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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

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ihm das, was er vorhero verlohren gehabt, ge-
doppelt und dreyfach wieder zugeführet, so daß
es noch hohe Zeit gewesen wäre, eine andere und
bessere Lebens-Art anzufangen; Allein an dessen
Statt fängt er an den Trunck zu lieben, und zwar
den Brandtewein, auf eine gantz excessive Art,
welches alles doch möchte hingegangen seyn, wenn
er nur dann und wann sich bereden lassen, den
Rausch auszuschlaffen; jedoch dieses war sein
Werck nicht, sondern, wenn er den Kopff voll ge-
habt, war er in die Spiel-Häuser gegangen, hatte
um geringer Ursachen wegen mit diesem oder je-
nem Händel angefangen, da denn fast keine Wo-
che verstrichen, daß er nicht blessirt nach Hause
gekommen wäre, entweder mit dem Degen, oder
mit der Kugel. Wiewohl er nun auch manchen
blessirt, mithin seinen Hohn einsmahls gnugsam
gerochen zu haben vermeynet, so redete ihm doch mei-
ne Mutter aufs allerbeweglichste zu, vom scharffen
Spielen und Wetten, hauptsächlich aber von dem
leidigen Truncke abzustehen, allein sie hatte eine
lange Zeit tauben Ohren geprediget; Doch end-
lich ändert mein Vater seine Lebens-Art plötzlich,
und stehet so wohl vom Truncke, als vom Spie-
len ab, sucht auch keine andere, als honette, dou-
ce Compagni
en, weßwegen meine Mutter so froh
wird, als ob sie ihn zum zweyten mahle geheyra-
thet hätte. Allein, diese ihre grosse Freude wäh-
rete nicht länger, als biß ihr von einer vertrauten
Freundin in gröstem Geheim vertraut wurde, daß
ihr Mann, nemlich mein Vater, sich an ein lü-
derliches Frantzösisches Comoedianten Weibs-

Stücke

ihm das, was er vorhero verlohren gehabt, ge-
doppelt und dreyfach wieder zugefuͤhret, ſo daß
es noch hohe Zeit geweſen waͤre, eine andere und
beſſere Lebens-Art anzufangen; Allein an deſſen
Statt faͤngt er an den Trunck zu lieben, und zwar
den Brandtewein, auf eine gantz exceſſive Art,
welches alles doch moͤchte hingegangen ſeyn, wenn
er nur dann und wann ſich bereden laſſen, den
Rauſch auszuſchlaffen; jedoch dieſes war ſein
Werck nicht, ſondern, wenn er den Kopff voll ge-
habt, war er in die Spiel-Haͤuſer gegangen, hatte
um geringer Urſachen wegen mit dieſem oder je-
nem Haͤndel angefangen, da denn faſt keine Wo-
che verſtrichen, daß er nicht bleſſirt nach Hauſe
gekommen waͤre, entweder mit dem Degen, oder
mit der Kugel. Wiewohl er nun auch manchen
bleſſirt, mithin ſeinen Hohn einsmahls gnugſam
gerochen zu haben vermeynet, ſo redete ihm doch mei-
ne Mutter aufs allerbeweglichſte zu, vom ſcharffen
Spielen und Wetten, hauptſaͤchlich aber von dem
leidigen Truncke abzuſtehen, allein ſie hatte eine
lange Zeit tauben Ohren geprediget; Doch end-
lich aͤndert mein Vater ſeine Lebens-Art ploͤtzlich,
und ſtehet ſo wohl vom Truncke, als vom Spie-
len ab, ſucht auch keine andere, als honette, dou-
çe Compagni
en, weßwegen meine Mutter ſo froh
wird, als ob ſie ihn zum zweyten mahle geheyra-
thet haͤtte. Allein, dieſe ihre groſſe Freude waͤh-
rete nicht laͤnger, als biß ihr von einer vertrauten
Freundin in groͤſtem Geheim vertraut wurde, daß
ihr Mann, nemlich mein Vater, ſich an ein luͤ-
derliches Frantzoͤſiſches Comœdianten Weibs-

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[208/0218] ihm das, was er vorhero verlohren gehabt, ge- doppelt und dreyfach wieder zugefuͤhret, ſo daß es noch hohe Zeit geweſen waͤre, eine andere und beſſere Lebens-Art anzufangen; Allein an deſſen Statt faͤngt er an den Trunck zu lieben, und zwar den Brandtewein, auf eine gantz exceſſive Art, welches alles doch moͤchte hingegangen ſeyn, wenn er nur dann und wann ſich bereden laſſen, den Rauſch auszuſchlaffen; jedoch dieſes war ſein Werck nicht, ſondern, wenn er den Kopff voll ge- habt, war er in die Spiel-Haͤuſer gegangen, hatte um geringer Urſachen wegen mit dieſem oder je- nem Haͤndel angefangen, da denn faſt keine Wo- che verſtrichen, daß er nicht bleſſirt nach Hauſe gekommen waͤre, entweder mit dem Degen, oder mit der Kugel. Wiewohl er nun auch manchen bleſſirt, mithin ſeinen Hohn einsmahls gnugſam gerochen zu haben vermeynet, ſo redete ihm doch mei- ne Mutter aufs allerbeweglichſte zu, vom ſcharffen Spielen und Wetten, hauptſaͤchlich aber von dem leidigen Truncke abzuſtehen, allein ſie hatte eine lange Zeit tauben Ohren geprediget; Doch end- lich aͤndert mein Vater ſeine Lebens-Art ploͤtzlich, und ſtehet ſo wohl vom Truncke, als vom Spie- len ab, ſucht auch keine andere, als honette, dou- çe Compagnien, weßwegen meine Mutter ſo froh wird, als ob ſie ihn zum zweyten mahle geheyra- thet haͤtte. Allein, dieſe ihre groſſe Freude waͤh- rete nicht laͤnger, als biß ihr von einer vertrauten Freundin in groͤſtem Geheim vertraut wurde, daß ihr Mann, nemlich mein Vater, ſich an ein luͤ- derliches Frantzoͤſiſches Comœdianten Weibs- Stuͤcke

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/218>, abgerufen am 21.11.2024.