nisches Rohr, 2. bordirte Hüthe, Peruquen und sonsten alles, was vonnöthen ist, einen Cavalier auf die Parade zu stellen. So wurde uns auch weisse Wäsche, und zwar die allerfeineste mit darun- ter, 6. fach gereicht. Wir armen Kinder wusten uns, wie man leicht erachten kan, in unser Schick- sal nicht zu schicken, viel weniger dasienige zu be- greiffen, was der Himmel mit uns vorhatte, an- bey kränckten wir uns über weiter nichts so sehr, als daß wir mit allen denen Leuten, so zu uns kamen, und so zu sagen, mit uns handelten, kein eintzig Wort sprechen durfften, denn unsere bestellten Aufseher gaben noch viel ärger auf unsere Augen und Mäuler Achtung, als wie die Schieß-Hunde zu thun pflegen. Die Tatars liessen uns eines Abends sagen, daß wir beyde Geschwister uns folgenden Morgen auf das allersauberste ankleiden solten, weiln sie doch gern sehen möchten, was sie vor Creaturen bey sich führeten, wie nun zu dem Ende etliche Aufwärter und Bediente früh Morgens, und zwar fast vor An- bruch des Tages zu uns kamen, und uns weckten, auch von den Füssen an biß auf die Häupter bedie- neten, so sahen wir uns recht gezwungener Maas- sen, ehe etwas weiters darauf erfolgen möchte, dem gnädigen Befehle Gehorsam zu leisten, liessen uns also alle beyde heraus schniegeln und putzen, wie man sagt, die Ochsen. Nachdem es nun ge- meldet worden, daß wir in Gala-Habit befindlich wären, kamen 4. der ältesten Tatarischen Manns- Personen, und eben so viel alte Weiber, die ich in meinen Gedancken vor Hexen und Zauberinnen er- kannte, als worinnen ich mich vielleicht auch nicht
betrogen
niſches Rohr, 2. bordirte Huͤthe, Peruquen und ſonſten alles, was vonnoͤthen iſt, einen Cavalier auf die Parade zu ſtellen. So wurde uns auch weiſſe Waͤſche, und zwar die allerfeineſte mit darun- ter, 6. fach gereicht. Wir armen Kinder wuſten uns, wie man leicht erachten kan, in unſer Schick- ſal nicht zu ſchicken, viel weniger dasienige zu be- greiffen, was der Himmel mit uns vorhatte, an- bey kraͤnckten wir uns uͤber weiter nichts ſo ſehr, als daß wir mit allen denen Leuten, ſo zu uns kamen, und ſo zu ſagen, mit uns handelten, kein eintzig Wort ſprechen durfften, denn unſere beſtellten Aufſeher gaben noch viel aͤrger auf unſere Augen und Maͤuler Achtung, als wie die Schieß-Hunde zu thun pflegen. Die Tatars lieſſen uns eines Abends ſagen, daß wir beyde Geſchwiſter uns folgenden Morgen auf das allerſauberſte ankleiden ſolten, weiln ſie doch gern ſehen moͤchten, was ſie vor Creaturen bey ſich fuͤhreten, wie nun zu dem Ende etliche Aufwaͤrter und Bediente fruͤh Morgens, und zwar faſt vor An- bruch des Tages zu uns kamen, und uns weckten, auch von den Fuͤſſen an biß auf die Haͤupter bedie- neten, ſo ſahen wir uns recht gezwungener Maaſ- ſen, ehe etwas weiters darauf erfolgen moͤchte, dem gnaͤdigen Befehle Gehorſam zu leiſten, lieſſen uns alſo alle beyde heraus ſchniegeln und putzen, wie man ſagt, die Ochſen. Nachdem es nun ge- meldet worden, daß wir in Gala-Habit befindlich waͤren, kamen 4. der aͤlteſten Tatariſchen Manns- Perſonen, und eben ſo viel alte Weiber, die ich in meinen Gedancken vor Hexen und Zauberinnen er- kannte, als worinnen ich mich vielleicht auch nicht
betrogen
<TEI><text><body><divn="1"><floatingText><body><div><p><pbfacs="#f0426"n="416"/>
niſches Rohr, 2. <hirendition="#aq">bordirte</hi> Huͤthe, <hirendition="#aq">Peruqu</hi>en und<lb/>ſonſten alles, was vonnoͤthen iſt, einen <hirendition="#aq">Cavalier</hi><lb/>
auf die <hirendition="#aq">Parade</hi> zu ſtellen. So wurde uns auch<lb/>
weiſſe Waͤſche, und zwar die allerfeineſte mit darun-<lb/>
ter, 6. fach gereicht. Wir armen Kinder wuſten<lb/>
uns, wie man leicht erachten kan, in unſer Schick-<lb/>ſal nicht zu ſchicken, viel weniger dasienige zu be-<lb/>
greiffen, was der Himmel mit uns vorhatte, an-<lb/>
bey kraͤnckten wir uns uͤber weiter nichts ſo ſehr, als<lb/>
daß wir mit allen denen Leuten, ſo zu uns kamen,<lb/>
und ſo zu ſagen, mit uns handelten, kein eintzig Wort<lb/>ſprechen durfften, denn unſere beſtellten Aufſeher<lb/>
gaben noch viel aͤrger auf unſere Augen und Maͤuler<lb/>
Achtung, als wie die Schieß-Hunde zu thun pflegen.<lb/>
Die Tatars lieſſen uns eines Abends ſagen, daß<lb/>
wir beyde Geſchwiſter uns folgenden Morgen auf<lb/>
das allerſauberſte ankleiden ſolten, weiln ſie doch<lb/>
gern ſehen moͤchten, was ſie vor Creaturen bey ſich<lb/>
fuͤhreten, wie nun zu dem Ende etliche Aufwaͤrter und<lb/>
Bediente fruͤh Morgens, und zwar faſt vor An-<lb/>
bruch des Tages zu uns kamen, und uns weckten,<lb/>
auch von den Fuͤſſen an biß auf die Haͤupter bedie-<lb/>
neten, ſo ſahen wir uns recht gezwungener Maaſ-<lb/>ſen, ehe etwas weiters darauf erfolgen moͤchte,<lb/>
dem gnaͤdigen Befehle Gehorſam zu leiſten, lieſſen<lb/>
uns alſo alle beyde heraus ſchniegeln und putzen,<lb/>
wie man ſagt, die Ochſen. Nachdem es nun ge-<lb/>
meldet worden, daß wir in <hirendition="#aq">Gala</hi>-Habit befindlich<lb/>
waͤren, kamen 4. der aͤlteſten Tatariſchen Manns-<lb/>
Perſonen, und eben ſo viel alte Weiber, die ich in<lb/>
meinen Gedancken vor Hexen und Zauberinnen er-<lb/>
kannte, als worinnen ich mich vielleicht auch nicht<lb/><fwplace="bottom"type="catch">betrogen</fw><lb/></p></div></body></floatingText></div></body></text></TEI>
[416/0426]
niſches Rohr, 2. bordirte Huͤthe, Peruquen und
ſonſten alles, was vonnoͤthen iſt, einen Cavalier
auf die Parade zu ſtellen. So wurde uns auch
weiſſe Waͤſche, und zwar die allerfeineſte mit darun-
ter, 6. fach gereicht. Wir armen Kinder wuſten
uns, wie man leicht erachten kan, in unſer Schick-
ſal nicht zu ſchicken, viel weniger dasienige zu be-
greiffen, was der Himmel mit uns vorhatte, an-
bey kraͤnckten wir uns uͤber weiter nichts ſo ſehr, als
daß wir mit allen denen Leuten, ſo zu uns kamen,
und ſo zu ſagen, mit uns handelten, kein eintzig Wort
ſprechen durfften, denn unſere beſtellten Aufſeher
gaben noch viel aͤrger auf unſere Augen und Maͤuler
Achtung, als wie die Schieß-Hunde zu thun pflegen.
Die Tatars lieſſen uns eines Abends ſagen, daß
wir beyde Geſchwiſter uns folgenden Morgen auf
das allerſauberſte ankleiden ſolten, weiln ſie doch
gern ſehen moͤchten, was ſie vor Creaturen bey ſich
fuͤhreten, wie nun zu dem Ende etliche Aufwaͤrter und
Bediente fruͤh Morgens, und zwar faſt vor An-
bruch des Tages zu uns kamen, und uns weckten,
auch von den Fuͤſſen an biß auf die Haͤupter bedie-
neten, ſo ſahen wir uns recht gezwungener Maaſ-
ſen, ehe etwas weiters darauf erfolgen moͤchte,
dem gnaͤdigen Befehle Gehorſam zu leiſten, lieſſen
uns alſo alle beyde heraus ſchniegeln und putzen,
wie man ſagt, die Ochſen. Nachdem es nun ge-
meldet worden, daß wir in Gala-Habit befindlich
waͤren, kamen 4. der aͤlteſten Tatariſchen Manns-
Perſonen, und eben ſo viel alte Weiber, die ich in
meinen Gedancken vor Hexen und Zauberinnen er-
kannte, als worinnen ich mich vielleicht auch nicht
betrogen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/426>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.