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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

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den Christen, ihrem Christenthume, und sonderlich
von einem gecreutzigten Heylande vorgeschwatzt,
welcher alle Sünder, wenn sie sich nur im wahren
Glauben an sein Verdienst zu ihm wendeten,
nicht nur zeitlich, sondern häuptsächlich ewig seelig
und glücklich machen wolte und könte. Darum
bitte ich gehorsamst, mir zu eröffnen, ob ich in die-
sem Stücke vollkommen recht berichtet, oder nur
etwa bey der Nase herum geführet bin?

Allerwertheste Printzeßin (gab ich ihr zur
Antwort) Sie sind von der Frau Anna nicht im
allergeringsten belogen noch betrogen worden, son-
dern es hat dieselbe einen vortrefflichen guten
Grund zu Dero wahren Christenthum gelegt; der
gecreutzigte Heyland, als wahrhaffter GOtt und
Mensch, wird, wenn Sie ihn fleißig anruffen, ver-
leihen, daß Sie nicht allein hier auf dieser Welt
glücklich, hauptsächlich aber nach Jhrem Tode,
im Himmel ewig seelig werden. Jedoch, weil bey
unsern jetzigen Umständen von dieser wichtigen
Sache, zumahlen wegen Kürtze der Zeit, nicht viel
Gründliches gesprochen und überlegt werden kan;
so verlassen Sie sich in diesem Jhren christlichen
Glauben nur auf unsere christliche Vorsorge und
Beyhülffe, als womit Sie nicht betrogen, sondern
durch den gecreutzigten Heyland geseegnet werden
sollen.

Jch merckte, daß diese meine Worte der
Mirzamanda sehr wohl gefielen, indem sie solches
mit freudigen Geberden zu erkennen gab, auch mir
so gar die Hand küssen wolte; allein diese Höf-
lichkeit schien mir, vor eine Printzeßin etwas gar

zu

den Chriſten, ihrem Chriſtenthume, und ſonderlich
von einem gecreutzigten Heylande vorgeſchwatzt,
welcher alle Suͤnder, wenn ſie ſich nur im wahren
Glauben an ſein Verdienſt zu ihm wendeten,
nicht nur zeitlich, ſondern haͤuptſaͤchlich ewig ſeelig
und gluͤcklich machen wolte und koͤnte. Darum
bitte ich gehorſamſt, mir zu eroͤffnen, ob ich in die-
ſem Stuͤcke vollkommen recht berichtet, oder nur
etwa bey der Naſe herum gefuͤhret bin?

Allerwertheſte Printzeßin (gab ich ihr zur
Antwort) Sie ſind von der Frau Anna nicht im
allergeringſten belogen noch betrogen worden, ſon-
dern es hat dieſelbe einen vortrefflichen guten
Grund zu Dero wahren Chriſtenthum gelegt; der
gecreutzigte Heyland, als wahrhaffter GOtt und
Menſch, wird, wenn Sie ihn fleißig anruffen, ver-
leihen, daß Sie nicht allein hier auf dieſer Welt
gluͤcklich, hauptſaͤchlich aber nach Jhrem Tode,
im Himmel ewig ſeelig werden. Jedoch, weil bey
unſern jetzigen Umſtaͤnden von dieſer wichtigen
Sache, zumahlen wegen Kuͤrtze der Zeit, nicht viel
Gruͤndliches geſprochen und uͤberlegt werden kan;
ſo verlaſſen Sie ſich in dieſem Jhren chriſtlichen
Glauben nur auf unſere chriſtliche Vorſorge und
Beyhuͤlffe, als womit Sie nicht betrogen, ſondern
durch den gecreutzigten Heyland geſeegnet werden
ſollen.

Jch merckte, daß dieſe meine Worte der
Mirzamanda ſehr wohl gefielen, indem ſie ſolches
mit freudigen Geberden zu erkennen gab, auch mir
ſo gar die Hand kuͤſſen wolte; allein dieſe Hoͤf-
lichkeit ſchien mir, vor eine Printzeßin etwas gar

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[388/0398] den Chriſten, ihrem Chriſtenthume, und ſonderlich von einem gecreutzigten Heylande vorgeſchwatzt, welcher alle Suͤnder, wenn ſie ſich nur im wahren Glauben an ſein Verdienſt zu ihm wendeten, nicht nur zeitlich, ſondern haͤuptſaͤchlich ewig ſeelig und gluͤcklich machen wolte und koͤnte. Darum bitte ich gehorſamſt, mir zu eroͤffnen, ob ich in die- ſem Stuͤcke vollkommen recht berichtet, oder nur etwa bey der Naſe herum gefuͤhret bin? Allerwertheſte Printzeßin (gab ich ihr zur Antwort) Sie ſind von der Frau Anna nicht im allergeringſten belogen noch betrogen worden, ſon- dern es hat dieſelbe einen vortrefflichen guten Grund zu Dero wahren Chriſtenthum gelegt; der gecreutzigte Heyland, als wahrhaffter GOtt und Menſch, wird, wenn Sie ihn fleißig anruffen, ver- leihen, daß Sie nicht allein hier auf dieſer Welt gluͤcklich, hauptſaͤchlich aber nach Jhrem Tode, im Himmel ewig ſeelig werden. Jedoch, weil bey unſern jetzigen Umſtaͤnden von dieſer wichtigen Sache, zumahlen wegen Kuͤrtze der Zeit, nicht viel Gruͤndliches geſprochen und uͤberlegt werden kan; ſo verlaſſen Sie ſich in dieſem Jhren chriſtlichen Glauben nur auf unſere chriſtliche Vorſorge und Beyhuͤlffe, als womit Sie nicht betrogen, ſondern durch den gecreutzigten Heyland geſeegnet werden ſollen. Jch merckte, daß dieſe meine Worte der Mirzamanda ſehr wohl gefielen, indem ſie ſolches mit freudigen Geberden zu erkennen gab, auch mir ſo gar die Hand kuͤſſen wolte; allein dieſe Hoͤf- lichkeit ſchien mir, vor eine Printzeßin etwas gar zu

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/398>, abgerufen am 22.11.2024.