Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite

in das Lust-Haus kam, worinnen sich die Prin-
tzeßin befand, ließ sich in etwas von ferne bald eine
sanffte, bald aber eine starcke Musique hören. An
den herrlichsten Erfrischungen war kein Mangel,
vielmehr der gröste Uberfluß, und mit wenig Wor-
ten zu sagen, so suchte sich Arab-Ogli der Prin-
tzeßin auf alle nur ersinnliche Art dergestalt gefäl-
lig zu machen, daß sie ihm ihr Hertz schencken, und
zu ihrem zukünfftigen Ehe-Gemahl erwehlen sol-
te; Allein die Printzeßin wurde bey allen seinen
Liebkosungen und Schmeicheleyen von einer Zeit
zur andern immer unempfindlicher, ja! sie konte
den Arab-Ogli fast nicht mehr vor ihren Augen
sehen. Endlich besonne sich dieser noch auf ein
Mittel, um sie zur Liebe zu reitzen, indem er die be-
sten Comoedianten bestellete, welche auf der Gal-
lerie
die verliebtesten Schau-Spiele spielen mu-
sten, da denn nicht allein die Printzeßin, sondern
auch ich, ohne von jemanden gesehen zu werden,
alles, was vorgestellet wurde, beobachten konten.
Da aber auch dieses nichts bey der Printzeßin ver-
fangen wolte, im Gegentheil sie diese Narrens-
Possen nach wenig Tagen gar nicht mehr anzu-
sehen würdigte, wurde Arab-Ogli endlich ver-
drießlich, ja, so zu sagen, gäntzlich in den Harnisch
gejagt, weßwegen er der Mirzamanda nachhero,
so offt er sie besuchte, nicht halb so freundlich begeg-
nete, als vorhero. Bald darauf legte er derselben
einige Briefschafften vor, welche ihr Vater, als
der Fürst von Candahar, (seinem Sagen nach)
eigenhändig solte geschrieben haben, und in wel-
chen Briefen Mirzamanden von ihrem Vater

anbe-

in das Luſt-Haus kam, worinnen ſich die Prin-
tzeßin befand, ließ ſich in etwas von ferne bald eine
ſanffte, bald aber eine ſtarcke Muſique hoͤren. An
den herrlichſten Erfriſchungen war kein Mangel,
vielmehr der groͤſte Uberfluß, und mit wenig Wor-
ten zu ſagen, ſo ſuchte ſich Arab-Ogli der Prin-
tzeßin auf alle nur erſinnliche Art dergeſtalt gefaͤl-
lig zu machen, daß ſie ihm ihr Hertz ſchencken, und
zu ihrem zukuͤnfftigen Ehe-Gemahl erwehlen ſol-
te; Allein die Printzeßin wurde bey allen ſeinen
Liebkoſungen und Schmeicheleyen von einer Zeit
zur andern immer unempfindlicher, ja! ſie konte
den Arab-Ogli faſt nicht mehr vor ihren Augen
ſehen. Endlich beſonne ſich dieſer noch auf ein
Mittel, um ſie zur Liebe zu reitzen, indem er die be-
ſten Comœdianten beſtellete, welche auf der Gal-
lerie
die verliebteſten Schau-Spiele ſpielen mu-
ſten, da denn nicht allein die Printzeßin, ſondern
auch ich, ohne von jemanden geſehen zu werden,
alles, was vorgeſtellet wurde, beobachten konten.
Da aber auch dieſes nichts bey der Printzeßin ver-
fangen wolte, im Gegentheil ſie dieſe Narrens-
Poſſen nach wenig Tagen gar nicht mehr anzu-
ſehen wuͤrdigte, wurde Arab-Ogli endlich ver-
drießlich, ja, ſo zu ſagen, gaͤntzlich in den Harniſch
gejagt, weßwegen er der Mirzamanda nachhero,
ſo offt er ſie beſuchte, nicht halb ſo freundlich begeg-
nete, als vorhero. Bald darauf legte er derſelben
einige Briefſchafften vor, welche ihr Vater, als
der Fuͤrſt von Candahar, (ſeinem Sagen nach)
eigenhaͤndig ſolte geſchrieben haben, und in wel-
chen Briefen Mirzamanden von ihrem Vater

anbe-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <floatingText>
          <body>
            <div>
              <p><pb facs="#f0487" n="477"/>
in das Lu&#x017F;t-Haus kam, worinnen &#x017F;ich die Prin-<lb/>
tzeßin befand, ließ &#x017F;ich in etwas von ferne bald eine<lb/>
&#x017F;anffte, bald aber eine &#x017F;tarcke <hi rendition="#aq">Mu&#x017F;ique</hi> ho&#x0364;ren. An<lb/>
den herrlich&#x017F;ten Erfri&#x017F;chungen war kein Mangel,<lb/>
vielmehr der gro&#x0364;&#x017F;te Uberfluß, und mit wenig Wor-<lb/>
ten zu &#x017F;agen, &#x017F;o &#x017F;uchte &#x017F;ich <hi rendition="#aq">Arab-Ogli</hi> der Prin-<lb/>
tzeßin auf alle nur er&#x017F;innliche Art derge&#x017F;talt gefa&#x0364;l-<lb/>
lig zu machen, daß &#x017F;ie ihm ihr Hertz &#x017F;chencken, und<lb/>
zu ihrem zuku&#x0364;nfftigen Ehe-Gemahl erwehlen &#x017F;ol-<lb/>
te; Allein die Printzeßin wurde bey allen &#x017F;einen<lb/>
Liebko&#x017F;ungen und Schmeicheleyen von einer Zeit<lb/>
zur andern immer unempfindlicher, ja! &#x017F;ie konte<lb/>
den <hi rendition="#aq">Arab-Ogli</hi> fa&#x017F;t nicht mehr vor ihren Augen<lb/>
&#x017F;ehen. Endlich be&#x017F;onne &#x017F;ich die&#x017F;er noch auf ein<lb/>
Mittel, um &#x017F;ie zur Liebe zu reitzen, indem er die be-<lb/>
&#x017F;ten <hi rendition="#aq">Com&#x0153;diant</hi>en be&#x017F;tellete, welche auf der <hi rendition="#aq">Gal-<lb/>
lerie</hi> die verliebte&#x017F;ten Schau-Spiele &#x017F;pielen mu-<lb/>
&#x017F;ten, da denn nicht allein die Printzeßin, &#x017F;ondern<lb/>
auch ich, ohne von jemanden ge&#x017F;ehen zu werden,<lb/>
alles, was vorge&#x017F;tellet wurde, beobachten konten.<lb/>
Da aber auch die&#x017F;es nichts bey der Printzeßin ver-<lb/>
fangen wolte, im Gegentheil &#x017F;ie die&#x017F;e Narrens-<lb/>
Po&#x017F;&#x017F;en nach wenig Tagen gar nicht mehr anzu-<lb/>
&#x017F;ehen wu&#x0364;rdigte, wurde <hi rendition="#aq">Arab-Ogli</hi> endlich ver-<lb/>
drießlich, ja, &#x017F;o zu &#x017F;agen, ga&#x0364;ntzlich in den Harni&#x017F;ch<lb/>
gejagt, weßwegen er der <hi rendition="#aq">Mirzamanda</hi> nachhero,<lb/>
&#x017F;o offt er &#x017F;ie be&#x017F;uchte, nicht halb &#x017F;o freundlich begeg-<lb/>
nete, als vorhero. Bald darauf legte er der&#x017F;elben<lb/>
einige Brief&#x017F;chafften vor, welche ihr Vater, als<lb/>
der Fu&#x0364;r&#x017F;t von <hi rendition="#aq">Candahar,</hi> (&#x017F;einem Sagen nach)<lb/>
eigenha&#x0364;ndig &#x017F;olte ge&#x017F;chrieben haben, und in wel-<lb/>
chen Briefen <hi rendition="#aq">Mirzamand</hi>en von ihrem Vater<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">anbe-</fw><lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[477/0487] in das Luſt-Haus kam, worinnen ſich die Prin- tzeßin befand, ließ ſich in etwas von ferne bald eine ſanffte, bald aber eine ſtarcke Muſique hoͤren. An den herrlichſten Erfriſchungen war kein Mangel, vielmehr der groͤſte Uberfluß, und mit wenig Wor- ten zu ſagen, ſo ſuchte ſich Arab-Ogli der Prin- tzeßin auf alle nur erſinnliche Art dergeſtalt gefaͤl- lig zu machen, daß ſie ihm ihr Hertz ſchencken, und zu ihrem zukuͤnfftigen Ehe-Gemahl erwehlen ſol- te; Allein die Printzeßin wurde bey allen ſeinen Liebkoſungen und Schmeicheleyen von einer Zeit zur andern immer unempfindlicher, ja! ſie konte den Arab-Ogli faſt nicht mehr vor ihren Augen ſehen. Endlich beſonne ſich dieſer noch auf ein Mittel, um ſie zur Liebe zu reitzen, indem er die be- ſten Comœdianten beſtellete, welche auf der Gal- lerie die verliebteſten Schau-Spiele ſpielen mu- ſten, da denn nicht allein die Printzeßin, ſondern auch ich, ohne von jemanden geſehen zu werden, alles, was vorgeſtellet wurde, beobachten konten. Da aber auch dieſes nichts bey der Printzeßin ver- fangen wolte, im Gegentheil ſie dieſe Narrens- Poſſen nach wenig Tagen gar nicht mehr anzu- ſehen wuͤrdigte, wurde Arab-Ogli endlich ver- drießlich, ja, ſo zu ſagen, gaͤntzlich in den Harniſch gejagt, weßwegen er der Mirzamanda nachhero, ſo offt er ſie beſuchte, nicht halb ſo freundlich begeg- nete, als vorhero. Bald darauf legte er derſelben einige Briefſchafften vor, welche ihr Vater, als der Fuͤrſt von Candahar, (ſeinem Sagen nach) eigenhaͤndig ſolte geſchrieben haben, und in wel- chen Briefen Mirzamanden von ihrem Vater anbe-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/487
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 477. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/487>, abgerufen am 25.11.2024.