Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite

dern auch über den aufgeworffenen Hügeln lichter-
lohe Flammen, und zwar, wenn ich es ja recht be-
schreiben soll, dergestalt, als wenn man Spiritum
Vini
darauf und darüber gegossen, und selbigen
angezündet hätte: denn die Flammen waren alle
gelb-grün-blau- und röthlich untereinander ver-
mischt. Vincentius nahm also, nachdem er uns al-
len einen hertzhafften Muth eingesprochen, und sein
Handwercks-Zeug, als Hacke, Schauffel, Spa-
ten und dergleichen aufgefasset, erstlich den gera-
den Weg nach dem Feuer-Loche zu, als welches
am allerfürchterlichsten zu brennen schien. Wir,
so viel unserer waren, folgten ihm Paarweise
nach, trugen und schleppten auch das Handwercks-
Zeug, so gut wir konten; So bald aber dieser unser
Führer Vincentius an das Feuer-Loch gekommen
war, und dasselbe untersucht hatte; sprach er:
Meine Freunde! hier ist vorjetzo noch nichts zu
thun, so lange biß die Mitternachts-Stunde da
ist; unterdessen aber folget mir und meinem Ra-
the, und nehme ein jeder, so wie ich, einen kleinen
Hügel vor sich, und wenn unsere Arbeit nicht be-
zahlet wird, will ich mir binnen 3. Tagen selbsten
einen Scheiter-Hauffen machen, mich darauf se-
tzen, und mit Pulver, Schwefel und Pech verbren-
nen. Allein dieserwegen hat sich niemand Sorge
zu machen, denn der Himmel ist mit im Spiele,
als welcher durch mich geringen Menschen euer
Glück, Reichthum und Wohlstand zu befördern
gewillet ist.

Jch will eben nicht sagen, wie mir vor meine
Person bey dieser Begebenheit um die Lunge und

Leber

dern auch uͤber den aufgeworffenen Huͤgeln lichter-
lohe Flammen, und zwar, wenn ich es ja recht be-
ſchreiben ſoll, dergeſtalt, als wenn man Spiritum
Vini
darauf und daruͤber gegoſſen, und ſelbigen
angezuͤndet haͤtte: denn die Flammen waren alle
gelb-gruͤn-blau- und roͤthlich untereinander ver-
miſcht. Vincentius nahm alſo, nachdem er uns al-
len einen hertzhafften Muth eingeſprochen, und ſein
Handwercks-Zeug, als Hacke, Schauffel, Spa-
ten und dergleichen aufgefaſſet, erſtlich den gera-
den Weg nach dem Feuer-Loche zu, als welches
am allerfuͤrchterlichſten zu brennen ſchien. Wir,
ſo viel unſerer waren, folgten ihm Paarweiſe
nach, trugen und ſchleppten auch das Handwercks-
Zeug, ſo gut wir konten; So bald aber dieſer unſer
Fuͤhrer Vincentius an das Feuer-Loch gekommen
war, und daſſelbe unterſucht hatte; ſprach er:
Meine Freunde! hier iſt vorjetzo noch nichts zu
thun, ſo lange biß die Mitternachts-Stunde da
iſt; unterdeſſen aber folget mir und meinem Ra-
the, und nehme ein jeder, ſo wie ich, einen kleinen
Huͤgel vor ſich, und wenn unſere Arbeit nicht be-
zahlet wird, will ich mir binnen 3. Tagen ſelbſten
einen Scheiter-Hauffen machen, mich darauf ſe-
tzen, und mit Pulver, Schwefel und Pech verbren-
nen. Allein dieſerwegen hat ſich niemand Sorge
zu machen, denn der Himmel iſt mit im Spiele,
als welcher durch mich geringen Menſchen euer
Gluͤck, Reichthum und Wohlſtand zu befoͤrdern
gewillet iſt.

Jch will eben nicht ſagen, wie mir vor meine
Perſon bey dieſer Begebenheit um die Lunge und

Leber
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0377" n="367"/>
dern auch u&#x0364;ber den aufgeworffenen Hu&#x0364;geln lichter-<lb/>
lohe Flammen, und zwar, wenn ich es ja recht be-<lb/>
&#x017F;chreiben &#x017F;oll, derge&#x017F;talt, als wenn man <hi rendition="#aq">Spiritum<lb/>
Vini</hi> darauf und daru&#x0364;ber gego&#x017F;&#x017F;en, und &#x017F;elbigen<lb/>
angezu&#x0364;ndet ha&#x0364;tte: denn die Flammen waren alle<lb/>
gelb-gru&#x0364;n-blau- und ro&#x0364;thlich untereinander ver-<lb/>
mi&#x017F;cht. <hi rendition="#aq">Vincentius</hi> nahm al&#x017F;o, nachdem er uns al-<lb/>
len einen hertzhafften Muth einge&#x017F;prochen, und &#x017F;ein<lb/>
Handwercks-Zeug, als Hacke, Schauffel, Spa-<lb/>
ten und dergleichen aufgefa&#x017F;&#x017F;et, er&#x017F;tlich den gera-<lb/>
den Weg nach dem Feuer-Loche zu, als welches<lb/>
am allerfu&#x0364;rchterlich&#x017F;ten zu brennen &#x017F;chien. Wir,<lb/>
&#x017F;o viel un&#x017F;erer waren, folgten ihm Paarwei&#x017F;e<lb/>
nach, trugen und &#x017F;chleppten auch das Handwercks-<lb/>
Zeug, &#x017F;o gut wir konten; So bald aber die&#x017F;er un&#x017F;er<lb/>
Fu&#x0364;hrer <hi rendition="#aq">Vincentius</hi> an das Feuer-Loch gekommen<lb/>
war, und da&#x017F;&#x017F;elbe unter&#x017F;ucht hatte; &#x017F;prach er:<lb/>
Meine Freunde! hier i&#x017F;t vorjetzo noch nichts zu<lb/>
thun, &#x017F;o lange biß die Mitternachts-Stunde da<lb/>
i&#x017F;t; unterde&#x017F;&#x017F;en aber folget mir und meinem Ra-<lb/>
the, und nehme ein jeder, &#x017F;o wie ich, einen kleinen<lb/>
Hu&#x0364;gel vor &#x017F;ich, und wenn un&#x017F;ere Arbeit nicht be-<lb/>
zahlet wird, will ich mir binnen 3. Tagen &#x017F;elb&#x017F;ten<lb/>
einen Scheiter-Hauffen machen, mich darauf &#x017F;e-<lb/>
tzen, und mit Pulver, Schwefel und Pech verbren-<lb/>
nen. Allein die&#x017F;erwegen hat &#x017F;ich niemand Sorge<lb/>
zu machen, denn der Himmel i&#x017F;t mit im Spiele,<lb/>
als welcher durch mich geringen Men&#x017F;chen euer<lb/>
Glu&#x0364;ck, Reichthum und Wohl&#x017F;tand zu befo&#x0364;rdern<lb/>
gewillet i&#x017F;t.</p><lb/>
        <p>Jch will eben nicht &#x017F;agen, wie mir vor meine<lb/>
Per&#x017F;on bey die&#x017F;er Begebenheit um die Lunge und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Leber</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[367/0377] dern auch uͤber den aufgeworffenen Huͤgeln lichter- lohe Flammen, und zwar, wenn ich es ja recht be- ſchreiben ſoll, dergeſtalt, als wenn man Spiritum Vini darauf und daruͤber gegoſſen, und ſelbigen angezuͤndet haͤtte: denn die Flammen waren alle gelb-gruͤn-blau- und roͤthlich untereinander ver- miſcht. Vincentius nahm alſo, nachdem er uns al- len einen hertzhafften Muth eingeſprochen, und ſein Handwercks-Zeug, als Hacke, Schauffel, Spa- ten und dergleichen aufgefaſſet, erſtlich den gera- den Weg nach dem Feuer-Loche zu, als welches am allerfuͤrchterlichſten zu brennen ſchien. Wir, ſo viel unſerer waren, folgten ihm Paarweiſe nach, trugen und ſchleppten auch das Handwercks- Zeug, ſo gut wir konten; So bald aber dieſer unſer Fuͤhrer Vincentius an das Feuer-Loch gekommen war, und daſſelbe unterſucht hatte; ſprach er: Meine Freunde! hier iſt vorjetzo noch nichts zu thun, ſo lange biß die Mitternachts-Stunde da iſt; unterdeſſen aber folget mir und meinem Ra- the, und nehme ein jeder, ſo wie ich, einen kleinen Huͤgel vor ſich, und wenn unſere Arbeit nicht be- zahlet wird, will ich mir binnen 3. Tagen ſelbſten einen Scheiter-Hauffen machen, mich darauf ſe- tzen, und mit Pulver, Schwefel und Pech verbren- nen. Allein dieſerwegen hat ſich niemand Sorge zu machen, denn der Himmel iſt mit im Spiele, als welcher durch mich geringen Menſchen euer Gluͤck, Reichthum und Wohlſtand zu befoͤrdern gewillet iſt. Jch will eben nicht ſagen, wie mir vor meine Perſon bey dieſer Begebenheit um die Lunge und Leber

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/377
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/377>, abgerufen am 25.11.2024.