ich auf der Stelle bleiben, mein andächtiges Ge- bet zu GOtt verrichten, und mich weiter vor nichts fürchten solte. Derowegen fassete ich mir, vor mich selbst allein, einen frischen Muth, gieng hin zu dem so genannten Teufels-Banner, und sagte zu ihm: Don Vincentio! wir haben noch nicht vollkom- men satt gespeiset, wäre es nicht Sache, daß wir um die Mitternachts-Stunden, nachdem wir das Unserige genossen, wieder anhero kämen, und sä- hen, was sodann passirte? Nein, meine Herrn! (gab er zur Antwort) wenn sie sich nicht selber im Lichten stehen wollen, so bleiben sie auf ihren Stel- len sitzen: Wein und Confect ist genug da, ihren Appetit zu vergnügen, wo sie aber weggehen, sind nicht allein alle meine Anstalten vergeblich gemacht, sondern so wohl sie, als alle Felsenburger können darunter den allergrösten Schaden leiden, welchen sie vorjetzo gar leichtlich verhüten können, wenn sie nur da bleiben, und meiner Treu und Redlichkeit trauen.
Endlich begunte doch bey meinen Herrn Ge- fährden der Puls aufs frische zu schlagen anzufan- gen, da sie, zumahlen bey allen Umständen, die sie nachhero in etwas weiter überlegt, gantz vernünff- tig schliessen konten, mir, ohngeachtet ich der Jüng- ste unter ihnen war, vor dieses mahl zu folgen, und bey mir zu bleiben; zumahlen, da sie zum öfftern von dem Vincentio die Worte aussprechen hö- reten, daß er uns allen kein theurer und kostbarer Pfand entgegen stellen könte und wolte, als seinen Leib und Seele, im Fall nur einem eintzigen von uns die geringste Haare am Leibe gekrümmet oder beleidiget würde.
Also
ich auf der Stelle bleiben, mein andaͤchtiges Ge- bet zu GOtt verrichten, und mich weiter vor nichts fuͤrchten ſolte. Derowegen faſſete ich mir, vor mich ſelbſt allein, einen friſchen Muth, gieng hin zu dem ſo genannten Teufels-Banner, und ſagte zu ihm: Don Vincentio! wir haben noch nicht vollkom- men ſatt geſpeiſet, waͤre es nicht Sache, daß wir um die Mitternachts-Stunden, nachdem wir das Unſerige genoſſen, wieder anhero kaͤmen, und ſaͤ- hen, was ſodann paſſirte? Nein, meine Herrn! (gab er zur Antwort) wenn ſie ſich nicht ſelber im Lichten ſtehen wollen, ſo bleiben ſie auf ihren Stel- len ſitzen: Wein und Confect iſt genug da, ihren Appetit zu vergnuͤgen, wo ſie aber weggehen, ſind nicht allein alle meine Anſtalten vergeblich gemacht, ſondern ſo wohl ſie, als alle Felſenburger koͤnnen darunter den allergroͤſten Schaden leiden, welchen ſie vorjetzo gar leichtlich verhuͤten koͤnnen, wenn ſie nur da bleiben, und meiner Treu und Redlichkeit trauen.
Endlich begunte doch bey meinen Herrn Ge- faͤhrden der Puls aufs friſche zu ſchlagen anzufan- gen, da ſie, zumahlen bey allen Umſtaͤnden, die ſie nachhero in etwas weiter uͤberlegt, gantz vernuͤnff- tig ſchlieſſen konten, mir, ohngeachtet ich der Juͤng- ſte unter ihnen war, vor dieſes mahl zu folgen, und bey mir zu bleiben; zumahlen, da ſie zum oͤfftern von dem Vincentio die Worte ausſprechen hoͤ- reten, daß er uns allen kein theurer und koſtbarer Pfand entgegen ſtellen koͤnte und wolte, als ſeinen Leib und Seele, im Fall nur einem eintzigen von uns die geringſte Haare am Leibe gekruͤmmet oder beleidiget wuͤrde.
Alſo
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0364"n="354"/>
ich auf der Stelle bleiben, mein andaͤchtiges Ge-<lb/>
bet zu GOtt verrichten, und mich weiter vor nichts<lb/>
fuͤrchten ſolte. Derowegen faſſete ich mir, vor mich<lb/>ſelbſt allein, einen friſchen Muth, gieng hin zu dem<lb/>ſo genannten Teufels-Banner, und ſagte zu ihm:<lb/><hirendition="#aq">Don Vincentio!</hi> wir haben noch nicht vollkom-<lb/>
men ſatt geſpeiſet, waͤre es nicht Sache, daß wir<lb/>
um die Mitternachts-Stunden, nachdem wir das<lb/>
Unſerige genoſſen, wieder anhero kaͤmen, und ſaͤ-<lb/>
hen, was ſodann <hirendition="#aq">paſſir</hi>te? Nein, meine Herrn!<lb/>
(gab er zur Antwort) wenn ſie ſich nicht ſelber im<lb/>
Lichten ſtehen wollen, ſo bleiben ſie auf ihren Stel-<lb/>
len ſitzen: Wein und <hirendition="#aq">Confect</hi> iſt genug da, ihren<lb/><hirendition="#aq">Appetit</hi> zu vergnuͤgen, wo ſie aber weggehen, ſind<lb/>
nicht allein alle meine Anſtalten vergeblich gemacht,<lb/>ſondern ſo wohl ſie, als alle Felſenburger koͤnnen<lb/>
darunter den allergroͤſten Schaden leiden, welchen<lb/>ſie vorjetzo gar leichtlich verhuͤten koͤnnen, wenn ſie<lb/>
nur da bleiben, und meiner Treu und Redlichkeit<lb/>
trauen.</p><lb/><p>Endlich begunte doch bey meinen Herrn Ge-<lb/>
faͤhrden der Puls aufs friſche zu ſchlagen anzufan-<lb/>
gen, da ſie, zumahlen bey allen Umſtaͤnden, die ſie<lb/>
nachhero in etwas weiter uͤberlegt, gantz vernuͤnff-<lb/>
tig ſchlieſſen konten, mir, ohngeachtet ich der Juͤng-<lb/>ſte unter ihnen war, vor dieſes mahl zu folgen, und<lb/>
bey mir zu bleiben; zumahlen, da ſie zum oͤfftern<lb/>
von dem <hirendition="#aq">Vincentio</hi> die Worte ausſprechen hoͤ-<lb/>
reten, daß er uns allen kein theurer und koſtbarer<lb/>
Pfand entgegen ſtellen koͤnte und wolte, als ſeinen<lb/>
Leib und Seele, im Fall nur einem eintzigen von<lb/>
uns die geringſte Haare am Leibe gekruͤmmet oder<lb/>
beleidiget wuͤrde.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Alſo</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[354/0364]
ich auf der Stelle bleiben, mein andaͤchtiges Ge-
bet zu GOtt verrichten, und mich weiter vor nichts
fuͤrchten ſolte. Derowegen faſſete ich mir, vor mich
ſelbſt allein, einen friſchen Muth, gieng hin zu dem
ſo genannten Teufels-Banner, und ſagte zu ihm:
Don Vincentio! wir haben noch nicht vollkom-
men ſatt geſpeiſet, waͤre es nicht Sache, daß wir
um die Mitternachts-Stunden, nachdem wir das
Unſerige genoſſen, wieder anhero kaͤmen, und ſaͤ-
hen, was ſodann paſſirte? Nein, meine Herrn!
(gab er zur Antwort) wenn ſie ſich nicht ſelber im
Lichten ſtehen wollen, ſo bleiben ſie auf ihren Stel-
len ſitzen: Wein und Confect iſt genug da, ihren
Appetit zu vergnuͤgen, wo ſie aber weggehen, ſind
nicht allein alle meine Anſtalten vergeblich gemacht,
ſondern ſo wohl ſie, als alle Felſenburger koͤnnen
darunter den allergroͤſten Schaden leiden, welchen
ſie vorjetzo gar leichtlich verhuͤten koͤnnen, wenn ſie
nur da bleiben, und meiner Treu und Redlichkeit
trauen.
Endlich begunte doch bey meinen Herrn Ge-
faͤhrden der Puls aufs friſche zu ſchlagen anzufan-
gen, da ſie, zumahlen bey allen Umſtaͤnden, die ſie
nachhero in etwas weiter uͤberlegt, gantz vernuͤnff-
tig ſchlieſſen konten, mir, ohngeachtet ich der Juͤng-
ſte unter ihnen war, vor dieſes mahl zu folgen, und
bey mir zu bleiben; zumahlen, da ſie zum oͤfftern
von dem Vincentio die Worte ausſprechen hoͤ-
reten, daß er uns allen kein theurer und koſtbarer
Pfand entgegen ſtellen koͤnte und wolte, als ſeinen
Leib und Seele, im Fall nur einem eintzigen von
uns die geringſte Haare am Leibe gekruͤmmet oder
beleidiget wuͤrde.
Alſo
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/364>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.