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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

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sättigen können. Wir verschmäheten dieselben
nicht, sondern gaben alles unsern Aufwärtern und
der Wache Preiß, da aber ein Artzt ankam, und
sich meldete, die Printzeßin an ihrem Brand-Scha-
den zu verbinden, wiese sie denselben mit den Wor-
ten ab: diese Tauffe, wenn sie nicht gantz
und gar vom Teufel wäre, müste wohl von
sich selbst den zurückgelassenen Schaden hei-
len;
sie wuste aber wohl, daß ich noch eine ziem-
liche grosse Büchse voll Brand-Salbe stehen hat-
te, welche ich übrig behalten, da ich mir kurtz vor-
hero mit heissem Wasser den gantzen Schenckel
verbrandt.

Jn nachfolgenden Tagen wurden uns eben-
salls die besten Speisen und Geträncke zugeschickt,
worbey wir erfuhren, daß der Fürst abermahls
eine weite Reise, (ohne Zweifel aus Gewissens-
Angst) angetreten, jedoch hinterlassen hätte, uns
Zeit seiner Abwesenheit auf das allerschärffste zu
bewachen, biß er nach seiner Zurückkunfft andere
Mittel ausfinden würde.

Die Printzeßin war froh, da sie erfuhr, daß
ihr tyrannischer Vater weggereiset wäre, noch weit
vergnügter aber wurde sie, als eines Abends der
getreue Jacob nebst seiner Frauen in unser Zim-
mer eingetreten kamen, als welche die Schild-
Wächter mit Gelde so wohl, als mit Wein-Fla-
schen bestochen hatten. Wir hielten insgesammt
ein vertrauliches Gespräch mit einander, da er sich
denn gegen uns erklärete, daß, weilen in dem
Haupt-Hasen dieses Reichs einige Holländische
Schiffe vor Ancker lägen, er seine Baarschafften

zusam-
(g g) 4

ſaͤttigen koͤnnen. Wir verſchmaͤheten dieſelben
nicht, ſondern gaben alles unſern Aufwaͤrtern und
der Wache Preiß, da aber ein Artzt ankam, und
ſich meldete, die Printzeßin an ihrem Brand-Scha-
den zu verbinden, wieſe ſie denſelben mit den Wor-
ten ab: dieſe Tauffe, wenn ſie nicht gantz
und gar vom Teufel waͤre, muͤſte wohl von
ſich ſelbſt den zuruͤckgelaſſenen Schaden hei-
len;
ſie wuſte aber wohl, daß ich noch eine ziem-
liche groſſe Buͤchſe voll Brand-Salbe ſtehen hat-
te, welche ich uͤbrig behalten, da ich mir kurtz vor-
hero mit heiſſem Waſſer den gantzen Schenckel
verbrandt.

Jn nachfolgenden Tagen wurden uns eben-
ſalls die beſten Speiſen und Getraͤncke zugeſchickt,
worbey wir erfuhren, daß der Fuͤrſt abermahls
eine weite Reiſe, (ohne Zweifel aus Gewiſſens-
Angſt) angetreten, jedoch hinterlaſſen haͤtte, uns
Zeit ſeiner Abweſenheit auf das allerſchaͤrffſte zu
bewachen, biß er nach ſeiner Zuruͤckkunfft andere
Mittel ausfinden wuͤrde.

Die Printzeßin war froh, da ſie erfuhr, daß
ihr tyranniſcher Vater weggereiſet waͤre, noch weit
vergnuͤgter aber wurde ſie, als eines Abends der
getreue Jacob nebſt ſeiner Frauen in unſer Zim-
mer eingetreten kamen, als welche die Schild-
Waͤchter mit Gelde ſo wohl, als mit Wein-Fla-
ſchen beſtochen hatten. Wir hielten insgeſammt
ein vertrauliches Geſpraͤch mit einander, da er ſich
denn gegen uns erklaͤrete, daß, weilen in dem
Haupt-Haſen dieſes Reichs einige Hollaͤndiſche
Schiffe vor Ancker laͤgen, er ſeine Baarſchafften

zuſam-
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[471/0481] ſaͤttigen koͤnnen. Wir verſchmaͤheten dieſelben nicht, ſondern gaben alles unſern Aufwaͤrtern und der Wache Preiß, da aber ein Artzt ankam, und ſich meldete, die Printzeßin an ihrem Brand-Scha- den zu verbinden, wieſe ſie denſelben mit den Wor- ten ab: dieſe Tauffe, wenn ſie nicht gantz und gar vom Teufel waͤre, muͤſte wohl von ſich ſelbſt den zuruͤckgelaſſenen Schaden hei- len; ſie wuſte aber wohl, daß ich noch eine ziem- liche groſſe Buͤchſe voll Brand-Salbe ſtehen hat- te, welche ich uͤbrig behalten, da ich mir kurtz vor- hero mit heiſſem Waſſer den gantzen Schenckel verbrandt. Jn nachfolgenden Tagen wurden uns eben- ſalls die beſten Speiſen und Getraͤncke zugeſchickt, worbey wir erfuhren, daß der Fuͤrſt abermahls eine weite Reiſe, (ohne Zweifel aus Gewiſſens- Angſt) angetreten, jedoch hinterlaſſen haͤtte, uns Zeit ſeiner Abweſenheit auf das allerſchaͤrffſte zu bewachen, biß er nach ſeiner Zuruͤckkunfft andere Mittel ausfinden wuͤrde. Die Printzeßin war froh, da ſie erfuhr, daß ihr tyranniſcher Vater weggereiſet waͤre, noch weit vergnuͤgter aber wurde ſie, als eines Abends der getreue Jacob nebſt ſeiner Frauen in unſer Zim- mer eingetreten kamen, als welche die Schild- Waͤchter mit Gelde ſo wohl, als mit Wein-Fla- ſchen beſtochen hatten. Wir hielten insgeſammt ein vertrauliches Geſpraͤch mit einander, da er ſich denn gegen uns erklaͤrete, daß, weilen in dem Haupt-Haſen dieſes Reichs einige Hollaͤndiſche Schiffe vor Ancker laͤgen, er ſeine Baarſchafften zuſam- (g g) 4

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 471. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/481>, abgerufen am 27.11.2024.