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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

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sorgsamen Grillen hinbrachten, indem wir uns
auf der Fürstin, als einer Heydnischen Printzeßin,
Wort eben so sehr nicht verlassen konten, mithin
zwischen Furcht des Todes und des Lebens schwebe-
ten, und zwar auf eine solche jämmerliche und
schmertzhaffte Art, nemlich auf einem Scheiter-
Hauffen verbrannt zu werden. Allein wir wen-
deten uns mit einem andächtigen Gebete zu dem
Allmächtigen, damit er dieser Heydnischen Fürstin
Hertz regieren, und unser Leben erhalten wolle.
Dieses Gebet wurde erhöret: Denn ohngeachtet
wir mit dem allergrösten Schrecken den abscheu-
lich hohen Scheiter-Hauffen aufrichten sahen,
so wurden wir doch bald getröstet, weilen die
Fürstin in unser Zimmer kam, und Mirzamanden
verschiedene Kleynodien von hohem Werthe ein-
händigte, anbey sagte: "Nehmet dieses wenige,
&q;meine wertheste Schwester! auf den Nothfall
&q;mit auf die Reise, denn ich habe euch zwey Pil-
&q;grims-Kleider machen lassen, auch schon zwey
&q;Mägde bestellet, welche mit zweyen Körben, die
&q;mit Lebens-Mitteln angefüllet sind, euch die rich-
&q;tige Strasse zur Clause des frommen und heili-
&q;gen Einsiedlers Urbani zeigen sollen; welcher
&q;heilige Mann, wenn ihr nur einen Gruß an ihn
&q;von mir bringet, alles mögliche anwenden wird,
&q;euch in Sicherheit zu schaffen. Derowegen hal-
&q;tet euch bereit und reisefertig: denn ich will euch
&q;selbst in der Mitternachts-Stunde abhohlen,
&q;und durch die kleine Hinter-Thür des grossen
&q;Gartens führen, allwo die beyden Mägde eurer
&q;warten sollen; Haltet euch also nicht auf, sondern

&q;setzt
(h h) 3

ſorgſamen Grillen hinbrachten, indem wir uns
auf der Fuͤrſtin, als einer Heydniſchen Printzeßin,
Wort eben ſo ſehr nicht verlaſſen konten, mithin
zwiſchen Furcht des Todes und des Lebens ſchwebe-
ten, und zwar auf eine ſolche jaͤmmerliche und
ſchmertzhaffte Art, nemlich auf einem Scheiter-
Hauffen verbrannt zu werden. Allein wir wen-
deten uns mit einem andaͤchtigen Gebete zu dem
Allmaͤchtigen, damit er dieſer Heydniſchen Fuͤrſtin
Hertz regieren, und unſer Leben erhalten wolle.
Dieſes Gebet wurde erhoͤret: Denn ohngeachtet
wir mit dem allergroͤſten Schrecken den abſcheu-
lich hohen Scheiter-Hauffen aufrichten ſahen,
ſo wurden wir doch bald getroͤſtet, weilen die
Fuͤrſtin in unſer Zimmer kam, und Mirzamanden
verſchiedene Kleynodien von hohem Werthe ein-
haͤndigte, anbey ſagte: „Nehmet dieſes wenige,
&q;meine wertheſte Schweſter! auf den Nothfall
&q;mit auf die Reiſe, denn ich habe euch zwey Pil-
&q;grims-Kleider machen laſſen, auch ſchon zwey
&q;Maͤgde beſtellet, welche mit zweyen Koͤrben, die
&q;mit Lebens-Mitteln angefuͤllet ſind, euch die rich-
&q;tige Straſſe zur Clauſe des frommen und heili-
&q;gen Einſiedlers Urbani zeigen ſollen; welcher
&q;heilige Mann, wenn ihr nur einen Gruß an ihn
&q;von mir bringet, alles moͤgliche anwenden wird,
&q;euch in Sicherheit zu ſchaffen. Derowegen hal-
&q;tet euch bereit und reiſefertig: denn ich will euch
&q;ſelbſt in der Mitternachts-Stunde abhohlen,
&q;und durch die kleine Hinter-Thuͤr des groſſen
&q;Gartens fuͤhren, allwo die beyden Maͤgde eurer
&q;warten ſollen; Haltet euch alſo nicht auf, ſondern

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[485/0495] ſorgſamen Grillen hinbrachten, indem wir uns auf der Fuͤrſtin, als einer Heydniſchen Printzeßin, Wort eben ſo ſehr nicht verlaſſen konten, mithin zwiſchen Furcht des Todes und des Lebens ſchwebe- ten, und zwar auf eine ſolche jaͤmmerliche und ſchmertzhaffte Art, nemlich auf einem Scheiter- Hauffen verbrannt zu werden. Allein wir wen- deten uns mit einem andaͤchtigen Gebete zu dem Allmaͤchtigen, damit er dieſer Heydniſchen Fuͤrſtin Hertz regieren, und unſer Leben erhalten wolle. Dieſes Gebet wurde erhoͤret: Denn ohngeachtet wir mit dem allergroͤſten Schrecken den abſcheu- lich hohen Scheiter-Hauffen aufrichten ſahen, ſo wurden wir doch bald getroͤſtet, weilen die Fuͤrſtin in unſer Zimmer kam, und Mirzamanden verſchiedene Kleynodien von hohem Werthe ein- haͤndigte, anbey ſagte: „Nehmet dieſes wenige, &q;meine wertheſte Schweſter! auf den Nothfall &q;mit auf die Reiſe, denn ich habe euch zwey Pil- &q;grims-Kleider machen laſſen, auch ſchon zwey &q;Maͤgde beſtellet, welche mit zweyen Koͤrben, die &q;mit Lebens-Mitteln angefuͤllet ſind, euch die rich- &q;tige Straſſe zur Clauſe des frommen und heili- &q;gen Einſiedlers Urbani zeigen ſollen; welcher &q;heilige Mann, wenn ihr nur einen Gruß an ihn &q;von mir bringet, alles moͤgliche anwenden wird, &q;euch in Sicherheit zu ſchaffen. Derowegen hal- &q;tet euch bereit und reiſefertig: denn ich will euch &q;ſelbſt in der Mitternachts-Stunde abhohlen, &q;und durch die kleine Hinter-Thuͤr des groſſen &q;Gartens fuͤhren, allwo die beyden Maͤgde eurer &q;warten ſollen; Haltet euch alſo nicht auf, ſondern &q;ſetzt (h h) 3

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 485. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/495>, abgerufen am 25.11.2024.