Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite

heissen Thränen gebeten, daß er unsere Flucht be-
fördern, und uns glücklich nach Europa bringen
möchte, so wagte es die Printzeßin, und gab zwey-
en Heydnischen Mägden eine wichtige Geld-
Summe, daß sie mit uns ihre Kleider vertauschten,
indem die Printzeßin vorgab, daß sie, um nur an
die frische Lufft zu kommen, eine Wallfahrt auf
3. Tage nach dem uhralten Heyden-Tempel thun,
und hernach wieder zurück kommen wolte. Es
war dieses allerdings ein recht verzweiffelter An-
schlag und Vorhaben zu nennen, allein da Jacob
auch die Wache nicht nur mit Gelde, sondern auch
mit vielen Wein-Flaschen abermahls bestochen,
ja alle unsere Wächter mit dem besten Weine der-
gestalt begeistert hatte, daß sie fast von ihren Sin-
nen nicht wusten, kamen wir in den Mitternachts-
Stunden glücklich durch die Wache und zum
Schlosse hinaus. Jedennoch hatte der Satan
sein Spiel, daß wir des rechten Weges, den uns
Jacob abgezeichnet hatte, auf welchem wir ihn und
seine Frau antreffen solten, verfehleten, uns in ei-
nem dicken Gebüsche verirreten, und endlich fol-
genden Morgens durch die Jäger des Arab-Ogli
gefunden, erkannt, und als Gefangene auf das
Schloß ihres Herrn gebracht wurden.

Demnach geriethen so wohl ich, als die Prin-
tzeßin in die alleräuserste Verzweiffelung, weilen
wir wohl wusten, daß dieser Arab-Ogli vor eini-
ger Zeit ein unglückseliger Buhler der Fürstin ge-
wesen. Wie ich nun aber am allerbesten ausre-
den konte, auf was Art ihn dieselbe abgefertiget
hatte, so wurde mir desto banger um das Hertze,

ja
(g g) 5

heiſſen Thraͤnen gebeten, daß er unſere Flucht be-
foͤrdern, und uns gluͤcklich nach Europa bringen
moͤchte, ſo wagte es die Printzeßin, und gab zwey-
en Heydniſchen Maͤgden eine wichtige Geld-
Summe, daß ſie mit uns ihre Kleider vertauſchten,
indem die Printzeßin vorgab, daß ſie, um nur an
die friſche Lufft zu kommen, eine Wallfahrt auf
3. Tage nach dem uhralten Heyden-Tempel thun,
und hernach wieder zuruͤck kommen wolte. Es
war dieſes allerdings ein recht verzweiffelter An-
ſchlag und Vorhaben zu nennen, allein da Jacob
auch die Wache nicht nur mit Gelde, ſondern auch
mit vielen Wein-Flaſchen abermahls beſtochen,
ja alle unſere Waͤchter mit dem beſten Weine der-
geſtalt begeiſtert hatte, daß ſie faſt von ihren Sin-
nen nicht wuſten, kamen wir in den Mitternachts-
Stunden gluͤcklich durch die Wache und zum
Schloſſe hinaus. Jedennoch hatte der Satan
ſein Spiel, daß wir des rechten Weges, den uns
Jacob abgezeichnet hatte, auf welchem wir ihn und
ſeine Frau antreffen ſolten, verfehleten, uns in ei-
nem dicken Gebuͤſche verirreten, und endlich fol-
genden Morgens durch die Jaͤger des Arab-Ogli
gefunden, erkannt, und als Gefangene auf das
Schloß ihres Herrn gebracht wurden.

Demnach geriethen ſo wohl ich, als die Prin-
tzeßin in die alleraͤuſerſte Verzweiffelung, weilen
wir wohl wuſten, daß dieſer Arab-Ogli vor eini-
ger Zeit ein ungluͤckſeliger Buhler der Fuͤrſtin ge-
weſen. Wie ich nun aber am allerbeſten ausre-
den konte, auf was Art ihn dieſelbe abgefertiget
hatte, ſo wurde mir deſto banger um das Hertze,

ja
(g g) 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <floatingText>
          <body>
            <div>
              <p><pb facs="#f0483" n="473"/>
hei&#x017F;&#x017F;en Thra&#x0364;nen gebeten, daß er un&#x017F;ere Flucht be-<lb/>
fo&#x0364;rdern, und uns glu&#x0364;cklich nach <hi rendition="#aq">Europa</hi> bringen<lb/>
mo&#x0364;chte, &#x017F;o wagte es die Printzeßin, und gab zwey-<lb/>
en Heydni&#x017F;chen Ma&#x0364;gden eine wichtige Geld-<lb/>
Summe, daß &#x017F;ie mit uns ihre Kleider vertau&#x017F;chten,<lb/>
indem die Printzeßin vorgab, daß &#x017F;ie, um nur an<lb/>
die fri&#x017F;che Lufft zu kommen, eine Wallfahrt auf<lb/>
3. Tage nach dem uhralten Heyden-Tempel thun,<lb/>
und hernach wieder zuru&#x0364;ck kommen wolte. Es<lb/>
war die&#x017F;es allerdings ein recht verzweiffelter An-<lb/>
&#x017F;chlag und Vorhaben zu nennen, allein da Jacob<lb/>
auch die Wache nicht nur mit Gelde, &#x017F;ondern auch<lb/>
mit vielen Wein-Fla&#x017F;chen abermahls be&#x017F;tochen,<lb/>
ja alle un&#x017F;ere Wa&#x0364;chter mit dem be&#x017F;ten Weine der-<lb/>
ge&#x017F;talt begei&#x017F;tert hatte, daß &#x017F;ie fa&#x017F;t von ihren Sin-<lb/>
nen nicht wu&#x017F;ten, kamen wir in den Mitternachts-<lb/>
Stunden glu&#x0364;cklich durch die Wache und zum<lb/>
Schlo&#x017F;&#x017F;e hinaus. Jedennoch hatte der Satan<lb/>
&#x017F;ein Spiel, daß wir des rechten Weges, den uns<lb/>
Jacob abgezeichnet hatte, auf welchem wir ihn und<lb/>
&#x017F;eine Frau antreffen &#x017F;olten, verfehleten, uns in ei-<lb/>
nem dicken Gebu&#x0364;&#x017F;che verirreten, und endlich fol-<lb/>
genden Morgens durch die Ja&#x0364;ger des <hi rendition="#aq">Arab-Ogli</hi><lb/>
gefunden, erkannt, und als Gefangene auf das<lb/>
Schloß ihres Herrn gebracht wurden.</p><lb/>
              <p>Demnach geriethen &#x017F;o wohl ich, als die Prin-<lb/>
tzeßin in die allera&#x0364;u&#x017F;er&#x017F;te Verzweiffelung, weilen<lb/>
wir wohl wu&#x017F;ten, daß die&#x017F;er <hi rendition="#aq">Arab-Ogli</hi> vor eini-<lb/>
ger Zeit ein unglu&#x0364;ck&#x017F;eliger Buhler der Fu&#x0364;r&#x017F;tin ge-<lb/>
we&#x017F;en. Wie ich nun aber am allerbe&#x017F;ten ausre-<lb/>
den konte, auf was Art ihn die&#x017F;elbe abgefertiget<lb/>
hatte, &#x017F;o wurde mir de&#x017F;to banger um das Hertze,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">(g g) 5</fw><fw place="bottom" type="catch">ja</fw><lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[473/0483] heiſſen Thraͤnen gebeten, daß er unſere Flucht be- foͤrdern, und uns gluͤcklich nach Europa bringen moͤchte, ſo wagte es die Printzeßin, und gab zwey- en Heydniſchen Maͤgden eine wichtige Geld- Summe, daß ſie mit uns ihre Kleider vertauſchten, indem die Printzeßin vorgab, daß ſie, um nur an die friſche Lufft zu kommen, eine Wallfahrt auf 3. Tage nach dem uhralten Heyden-Tempel thun, und hernach wieder zuruͤck kommen wolte. Es war dieſes allerdings ein recht verzweiffelter An- ſchlag und Vorhaben zu nennen, allein da Jacob auch die Wache nicht nur mit Gelde, ſondern auch mit vielen Wein-Flaſchen abermahls beſtochen, ja alle unſere Waͤchter mit dem beſten Weine der- geſtalt begeiſtert hatte, daß ſie faſt von ihren Sin- nen nicht wuſten, kamen wir in den Mitternachts- Stunden gluͤcklich durch die Wache und zum Schloſſe hinaus. Jedennoch hatte der Satan ſein Spiel, daß wir des rechten Weges, den uns Jacob abgezeichnet hatte, auf welchem wir ihn und ſeine Frau antreffen ſolten, verfehleten, uns in ei- nem dicken Gebuͤſche verirreten, und endlich fol- genden Morgens durch die Jaͤger des Arab-Ogli gefunden, erkannt, und als Gefangene auf das Schloß ihres Herrn gebracht wurden. Demnach geriethen ſo wohl ich, als die Prin- tzeßin in die alleraͤuſerſte Verzweiffelung, weilen wir wohl wuſten, daß dieſer Arab-Ogli vor eini- ger Zeit ein ungluͤckſeliger Buhler der Fuͤrſtin ge- weſen. Wie ich nun aber am allerbeſten ausre- den konte, auf was Art ihn dieſelbe abgefertiget hatte, ſo wurde mir deſto banger um das Hertze, ja (g g) 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/483
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 473. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/483>, abgerufen am 22.11.2024.