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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

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Stücke gehenckt, welche ihn dergestalt eingenom-
men, daß er ohne dieselbe fast nicht zu leben wüste;
ja, er wendete nicht geringe Geld-Summen an die-
ses Luder, und hätte demselben in einer gewissen
Vorstadt ein kostbares Logis gemiethet, um sie
vor sich allein zu behalten, wäre aber in diesem
Stücke nicht nur zum öfftern schändlich betrogen
worden, sondern hätte auch bereits mit vielen Ca-
valiers,
dieser Canaille wegen, Händel gehabt,
und nur vor wenig Tagen einen gewissen Frantzö-
sischen Cavalier in der rechten Seite der Brust
fast durch und durch gestochen, so daß es mißlich
um des Blessirten sein Leben gestanden, worbey
noch das gröste Glück, daß der Blessirte kein En-
geländer, sondern ein gebohrner Franzose wäre.
Wie gesagt, meiner seeligen Mutter Kummer und
Sorgen und der Verdruß über die erhaltene
Nachricht von meines Vaters neuer Lebens-Art,
die ihr, als einer ziemlich ehrgeitzigen Dame, fast
mehr als alles vorhergehende zu schmertzen schien,
verursachten, daß sie gantz plötzlich in eine schwere
Kranckheit fiel, so daß wir alle an ihrem Leben zu
zweiffeln anfiengen, zumahlen, da sie sich nicht
nur täglich, sondern offt stündlich im rechten Ern-
ste nach dem Tode sehnete. Als mein Vater sie
in ihrer Kranckheit einstmahls zu besuchen kam,
und ihr diese und jene Medicamenta recommen-
dir
te, gab ihm die Mutter zur Antwort: Macht
euch nur keine Mühe mit euren Medicamenten,
denn sie werden mir nichts helffen, sondern die un-
gebührliche Liebe zu eurer schändlichen Comoe-
diant
en-Hure wird mich mit nächsten ins Grab

stürtzen,
IV. Theil. (o)

Stuͤcke gehenckt, welche ihn dergeſtalt eingenom-
men, daß er ohne dieſelbe faſt nicht zu leben wuͤſte;
ja, er wendete nicht geringe Geld-Summen an die-
ſes Luder, und haͤtte demſelben in einer gewiſſen
Vorſtadt ein koſtbares Logis gemiethet, um ſie
vor ſich allein zu behalten, waͤre aber in dieſem
Stuͤcke nicht nur zum oͤfftern ſchaͤndlich betrogen
worden, ſondern haͤtte auch bereits mit vielen Ca-
valiers,
dieſer Canaille wegen, Haͤndel gehabt,
und nur vor wenig Tagen einen gewiſſen Frantzoͤ-
ſiſchen Cavalier in der rechten Seite der Bruſt
faſt durch und durch geſtochen, ſo daß es mißlich
um des Bleſſirten ſein Leben geſtanden, worbey
noch das groͤſte Gluͤck, daß der Bleſſirte kein En-
gelaͤnder, ſondern ein gebohrner Franzoſe waͤre.
Wie geſagt, meiner ſeeligen Mutter Kummer und
Sorgen und der Verdruß uͤber die erhaltene
Nachricht von meines Vaters neuer Lebens-Art,
die ihr, als einer ziemlich ehrgeitzigen Dame, faſt
mehr als alles vorhergehende zu ſchmertzen ſchien,
verurſachten, daß ſie gantz ploͤtzlich in eine ſchwere
Kranckheit fiel, ſo daß wir alle an ihrem Leben zu
zweiffeln anfiengen, zumahlen, da ſie ſich nicht
nur taͤglich, ſondern offt ſtuͤndlich im rechten Ern-
ſte nach dem Tode ſehnete. Als mein Vater ſie
in ihrer Kranckheit einſtmahls zu beſuchen kam,
und ihr dieſe und jene Medicamenta recommen-
dir
te, gab ihm die Mutter zur Antwort: Macht
euch nur keine Muͤhe mit euren Medicamenten,
denn ſie werden mir nichts helffen, ſondern die un-
gebuͤhrliche Liebe zu eurer ſchaͤndlichen Comœ-
diant
en-Hure wird mich mit naͤchſten ins Grab

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[209/0219] Stuͤcke gehenckt, welche ihn dergeſtalt eingenom- men, daß er ohne dieſelbe faſt nicht zu leben wuͤſte; ja, er wendete nicht geringe Geld-Summen an die- ſes Luder, und haͤtte demſelben in einer gewiſſen Vorſtadt ein koſtbares Logis gemiethet, um ſie vor ſich allein zu behalten, waͤre aber in dieſem Stuͤcke nicht nur zum oͤfftern ſchaͤndlich betrogen worden, ſondern haͤtte auch bereits mit vielen Ca- valiers, dieſer Canaille wegen, Haͤndel gehabt, und nur vor wenig Tagen einen gewiſſen Frantzoͤ- ſiſchen Cavalier in der rechten Seite der Bruſt faſt durch und durch geſtochen, ſo daß es mißlich um des Bleſſirten ſein Leben geſtanden, worbey noch das groͤſte Gluͤck, daß der Bleſſirte kein En- gelaͤnder, ſondern ein gebohrner Franzoſe waͤre. Wie geſagt, meiner ſeeligen Mutter Kummer und Sorgen und der Verdruß uͤber die erhaltene Nachricht von meines Vaters neuer Lebens-Art, die ihr, als einer ziemlich ehrgeitzigen Dame, faſt mehr als alles vorhergehende zu ſchmertzen ſchien, verurſachten, daß ſie gantz ploͤtzlich in eine ſchwere Kranckheit fiel, ſo daß wir alle an ihrem Leben zu zweiffeln anfiengen, zumahlen, da ſie ſich nicht nur taͤglich, ſondern offt ſtuͤndlich im rechten Ern- ſte nach dem Tode ſehnete. Als mein Vater ſie in ihrer Kranckheit einſtmahls zu beſuchen kam, und ihr dieſe und jene Medicamenta recommen- dirte, gab ihm die Mutter zur Antwort: Macht euch nur keine Muͤhe mit euren Medicamenten, denn ſie werden mir nichts helffen, ſondern die un- gebuͤhrliche Liebe zu eurer ſchaͤndlichen Comœ- dianten-Hure wird mich mit naͤchſten ins Grab ſtuͤrtzen, IV. Theil. (o)

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/219>, abgerufen am 24.11.2024.