Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite

sie sehen können, selbsten dieses Geschlechts bin, al-
lein diese Frantzosen-Hure hat mir erstlich meinen
Mann verführet, und zum Ehebruche verleitet, hier-
nächst mich und meine Kinder um gewaltige Geld-
Summen gebracht, aber alles dieses möchte noch
hingegangen seyn, wenn sie mir nur diesen Tort
nicht angethan, und meinen Ehemann, der von den
Vornehmsten des Englischen Adels herstammet,
durch ihren Beyschläffer, so viel ich vernommen, auch
so gar meuchelmörderischer Weise um sein noch ziem-
lich junges Leben bringen lassen. Es hat mir (sprach
ich ferner zu der Wirthin) hier in ihrem Hause an
weiter nichts gefehlt, als an der Zeit und Gelegen-
heit, allein ich hoffe, daß mir der Himmel doch noch
diesen mörderischen Franzosen in die Hände führen
wird, da ich denn nicht fackeln werde, ihm durch
meine eigene Faust das Lebens-Licht auszublasen,
und meinen Mann zu besuchen, in das Reich der
Todten schicken, solte ich auch gleich meinen Kopff
auf dem Chavotte müssen fliegen lassen, so mache
ich mich dennoch eben so wenig daraus, als ob ich
zehen Köpffe hätte. Hierauf sagte die Wirthin
gantz heimlich und vertraulich: Madame! ich habe
genug gehört, kan aber nicht gar viel darzu sagen,
unterdessen, weiln ich ihnen zu Gefallen, noch nicht
nach der Wache geschickt, und die Sache melden
lassen, so folget meinem getreuen Rathe, und mischet
euch noch bey guter Zeit mitten unter den Pöbel, wes-
sentwegen euch denn auch meine Hauß-Thüre nicht
abgeschlossen werden soll.

Nachdem ich der Frau Wirthin vor dieses gu-
te Erbiethen einen Kuß auf gute Landsmännische

Manier

ſie ſehen koͤnnen, ſelbſten dieſes Geſchlechts bin, al-
lein dieſe Frantzoſen-Hure hat mir erſtlich meinen
Mann verfuͤhret, und zum Ehebruche verleitet, hier-
naͤchſt mich und meine Kinder um gewaltige Geld-
Summen gebracht, aber alles dieſes moͤchte noch
hingegangen ſeyn, wenn ſie mir nur dieſen Tort
nicht angethan, und meinen Ehemann, der von den
Vornehmſten des Engliſchen Adels herſtammet,
durch ihren Beyſchlaͤffer, ſo viel ich vernom̃en, auch
ſo gaꝛ meuchelmoͤrderiſcher Weiſe um ſein noch ziem-
lich junges Leben bringen laſſen. Es hat mir (ſprach
ich ferner zu der Wirthin) hier in ihrem Hauſe an
weiter nichts gefehlt, als an der Zeit und Gelegen-
heit, allein ich hoffe, daß mir der Himmel doch noch
dieſen moͤrderiſchen Franzoſen in die Haͤnde fuͤhren
wird, da ich denn nicht fackeln werde, ihm durch
meine eigene Fauſt das Lebens-Licht auszublaſen,
und meinen Mann zu beſuchen, in das Reich der
Todten ſchicken, ſolte ich auch gleich meinen Kopff
auf dem Chavotte muͤſſen fliegen laſſen, ſo mache
ich mich dennoch eben ſo wenig daraus, als ob ich
zehen Koͤpffe haͤtte. Hierauf ſagte die Wirthin
gantz heimlich und vertraulich: Madame! ich habe
genug gehoͤrt, kan aber nicht gar viel darzu ſagen,
unterdeſſen, weiln ich ihnen zu Gefallen, noch nicht
nach der Wache geſchickt, und die Sache melden
laſſen, ſo folget meinem getreuen Rathe, und miſchet
euch noch bey guter Zeit mitten unter den Poͤbel, weſ-
ſentwegen euch denn auch meine Hauß-Thuͤre nicht
abgeſchloſſen werden ſoll.

Nachdem ich der Frau Wirthin vor dieſes gu-
te Erbiethen einen Kuß auf gute Landsmaͤnniſche

Manier
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0231" n="221"/>
&#x017F;ie &#x017F;ehen ko&#x0364;nnen, &#x017F;elb&#x017F;ten die&#x017F;es Ge&#x017F;chlechts bin, al-<lb/>
lein die&#x017F;e Frantzo&#x017F;en-Hure hat mir er&#x017F;tlich meinen<lb/>
Mann verfu&#x0364;hret, und zum Ehebruche verleitet, hier-<lb/>
na&#x0364;ch&#x017F;t mich und meine Kinder um gewaltige Geld-<lb/>
Summen gebracht, aber alles die&#x017F;es mo&#x0364;chte noch<lb/>
hingegangen &#x017F;eyn, wenn &#x017F;ie mir nur die&#x017F;en Tort<lb/>
nicht angethan, und meinen Ehemann, der von den<lb/>
Vornehm&#x017F;ten des Engli&#x017F;chen Adels her&#x017F;tammet,<lb/>
durch ihren Bey&#x017F;chla&#x0364;ffer, &#x017F;o viel ich vernom&#x0303;en, auch<lb/>
&#x017F;o ga&#xA75B; meuchelmo&#x0364;rderi&#x017F;cher Wei&#x017F;e um &#x017F;ein noch ziem-<lb/>
lich junges Leben bringen la&#x017F;&#x017F;en. Es hat mir (&#x017F;prach<lb/>
ich ferner zu der Wirthin) hier in ihrem Hau&#x017F;e an<lb/>
weiter nichts gefehlt, als an der Zeit und Gelegen-<lb/>
heit, allein ich hoffe, daß mir der Himmel doch noch<lb/>
die&#x017F;en mo&#x0364;rderi&#x017F;chen Franzo&#x017F;en in die Ha&#x0364;nde fu&#x0364;hren<lb/>
wird, da ich denn nicht fackeln werde, ihm durch<lb/>
meine eigene Fau&#x017F;t das Lebens-Licht auszubla&#x017F;en,<lb/>
und meinen Mann zu be&#x017F;uchen, in das Reich der<lb/>
Todten &#x017F;chicken, &#x017F;olte ich auch gleich meinen Kopff<lb/>
auf dem <hi rendition="#aq">Chavotte</hi> mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en fliegen la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o mache<lb/>
ich mich dennoch eben &#x017F;o wenig daraus, als ob ich<lb/>
zehen Ko&#x0364;pffe ha&#x0364;tte. Hierauf &#x017F;agte die Wirthin<lb/>
gantz heimlich und vertraulich: <hi rendition="#aq">Madame!</hi> ich habe<lb/>
genug geho&#x0364;rt, kan aber nicht gar viel darzu &#x017F;agen,<lb/>
unterde&#x017F;&#x017F;en, weiln ich ihnen zu Gefallen, noch nicht<lb/>
nach der Wache ge&#x017F;chickt, und die Sache melden<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o folget meinem getreuen Rathe, und mi&#x017F;chet<lb/>
euch noch bey guter Zeit mitten unter den Po&#x0364;bel, we&#x017F;-<lb/>
&#x017F;entwegen euch denn auch meine Hauß-Thu&#x0364;re nicht<lb/>
abge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en werden &#x017F;oll.</p><lb/>
        <p>Nachdem ich der Frau Wirthin vor die&#x017F;es gu-<lb/>
te Erbiethen einen Kuß auf gute Landsma&#x0364;nni&#x017F;che<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Manier</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[221/0231] ſie ſehen koͤnnen, ſelbſten dieſes Geſchlechts bin, al- lein dieſe Frantzoſen-Hure hat mir erſtlich meinen Mann verfuͤhret, und zum Ehebruche verleitet, hier- naͤchſt mich und meine Kinder um gewaltige Geld- Summen gebracht, aber alles dieſes moͤchte noch hingegangen ſeyn, wenn ſie mir nur dieſen Tort nicht angethan, und meinen Ehemann, der von den Vornehmſten des Engliſchen Adels herſtammet, durch ihren Beyſchlaͤffer, ſo viel ich vernom̃en, auch ſo gaꝛ meuchelmoͤrderiſcher Weiſe um ſein noch ziem- lich junges Leben bringen laſſen. Es hat mir (ſprach ich ferner zu der Wirthin) hier in ihrem Hauſe an weiter nichts gefehlt, als an der Zeit und Gelegen- heit, allein ich hoffe, daß mir der Himmel doch noch dieſen moͤrderiſchen Franzoſen in die Haͤnde fuͤhren wird, da ich denn nicht fackeln werde, ihm durch meine eigene Fauſt das Lebens-Licht auszublaſen, und meinen Mann zu beſuchen, in das Reich der Todten ſchicken, ſolte ich auch gleich meinen Kopff auf dem Chavotte muͤſſen fliegen laſſen, ſo mache ich mich dennoch eben ſo wenig daraus, als ob ich zehen Koͤpffe haͤtte. Hierauf ſagte die Wirthin gantz heimlich und vertraulich: Madame! ich habe genug gehoͤrt, kan aber nicht gar viel darzu ſagen, unterdeſſen, weiln ich ihnen zu Gefallen, noch nicht nach der Wache geſchickt, und die Sache melden laſſen, ſo folget meinem getreuen Rathe, und miſchet euch noch bey guter Zeit mitten unter den Poͤbel, weſ- ſentwegen euch denn auch meine Hauß-Thuͤre nicht abgeſchloſſen werden ſoll. Nachdem ich der Frau Wirthin vor dieſes gu- te Erbiethen einen Kuß auf gute Landsmaͤnniſche Manier

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/231
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/231>, abgerufen am 24.11.2024.