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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

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Lieutenant, den übrigen beyden zurückbleibenden
subalternen Officiers wurde mitlerweile das
Commando über die Völcker, so sich bereits völlig
einquartirt hatten, aufgetragen.

Es sperreten so wohl mein Bruder, als die
bey ihm befindlichen Officiers die Augen gantz
entsetzlich auf, als ihnen, nachdem sie durch den
hohlen Felsen-Weg herauf gestiegen, und zwar
bey der angenehmsten Zeit und Witterung, ohn-
gefähr 1. oder 2. Stunden nach Aufgang der Son-
nen, der gantze Prospect von unserer grossen Jn-
sul plötzlich und auf einmahl in die Augen fiel.
Mein Bruder, der auf einen kleinen Hügel von
ohngefähr zu stehen kam, war fast in vielen Minu-
ten nicht von der Stelle zu bringen, doch endlich,
da er sich besonnen hatte, wo er sich befände, sagte,
indem er die Hände über dem Kopffe zusammen
schlug, nur so viel: Du, mein GOtt! du hast mich
doch seit meiner Kindheit an unzählig viele schöne
Landschafften in mehr als einem Welt-Theile se-
hen lassen, aber dergleichen Gegend habe ich noch
nie gesehen, die ohne allem Zweiffel ihres gleichen
in der gantzen Welt nicht hat. Die bey ihm ste-
henden Officiers gaben ihm in diesem Stücke den
allergrösten Beyfall, worbey sie mehr als einmahl
darzu schwuren; Jndem aber bereits einige, theils
mit zahmgemachten Hirschen, theils mit den schön-
sten Pferden bespanneten Staats-Carossen gegen
uns angerückt waren, als bestiegen wir dieselben.
Jn der 1ten Chaise saß der Capitain Horn Sen. an
meiner Seite; in der 2ten dessen Bruder bey dem
Capitain Wolffgang, in der 3ten der Schiffs-

Lieute-

Lieutenant, den uͤbrigen beyden zuruͤckbleibenden
ſubalternen Officiers wurde mitlerweile das
Commando uͤber die Voͤlcker, ſo ſich bereits voͤllig
einquartirt hatten, aufgetragen.

Es ſperreten ſo wohl mein Bruder, als die
bey ihm befindlichen Officiers die Augen gantz
entſetzlich auf, als ihnen, nachdem ſie durch den
hohlen Felſen-Weg herauf geſtiegen, und zwar
bey der angenehmſten Zeit und Witterung, ohn-
gefaͤhr 1. oder 2. Stunden nach Aufgang der Son-
nen, der gantze Proſpect von unſerer groſſen Jn-
ſul ploͤtzlich und auf einmahl in die Augen fiel.
Mein Bruder, der auf einen kleinen Huͤgel von
ohngefaͤhr zu ſtehen kam, war faſt in vielen Minu-
ten nicht von der Stelle zu bringen, doch endlich,
da er ſich beſonnen hatte, wo er ſich befaͤnde, ſagte,
indem er die Haͤnde uͤber dem Kopffe zuſammen
ſchlug, nur ſo viel: Du, mein GOtt! du haſt mich
doch ſeit meiner Kindheit an unzaͤhlig viele ſchoͤne
Landſchafften in mehr als einem Welt-Theile ſe-
hen laſſen, aber dergleichen Gegend habe ich noch
nie geſehen, die ohne allem Zweiffel ihres gleichen
in der gantzen Welt nicht hat. Die bey ihm ſte-
henden Officiers gaben ihm in dieſem Stuͤcke den
allergroͤſten Beyfall, worbey ſie mehr als einmahl
darzu ſchwuren; Jndem aber bereits einige, theils
mit zahmgemachten Hirſchen, theils mit den ſchoͤn-
ſten Pferden beſpanneten Staats-Caroſſen gegen
uns angeruͤckt waren, als beſtiegen wir dieſelben.
Jn der 1ten Chaiſe ſaß der Capitain Horn Sen. an
meiner Seite; in der 2ten deſſen Bruder bey dem
Capitain Wolffgang, in der 3ten der Schiffs-

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[200/0210] Lieutenant, den uͤbrigen beyden zuruͤckbleibenden ſubalternen Officiers wurde mitlerweile das Commando uͤber die Voͤlcker, ſo ſich bereits voͤllig einquartirt hatten, aufgetragen. Es ſperreten ſo wohl mein Bruder, als die bey ihm befindlichen Officiers die Augen gantz entſetzlich auf, als ihnen, nachdem ſie durch den hohlen Felſen-Weg herauf geſtiegen, und zwar bey der angenehmſten Zeit und Witterung, ohn- gefaͤhr 1. oder 2. Stunden nach Aufgang der Son- nen, der gantze Proſpect von unſerer groſſen Jn- ſul ploͤtzlich und auf einmahl in die Augen fiel. Mein Bruder, der auf einen kleinen Huͤgel von ohngefaͤhr zu ſtehen kam, war faſt in vielen Minu- ten nicht von der Stelle zu bringen, doch endlich, da er ſich beſonnen hatte, wo er ſich befaͤnde, ſagte, indem er die Haͤnde uͤber dem Kopffe zuſammen ſchlug, nur ſo viel: Du, mein GOtt! du haſt mich doch ſeit meiner Kindheit an unzaͤhlig viele ſchoͤne Landſchafften in mehr als einem Welt-Theile ſe- hen laſſen, aber dergleichen Gegend habe ich noch nie geſehen, die ohne allem Zweiffel ihres gleichen in der gantzen Welt nicht hat. Die bey ihm ſte- henden Officiers gaben ihm in dieſem Stuͤcke den allergroͤſten Beyfall, worbey ſie mehr als einmahl darzu ſchwuren; Jndem aber bereits einige, theils mit zahmgemachten Hirſchen, theils mit den ſchoͤn- ſten Pferden beſpanneten Staats-Caroſſen gegen uns angeruͤckt waren, als beſtiegen wir dieſelben. Jn der 1ten Chaiſe ſaß der Capitain Horn Sen. an meiner Seite; in der 2ten deſſen Bruder bey dem Capitain Wolffgang, in der 3ten der Schiffs- Lieute-

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/210>, abgerufen am 24.11.2024.