschreibung nach, dieses Werck
nicht etwa vor ein Heydnisches Feuer, sondern als
die Einsiedlerey des frommen Einsiedlers Urbani
einbildeten, und in Gedancken vorstelleten; welche
letztern uns denn, wie wir hernach erfahren, auch
nicht betrogen hatten; Allein es war uns der grossen
Mattigkeit wegen gantz unmöglich, die Höhe des
Berges, auf welchem das Feuer noch immer fort
brandte, zu erklettern, weßwegen wir denn an der
Mitte desselben liegen blieben, in einen tieffen Schlaf
verfielen, und nicht ehe, als durch den Anblick der
aufgehenden Sonne ermuntert wurden. Dem-
nach kletterten wir beyde matte und ermüdete Per-
sonen mit Händen und Füssen den Berg vollends hin-
auf, sahen das angemachte Feuer annoch brennen,
fanden aber in der Clause oder Hütte weder Hund,

noch
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annahenden Hungers zu verwahren. Auch fuͤlleten
wir jede, zwey ledige Flaſchen, worinnen vor der
Zeit Wein geweſen war, vorietzo mit Waſſer, aus
der ſchoͤnen klaren Quelle, begaben uns alſo mit
dieſem Proviant von neuen auf die Reiſe nach dem
Gebuͤrge zu.

Vier gantzer Tage muſten wir noch im Sande ba-
den, ehe unſere Fuͤſſe ein veſtes Land finden konten,
und mittlerweile kam uns unſer Proviant an Kraͤu-
tern, Wurtzeln und Waſſer recht herrlich wohl zu
ſtatten, indem wir ſonſten wegen der faſt unertraͤgli-
chen Hitze immer haͤtten verſchmachten moͤgen. So
bald wir aber am Abende des 4ten Tages ein veſtes
Land gefunden, erblickten wir auch auf einer Ber-
ges-Hoͤhe ein hellbrennendes Feuer; weßwegen wir,
der uns gemachten Beſchreibung nach, dieſes Werck
nicht etwa vor ein Heydniſches Feuer, ſondern als
die Einſiedlerey des frommen Einſiedlers Urbani
einbildeten, und in Gedancken vorſtelleten; welche
letztern uns denn, wie wir hernach erfahren, auch
nicht betrogen hatten; Allein es war uns der groſſen
Mattigkeit wegen gantz unmoͤglich, die Hoͤhe des
Berges, auf welchem das Feuer noch immer fort
brandte, zu erklettern, weßwegen wir denn an der
Mitte deſſelben liegen blieben, in einen tieffen Schlaf
verfielen, und nicht ehe, als durch den Anblick der
aufgehenden Sonne ermuntert wurden. Dem-
nach kletterten wir beyde matte und ermuͤdete Per-
ſonen mit Haͤnden und Fuͤſſen den Berg vollends hin-
auf, ſahen das angemachte Feuer annoch brennen,
fanden aber in der Clauſe oder Huͤtte weder Hund,

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[489/0499] annahenden Hungers zu verwahren. Auch fuͤlleten wir jede, zwey ledige Flaſchen, worinnen vor der Zeit Wein geweſen war, vorietzo mit Waſſer, aus der ſchoͤnen klaren Quelle, begaben uns alſo mit dieſem Proviant von neuen auf die Reiſe nach dem Gebuͤrge zu. Vier gantzer Tage muſten wir noch im Sande ba- den, ehe unſere Fuͤſſe ein veſtes Land finden konten, und mittlerweile kam uns unſer Proviant an Kraͤu- tern, Wurtzeln und Waſſer recht herrlich wohl zu ſtatten, indem wir ſonſten wegen der faſt unertraͤgli- chen Hitze immer haͤtten verſchmachten moͤgen. So bald wir aber am Abende des 4ten Tages ein veſtes Land gefunden, erblickten wir auch auf einer Ber- ges-Hoͤhe ein hellbrennendes Feuer; weßwegen wir, der uns gemachten Beſchreibung nach, dieſes Werck nicht etwa vor ein Heydniſches Feuer, ſondern als die Einſiedlerey des frommen Einſiedlers Urbani einbildeten, und in Gedancken vorſtelleten; welche letztern uns denn, wie wir hernach erfahren, auch nicht betrogen hatten; Allein es war uns der groſſen Mattigkeit wegen gantz unmoͤglich, die Hoͤhe des Berges, auf welchem das Feuer noch immer fort brandte, zu erklettern, weßwegen wir denn an der Mitte deſſelben liegen blieben, in einen tieffen Schlaf verfielen, und nicht ehe, als durch den Anblick der aufgehenden Sonne ermuntert wurden. Dem- nach kletterten wir beyde matte und ermuͤdete Per- ſonen mit Haͤnden und Fuͤſſen den Berg vollends hin- auf, ſahen das angemachte Feuer annoch brennen, fanden aber in der Clauſe oder Huͤtte weder Hund, noch (h h) 5

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 489. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/499>, abgerufen am 25.11.2024.